ten kann; wie sehr vermisst man die Ach- tung, die man der Tugend und Schamhaf- tigkeit schuldig ist, in vielen Vorstellungen, welche die herumziehenden Landcharten- haendler unter ihre Waare verstecken! und wie gewöhnlich ist es, dass diese Leute sich in Schulen und Erziehungsanstalten einschlei- chen und ihre Waare der Jugend zur Be- trachtung vorlegen. Wer nur einigermasen die Neigungen des jugendlichen Herzens kennt, der kann leicht erachten, dass Kna- ben, die einmal eine dergleichen Vorstellung entdeckt haben, sich allemal um einen sol- chen Mann draengen, ihn bey Seite ziehen, flüchtig seine Charten durchblaettern, und die Abbildungen der Wollust und Unver- schaemtheit mit gierigen Blicken verschlingen werden.
Da man auf diesen Punkt bisher so we- nig aufmerksam gewesen ist, dass man sol- chen Leuten allenthalben ungehindert Zutritt verstattet hat, an manchen Orten es sogar
gewöhn-
(I 5)
ten kann; wie ſehr vermiſst man die Ach- tung, die man der Tugend und Schamhaf- tigkeit ſchuldig iſt, in vielen Vorſtellungen, welche die herumziehenden Landcharten- hændler unter ihre Waare verſtecken! und wie gewöhnlich iſt es, daſs dieſe Leute ſich in Schulen und Erziehungsanſtalten einſchlei- chen und ihre Waare der Jugend zur Be- trachtung vorlegen. Wer nur einigermaſen die Neigungen des jugendlichen Herzens kennt, der kann leicht erachten, daſs Kna- ben, die einmal eine dergleichen Vorſtellung entdeckt haben, ſich allemal um einen ſol- chen Mann drængen, ihn bey Seite ziehen, flüchtig ſeine Charten durchblættern, und die Abbildungen der Wolluſt und Unver- ſchæmtheit mit gierigen Blicken verſchlingen werden.
Da man auf dieſen Punkt bisher ſo we- nig aufmerkſam geweſen iſt, daſs man ſol- chen Leuten allenthalben ungehindert Zutritt verſtattet hat, an manchen Orten es ſogar
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ten kann; wie ſehr vermiſst man die Ach-
tung, die man der Tugend und Schamhaf-
tigkeit ſchuldig iſt, in vielen Vorſtellungen,
welche die herumziehenden Landcharten-
hændler unter ihre Waare verſtecken! und
wie gewöhnlich iſt es, daſs dieſe Leute ſich
in Schulen und Erziehungsanſtalten einſchlei-
chen und ihre Waare der Jugend zur Be-
trachtung vorlegen. Wer nur einigermaſen
die Neigungen des jugendlichen Herzens
kennt, der kann leicht erachten, daſs Kna-
ben, die einmal eine dergleichen Vorſtellung
entdeckt haben, ſich allemal um einen ſol-
chen Mann drængen, ihn bey Seite ziehen,
flüchtig ſeine Charten durchblættern, und
die Abbildungen der Wolluſt und Unver-
ſchæmtheit mit gierigen Blicken verſchlingen
werden.
Da man auf dieſen Punkt bisher ſo we-
nig aufmerkſam geweſen iſt, daſs man ſol-
chen Leuten allenthalben ungehindert Zutritt
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/147>, abgerufen am 21.11.2024.
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