hier zurück halten könnte. O Gott, Blut möchte ich weinen, wenn es möglich waere, diesen Schandfleck meines Lebens damit ab- zuwaschen! Könnte ich doch jedem Jaunglin- ge, der vielleicht in die aehnliche Gefahr ge- rathen wird, seine Unschuld zu verlieren, den Schmerz meiner Reue lebhaft gnug vor Augen stellen! gewiss er wurde durch den Anblick derselben standhaft gemacht werden, diesen Verführungen muthig zu widerstehen. Wae- re ich damals so glücklich gewesen, irgend eine vaeterliche Warnung, oder auch nur eine Belehrung von der Haesslichkeit und Schaed- lichkeit dieses Lasters, zu erhalten, o nie wae- re ich in diesen Abgrund von Elend versun- ken. Meine Verführer aber -- doch weg mit Verwünschungen. Ach die Unglückli- chen waren auch, vielleicht auf gleiche Weise, verführt, wiewohl ichs von zweyen ganz gewiss weiss, weil sie es mir hernach mit den grössten Betheurungen erzehlten, dass sie einmal, durch eine zufaellige Stellung beym Sitzen, von selbst auf diese unglauckliche Er- findung gekommen waeren. Ich hatte also nunmehro schon eine unselige Bekanntschaft mit diesem Laster errichtet, und die traurige Folge davon war eine noch verschiedenemal
wie-
(M 3)
hier zurück halten könnte. O Gott, Blut möchte ich weinen, wenn es möglich wære, dieſen Schandfleck meines Lebens damit ab- zuwaſchen! Könnte ich doch jedem Jûnglin- ge, der vielleicht in die æhnliche Gefahr ge- rathen wird, ſeine Unſchuld zu verlieren, den Schmerz meiner Reue lebhaft gnug vor Augen ſtellen! gewiſs er wurde durch den Anblick derſelben ſtandhaft gemacht werden, dieſen Verführungen muthig zu widerſtehen. Wæ- re ich damals ſo glücklich geweſen, irgend eine væterliche Warnung, oder auch nur eine Belehrung von der Hæſslichkeit und Schæd- lichkeit dieſes Laſters, zu erhalten, o nie wæ- re ich in dieſen Abgrund von Elend verſun- ken. Meine Verführer aber — doch weg mit Verwünſchungen. Ach die Unglückli- chen waren auch, vielleicht auf gleiche Weiſe, verführt, wiewohl ichs von zweyen ganz gewiſs weiſs, weil ſie es mir hernach mit den gröſsten Betheurungen erzehlten, daſs ſie einmal, durch eine zufællige Stellung beym Sitzen, von ſelbſt auf dieſe unglûckliche Er- findung gekommen wæren. Ich hatte alſo nunmehro ſchon eine unſelige Bekanntſchaft mit dieſem Laſter errichtet, und die traurige Folge davon war eine noch verſchiedenemal
wie-
(M 3)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0191"n="181"/>
hier zurück halten könnte. O Gott, Blut<lb/>
möchte ich weinen, wenn es möglich wære,<lb/>
dieſen Schandfleck meines Lebens damit ab-<lb/>
zuwaſchen! Könnte ich doch jedem Jûnglin-<lb/>
ge, der vielleicht in die æhnliche Gefahr ge-<lb/>
rathen wird, ſeine Unſchuld zu verlieren, den<lb/>
Schmerz meiner Reue lebhaft gnug vor Augen<lb/>ſtellen! gewiſs er wurde durch den Anblick<lb/>
derſelben ſtandhaft gemacht werden, dieſen<lb/>
Verführungen muthig zu widerſtehen. Wæ-<lb/>
re ich damals ſo glücklich geweſen, irgend<lb/>
eine væterliche Warnung, oder auch nur eine<lb/>
Belehrung von der Hæſslichkeit und Schæd-<lb/>
lichkeit dieſes Laſters, zu erhalten, o nie wæ-<lb/>
re ich in dieſen Abgrund von Elend verſun-<lb/>
ken. Meine Verführer aber — doch weg<lb/>
mit Verwünſchungen. Ach die Unglückli-<lb/>
chen waren auch, vielleicht auf gleiche Weiſe,<lb/>
verführt, wiewohl ichs von zweyen ganz<lb/>
gewiſs weiſs, weil ſie es mir hernach mit<lb/>
den gröſsten Betheurungen erzehlten, daſs ſie<lb/>
einmal, durch eine zufællige Stellung beym<lb/>
Sitzen, von ſelbſt auf dieſe unglûckliche Er-<lb/>
findung gekommen wæren. Ich hatte alſo<lb/>
nunmehro ſchon eine unſelige Bekanntſchaft<lb/>
mit dieſem Laſter errichtet, und die traurige<lb/>
Folge davon war eine noch verſchiedenemal<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(M 3)</fw><fwplace="bottom"type="catch">wie-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[181/0191]
hier zurück halten könnte. O Gott, Blut
möchte ich weinen, wenn es möglich wære,
dieſen Schandfleck meines Lebens damit ab-
zuwaſchen! Könnte ich doch jedem Jûnglin-
ge, der vielleicht in die æhnliche Gefahr ge-
rathen wird, ſeine Unſchuld zu verlieren, den
Schmerz meiner Reue lebhaft gnug vor Augen
ſtellen! gewiſs er wurde durch den Anblick
derſelben ſtandhaft gemacht werden, dieſen
Verführungen muthig zu widerſtehen. Wæ-
re ich damals ſo glücklich geweſen, irgend
eine væterliche Warnung, oder auch nur eine
Belehrung von der Hæſslichkeit und Schæd-
lichkeit dieſes Laſters, zu erhalten, o nie wæ-
re ich in dieſen Abgrund von Elend verſun-
ken. Meine Verführer aber — doch weg
mit Verwünſchungen. Ach die Unglückli-
chen waren auch, vielleicht auf gleiche Weiſe,
verführt, wiewohl ichs von zweyen ganz
gewiſs weiſs, weil ſie es mir hernach mit
den gröſsten Betheurungen erzehlten, daſs ſie
einmal, durch eine zufællige Stellung beym
Sitzen, von ſelbſt auf dieſe unglûckliche Er-
findung gekommen wæren. Ich hatte alſo
nunmehro ſchon eine unſelige Bekanntſchaft
mit dieſem Laſter errichtet, und die traurige
Folge davon war eine noch verſchiedenemal
wie-
(M 3)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/191>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.