die ein so unterrichtetes Kind, bey dem er- sten Blicke in das Geheimniss der Erzeugung bekam, war Wehmuth und Mitleiden. Lan- ge wird diese Empfindung bleiben, lange den Naturtrieb im Schlummer erhalten, und, wenn er erwacht, wird er, wenn ich nicht ganz irre, nie die Staerke erreichen, die er bey andern bekommt, die bey der Erzeu- gung sich nichts als Wollust denken. Und wie viel Gutes und Wichtiges kann man dem Kinde bey dieser Gelegenheit sagen, wenn einmal der Damm unzeitiger Schamhaftigkeit durchbrochen ist! wie zaertlich es vor Ver- letzung der Zeugungstheile und den Aus- schweifungen mit dem andern Geschlechte warnen.
Waeren doch alle unsere Zeitgenossen so unterrichtet worden! Wie mancher Jüng- ling, der sich umherschleicht, haette seine Kraft noch! wie manche Eheleute, die ein- ander mit Eckel ansehen, würden in zaertli- cher Umarmung das süsse Glück der Liebe
schme-
(Von heimlichen Sünden.) (S)
die ein ſo unterrichtetes Kind, bey dem er- ſten Blicke in das Geheimniſs der Erzeugung bekam, war Wehmuth und Mitleiden. Lan- ge wird dieſe Empfindung bleiben, lange den Naturtrieb im Schlummer erhalten, und, wenn er erwacht, wird er, wenn ich nicht ganz irre, nie die Stærke erreichen, die er bey andern bekommt, die bey der Erzeu- gung ſich nichts als Wolluſt denken. Und wie viel Gutes und Wichtiges kann man dem Kinde bey dieſer Gelegenheit ſagen, wenn einmal der Damm unzeitiger Schamhaftigkeit durchbrochen iſt! wie zærtlich es vor Ver- letzung der Zeugungstheile und den Aus- ſchweifungen mit dem andern Geſchlechte warnen.
Wæren doch alle unſere Zeitgenoſſen ſo unterrichtet worden! Wie mancher Jüng- ling, der ſich umherſchleicht, hætte ſeine Kraft noch! wie manche Eheleute, die ein- ander mit Eckel anſehen, würden in zærtli- cher Umarmung das ſüſſe Glück der Liebe
ſchme-
(Von heimlichen Sünden.) (S)
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die ein ſo unterrichtetes Kind, bey dem er-
ſten Blicke in das Geheimniſs der Erzeugung
bekam, war Wehmuth und Mitleiden. Lan-
ge wird dieſe Empfindung bleiben, lange
den Naturtrieb im Schlummer erhalten, und,
wenn er erwacht, wird er, wenn ich nicht
ganz irre, nie die Stærke erreichen, die er
bey andern bekommt, die bey der Erzeu-
gung ſich nichts als Wolluſt denken. Und
wie viel Gutes und Wichtiges kann man dem
Kinde bey dieſer Gelegenheit ſagen, wenn
einmal der Damm unzeitiger Schamhaftigkeit
durchbrochen iſt! wie zærtlich es vor Ver-
letzung der Zeugungstheile und den Aus-
ſchweifungen mit dem andern Geſchlechte
warnen.
Wæren doch alle unſere Zeitgenoſſen
ſo unterrichtet worden! Wie mancher Jüng-
ling, der ſich umherſchleicht, hætte ſeine
Kraft noch! wie manche Eheleute, die ein-
ander mit Eckel anſehen, würden in zærtli-
cher Umarmung das ſüſſe Glück der Liebe
ſchme-
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/283>, abgerufen am 24.11.2024.
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