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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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Diess war also überstanden, allein ein halb
Jahr darauf kam eine Scene, die schrecklich-
ste meines ganzen Lebens, der Grund meines
ganzen Unglücks: eine Scene, bey der mir
noch immer manches unerklaerlich ist, so tief
sie auch mit allen ihren schrecklichen Folgen
in meine Seele gegraben dasteht.

Es war ein schrecklicher schwarzer Win-
terabend (glauben Sie ja nicht, dass ich ro-
mantisire, die Sache ist mir zu ernsthaft, zu
fürchterlich, als dass ich dabey an Vergrösse-
rungen denken sollte). Eine Nacht, wo
man kaum Himmel und Erde unterscheiden
konnte, in der ich mit einem Herzklopfen,
dessen Ursachen ich, da ich keine Ahndungen
glaube, mir schlechterdings nicht erklaeren
kann, auf das geheime Gemach gieng, ohne
zu wissen, was oder wen ich da finden wür-
de. Ich empfand aber schon im Hintergehen,
ich kann nicht sagen Leidenschaft, nicht Furcht,
sondern Todesangst. Ich komme hinter, und
finde vors erste die Laterne, die hinten bren-
nen sollte, ausgelöscht, und alles todtenstill.
Auf einmal entstand ein Geraeusch, das im
Grunde nichts weiter war, als ein Scharren
mit einem Fusse, das mir aber in dem Augen-

blicke

Dieſs war alſo überſtanden, allein ein halb
Jahr darauf kam eine Scene, die ſchrecklich-
ſte meines ganzen Lebens, der Grund meines
ganzen Unglücks: eine Scene, bey der mir
noch immer manches unerklærlich iſt, ſo tief
ſie auch mit allen ihren ſchrecklichen Folgen
in meine Seele gegraben daſteht.

Es war ein ſchrecklicher ſchwarzer Win-
terabend (glauben Sie ja nicht, daſs ich ro-
mantiſire, die Sache iſt mir zu ernſthaft, zu
fürchterlich, als daſs ich dabey an Vergröſſe-
rungen denken ſollte). Eine Nacht, wo
man kaum Himmel und Erde unterſcheiden
konnte, in der ich mit einem Herzklopfen,
deſſen Urſachen ich, da ich keine Ahndungen
glaube, mir ſchlechterdings nicht erklæren
kann, auf das geheime Gemach gieng, ohne
zu wiſſen, was oder wen ich da finden wür-
de. Ich empfand aber ſchon im Hintergehen,
ich kann nicht ſagen Leidenſchaft, nicht Furcht,
ſondern Todesangſt. Ich komme hinter, und
finde vors erſte die Laterne, die hinten bren-
nen ſollte, ausgelöſcht, und alles todtenſtill.
Auf einmal entſtand ein Geræuſch, das im
Grunde nichts weiter war, als ein Scharren
mit einem Fuſse, das mir aber in dem Augen-

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[206/0216] Dieſs war alſo überſtanden, allein ein halb Jahr darauf kam eine Scene, die ſchrecklich- ſte meines ganzen Lebens, der Grund meines ganzen Unglücks: eine Scene, bey der mir noch immer manches unerklærlich iſt, ſo tief ſie auch mit allen ihren ſchrecklichen Folgen in meine Seele gegraben daſteht. Es war ein ſchrecklicher ſchwarzer Win- terabend (glauben Sie ja nicht, daſs ich ro- mantiſire, die Sache iſt mir zu ernſthaft, zu fürchterlich, als daſs ich dabey an Vergröſſe- rungen denken ſollte). Eine Nacht, wo man kaum Himmel und Erde unterſcheiden konnte, in der ich mit einem Herzklopfen, deſſen Urſachen ich, da ich keine Ahndungen glaube, mir ſchlechterdings nicht erklæren kann, auf das geheime Gemach gieng, ohne zu wiſſen, was oder wen ich da finden wür- de. Ich empfand aber ſchon im Hintergehen, ich kann nicht ſagen Leidenſchaft, nicht Furcht, ſondern Todesangſt. Ich komme hinter, und finde vors erſte die Laterne, die hinten bren- nen ſollte, ausgelöſcht, und alles todtenſtill. Auf einmal entſtand ein Geræuſch, das im Grunde nichts weiter war, als ein Scharren mit einem Fuſse, das mir aber in dem Augen- blicke

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/216>, abgerufen am 24.11.2024.