Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

verführen kann, wenn sie nicht mit der ge-
hörigen Vorsicht von jungen Leuten gelefen
wird.

IV.

Zwey Brüder schliefen in einem Bette bis
in ihr funfzehntes Jahr. Es mochte seyn,
dass in ihnen, die etwa zwey Jahr von ein-
ander waren, die maechtigen Triebe -- er-
wachten. Erwachten ist nicht das rechte
Wort; -- angefacht wurden. Damals mach-
te man noch den Kiodern ein heiliges Geheim-
niss daraus, es ihnen zu entdecken, dass eine
Mutter sie gebohren haette. Andere, die mehr
wussten, und doch nicht recht, wie? be-
lehrten sie, die, der Himmel weiss, wo-
durch, aufmerksam auf die Sache geworden
waren. Sie giengen auf eine öffentliche
Schule. In der Schule selbst gab es die Gele-
genheit nicht; denn, zwar wurde ein Kapi-
tel aus der Bibel gelesen, aber dann Beschaef-
tigungen und in den Freyminuten wurde her-
umgesprungen. Indess, als sie zum Prediger
geschickt wurden, mit ihrer Bibel unterm
Arm, und hier, wie gewöhnlich, eine halbe

Stunde

verführen kann, wenn ſie nicht mit der ge-
hörigen Vorſicht von jungen Leuten gelefen
wird.

IV.

Zwey Brüder ſchliefen in einem Bette bis
in ihr funfzehntes Jahr. Es mochte ſeyn,
daſs in ihnen, die etwa zwey Jahr von ein-
ander waren, die mæchtigen Triebe — er-
wachten. Erwachten iſt nicht das rechte
Wort; — angefacht wurden. Damals mach-
te man noch den Kiodern ein heiliges Geheim-
niſs daraus, es ihnen zu entdecken, daſs eine
Mutter ſie gebohren hætte. Andere, die mehr
wuſsten, und doch nicht recht, wie? be-
lehrten ſie, die, der Himmel weiſs, wo-
durch, aufmerkſam auf die Sache geworden
waren. Sie giengen auf eine öffentliche
Schule. In der Schule ſelbſt gab es die Gele-
genheit nicht; denn, zwar wurde ein Kapi-
tel aus der Bibel geleſen, aber dann Beſchæf-
tigungen und in den Freyminuten wurde her-
umgeſprungen. Indeſs, als ſie zum Prediger
geſchickt wurden, mit ihrer Bibel unterm
Arm, und hier, wie gewöhnlich, eine halbe

Stunde
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0165" n="155"/>
verführen kann, wenn &#x017F;ie nicht mit der ge-<lb/>
hörigen Vor&#x017F;icht von jungen Leuten gelefen<lb/>
wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">IV.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Zwey Brüder &#x017F;chliefen in einem Bette bis<lb/>
in ihr funfzehntes Jahr. Es mochte &#x017F;eyn,<lb/>
da&#x017F;s in ihnen, die etwa zwey Jahr von ein-<lb/>
ander waren, die mæchtigen Triebe &#x2014; er-<lb/>
wachten. Erwachten i&#x017F;t nicht das rechte<lb/>
Wort; &#x2014; angefacht wurden. Damals mach-<lb/>
te man noch den Kiodern ein heiliges Geheim-<lb/>
ni&#x017F;s daraus, es ihnen zu entdecken, da&#x017F;s eine<lb/>
Mutter &#x017F;ie gebohren hætte. Andere, die mehr<lb/>
wu&#x017F;sten, und doch nicht recht, wie? be-<lb/>
lehrten &#x017F;ie, die, der Himmel wei&#x017F;s, wo-<lb/>
durch, aufmerk&#x017F;am auf die Sache geworden<lb/>
waren. Sie giengen auf eine öffentliche<lb/>
Schule. In der Schule &#x017F;elb&#x017F;t gab es die Gele-<lb/>
genheit nicht; denn, zwar wurde ein Kapi-<lb/>
tel aus der Bibel gele&#x017F;en, aber dann Be&#x017F;chæf-<lb/>
tigungen und in den Freyminuten wurde her-<lb/>
umge&#x017F;prungen. Inde&#x017F;s, als &#x017F;ie zum Prediger<lb/>
ge&#x017F;chickt wurden, mit ihrer Bibel unterm<lb/>
Arm, und hier, wie gewöhnlich, eine halbe<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Stunde</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0165] verführen kann, wenn ſie nicht mit der ge- hörigen Vorſicht von jungen Leuten gelefen wird. IV. Zwey Brüder ſchliefen in einem Bette bis in ihr funfzehntes Jahr. Es mochte ſeyn, daſs in ihnen, die etwa zwey Jahr von ein- ander waren, die mæchtigen Triebe — er- wachten. Erwachten iſt nicht das rechte Wort; — angefacht wurden. Damals mach- te man noch den Kiodern ein heiliges Geheim- niſs daraus, es ihnen zu entdecken, daſs eine Mutter ſie gebohren hætte. Andere, die mehr wuſsten, und doch nicht recht, wie? be- lehrten ſie, die, der Himmel weiſs, wo- durch, aufmerkſam auf die Sache geworden waren. Sie giengen auf eine öffentliche Schule. In der Schule ſelbſt gab es die Gele- genheit nicht; denn, zwar wurde ein Kapi- tel aus der Bibel geleſen, aber dann Beſchæf- tigungen und in den Freyminuten wurde her- umgeſprungen. Indeſs, als ſie zum Prediger geſchickt wurden, mit ihrer Bibel unterm Arm, und hier, wie gewöhnlich, eine halbe Stunde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/165
Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/165>, abgerufen am 21.11.2024.