Es ist mir zwar von verschiedenen Ge- schwaechten das Gegentheil versichert und betheuert worden, dass bey diesen Sünden, ihr Gefühl für das Wahre und Schöne nicht gelitten habe, und ich habe um so weniger Ursache, in ihre Versicherung ein Mistrau- en zu setzen, da wirklich ihre Briefe in ei- nem sehr regelmaessigen und blühenden Sty- le abgefasst sind, und ihre Behauptungen durchgaengig das Gepraege der Wahrheits- liebe haben; diess beweisst aber nichts wei- ter, als dass meine Behauptung nicht allge- mein sey, sondern so, wie alle andere Be- hauptungen, ihre Ausnahmen habe.
Die Selbstgestaendnisse, die ich habe beydrucken lassen, worinne man gesteht, dass durch die unschuldigsten Veranlassungen unreine Gedanken erzeugt würden, beweisen, dass ich nicht ganz unrichtig geschlossen habe.
Da ferner durch diese Ausschweifung dem Menschen die edelsten Saefte entzogen
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Es iſt mir zwar von verſchiedenen Ge- ſchwæchten das Gegentheil verſichert und betheuert worden, daſs bey dieſen Sünden, ihr Gefühl für das Wahre und Schöne nicht gelitten habe, und ich habe um ſo weniger Urſache, in ihre Verſicherung ein Mistrau- en zu ſetzen, da wirklich ihre Briefe in ei- nem ſehr regelmæſſigen und blühenden Sty- le abgefaſst ſind, und ihre Behauptungen durchgængig das Gepræge der Wahrheits- liebe haben; dieſs beweiſst aber nichts wei- ter, als daſs meine Behauptung nicht allge- mein ſey, ſondern ſo, wie alle andere Be- hauptungen, ihre Ausnahmen habe.
Die Selbſtgeſtændniſſe, die ich habe beydrucken laſſen, worinne man geſteht, daſs durch die unſchuldigſten Veranlaſſungen unreine Gedanken erzeugt würden, beweiſen, daſs ich nicht ganz unrichtig geſchloſſen habe.
Da ferner durch dieſe Ausſchweifung dem Menſchen die edelſten Sæfte entzogen
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Es iſt mir zwar von verſchiedenen Ge-
ſchwæchten das Gegentheil verſichert und
betheuert worden, daſs bey dieſen Sünden,
ihr Gefühl für das Wahre und Schöne nicht
gelitten habe, und ich habe um ſo weniger
Urſache, in ihre Verſicherung ein Mistrau-
en zu ſetzen, da wirklich ihre Briefe in ei-
nem ſehr regelmæſſigen und blühenden Sty-
le abgefaſst ſind, und ihre Behauptungen
durchgængig das Gepræge der Wahrheits-
liebe haben; dieſs beweiſst aber nichts wei-
ter, als daſs meine Behauptung nicht allge-
mein ſey, ſondern ſo, wie alle andere Be-
hauptungen, ihre Ausnahmen habe.
Die Selbſtgeſtændniſſe, die ich habe
beydrucken laſſen, worinne man geſteht,
daſs durch die unſchuldigſten Veranlaſſungen
unreine Gedanken erzeugt würden, beweiſen,
daſs ich nicht ganz unrichtig geſchloſſen
habe.
Da ferner durch dieſe Ausſchweifung
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/60>, abgerufen am 21.11.2024.
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