det, in dem sie von dieser Art von Aus- schweifung entweder gar nichts wissen, oder sie für unschuldig und unschaedlich halten; theils um der Verirrten selbst willen, die durch Vorlesung solcher Zeugnisse am besten erschüttert und gebessert werden können.
I.
Endlich fiel mir, nur aber um zehen Jah- re zu spaet! Tissot, von der Onanie in die Haen- de. Ich las, und ward als vom Schlage ge- ruhrt. Nun giengen mir die Augen auf, und Schrecken und Entsetzen erfaulleten meine ganze Seele. Ich war damals schon ganz ent- kraeftet und abgezehrt; und jedermann sagte: der hat die Schwindsucht im höchsten Grade. Dennoch war ich nie auf die Vermuthung der wahren Ursache meiner Auszehrung gekom- men: nun erfuhr ich mit Entsetzen die Ur- sache derselben. O, dachte ich, was sind das faur abscheuliche Eltern, Lehrer und Freunde, die dich nicht vor diesem Laster warnten und dir das unabsehbare Elend, in das es staurzt, vor Augen mahlten, oder dir dies Tissotsche Buch in die Haende gaben! Oder vielmehr, was für eine unaussprechlich schaedliche Un- wissenheit herrscht noch in Absicht auf dieses
Laster
det, in dem ſie von dieſer Art von Aus- ſchweifung entweder gar nichts wiſſen, oder ſie für unſchuldig und unſchædlich halten; theils um der Verirrten ſelbſt willen, die durch Vorleſung ſolcher Zeugniſſe am beſten erſchüttert und gebeſſert werden können.
I.
Endlich fiel mir, nur aber um zehen Jah- re zu ſpæt! Tiſſot, von der Onanie in die Hæn- de. Ich las, und ward als vom Schlage ge- ruhrt. Nun giengen mir die Augen auf, und Schrecken und Entſetzen erfûlleten meine ganze Seele. Ich war damals ſchon ganz ent- kræftet und abgezehrt; und jedermann ſagte: der hat die Schwindſucht im höchſten Grade. Dennoch war ich nie auf die Vermuthung der wahren Urſache meiner Auszehrung gekom- men: nun erfuhr ich mit Entſetzen die Ur- ſache derſelben. O, dachte ich, was ſind das fûr abſcheuliche Eltern, Lehrer und Freunde, die dich nicht vor dieſem Laſter warnten und dir das unabſehbare Elend, in das es ſtûrzt, vor Augen mahlten, oder dir dies Tiſſotſche Buch in die Hænde gaben! Oder vielmehr, was für eine unausſprechlich ſchædliche Un- wiſſenheit herrſcht noch in Abſicht auf dieſes
Laſter
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0087"n="77"/>
det, in dem ſie von dieſer Art von Aus-<lb/>ſchweifung entweder gar nichts wiſſen, oder<lb/>ſie für unſchuldig und unſchædlich halten;<lb/>
theils um der Verirrten ſelbſt willen, die<lb/>
durch Vorleſung ſolcher Zeugniſſe am beſten<lb/>
erſchüttert und gebeſſert werden können.</p></div><lb/><divn="3"><head>I.</head><lb/><p>Endlich fiel mir, nur aber um zehen Jah-<lb/>
re zu ſpæt! <hirendition="#i">Tiſſot, von der Onanie</hi> in die Hæn-<lb/>
de. Ich las, und ward als vom Schlage ge-<lb/>
ruhrt. Nun giengen mir die Augen auf, und<lb/>
Schrecken und Entſetzen erfûlleten meine<lb/>
ganze Seele. Ich war damals ſchon ganz ent-<lb/>
kræftet und abgezehrt; und jedermann ſagte:<lb/>
der hat die Schwindſucht im höchſten Grade.<lb/>
Dennoch war ich nie auf die Vermuthung der<lb/>
wahren Urſache meiner Auszehrung gekom-<lb/>
men: nun erfuhr ich mit Entſetzen die Ur-<lb/>ſache derſelben. O, dachte ich, was ſind das<lb/>
fûr abſcheuliche Eltern, Lehrer und Freunde,<lb/>
die dich nicht vor dieſem Laſter warnten und<lb/>
dir das unabſehbare Elend, in das es ſtûrzt,<lb/>
vor Augen mahlten, oder dir dies Tiſſotſche<lb/>
Buch in die Hænde gaben! Oder vielmehr,<lb/>
was für eine unausſprechlich ſchædliche Un-<lb/>
wiſſenheit herrſcht noch in Abſicht auf dieſes<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Laſter</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[77/0087]
det, in dem ſie von dieſer Art von Aus-
ſchweifung entweder gar nichts wiſſen, oder
ſie für unſchuldig und unſchædlich halten;
theils um der Verirrten ſelbſt willen, die
durch Vorleſung ſolcher Zeugniſſe am beſten
erſchüttert und gebeſſert werden können.
I.
Endlich fiel mir, nur aber um zehen Jah-
re zu ſpæt! Tiſſot, von der Onanie in die Hæn-
de. Ich las, und ward als vom Schlage ge-
ruhrt. Nun giengen mir die Augen auf, und
Schrecken und Entſetzen erfûlleten meine
ganze Seele. Ich war damals ſchon ganz ent-
kræftet und abgezehrt; und jedermann ſagte:
der hat die Schwindſucht im höchſten Grade.
Dennoch war ich nie auf die Vermuthung der
wahren Urſache meiner Auszehrung gekom-
men: nun erfuhr ich mit Entſetzen die Ur-
ſache derſelben. O, dachte ich, was ſind das
fûr abſcheuliche Eltern, Lehrer und Freunde,
die dich nicht vor dieſem Laſter warnten und
dir das unabſehbare Elend, in das es ſtûrzt,
vor Augen mahlten, oder dir dies Tiſſotſche
Buch in die Hænde gaben! Oder vielmehr,
was für eine unausſprechlich ſchædliche Un-
wiſſenheit herrſcht noch in Abſicht auf dieſes
Laſter
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/87>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.