Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Motoren.
Die in dem Schwungrade aufgespeicherte lebendige Kraft drückt im
Verein mit der äußeren Luft den Kolben A (derselbe wird wegen dieser
seiner Wirkungsweise auch "Verdränger" genannt) nach abwärts, in-
folge dessen die Luft durch den Regenerator R in den Heiztopf H
zurückgedrängt wird. Hier erhitzt sie sich dann wiederum, und das
Spiel der Maschine beginnt von Neuem.

Während der Beniermotor in einer Größe von in maximo 20 Pferde-
kräften ausgeführt wird, gelangt der Rider-Monski-Motor in Größen
von 1/3 , 1/2, 2/3 , 1 und 2 Pferdestärken zur Anwendung.

Ist die Dampfmaschine das erfolgreichste Rüstzeug der Großindustrie
in ihrem Vernichtungskampfe gegen die Kleinindustrie, so kann man
die Heißluftmaschine als diejenige Motorgattung bezeichnen, welche
berufen sein dürfte, der Kleinindustrie in diesem Kampfe, im Verein
mit der Gaskraftmaschine, erfolgreich zur Seite zu stehen.

2. Die Dampfmaschinen.

Wie sich im Alterthum zahlreiche Städte Griechenlands um den
Vorzug stritten, der Geburtsort Homer's zu sein, so hat lange Zeit
hindurch unter den civilisierten Völkern ein Wettbewerb bestanden um
die Ehre, den Erfinder der Dampfmaschine zu den ihrigen zählen zu
können. Dieser Wettstreit ist durch die neueste Geschichtsforschung als ein
müßiger gekennzeichnet. In der Dampfmaschine findet sich die praktische
Anwendung so vieler Naturgesetze auf kleinstem Raum vereinigt, welche
erst allmälig im Laufe der Jahrhunderte durch die hervorragendsten
Geister der verschiedensten Nationen an das Tageslicht befördert wurden,
daß von einem einzigen Erfinder der Dampfmaschine nicht die Rede
sein kann. Nicht formvollendet wie die Minerva aus dem Haupte
des Jupiters entsprang die Dampfmaschine dem erfinderischen Geiste
eines einzigen Sterblichen; nein, allmälig entwickelte sie sich als ein
gemeinsames Produkt der angestrengtesten Arbeit der Besten verschiedener
Völker zu dem, was sie heute ist, zu dem gewaltigsten Hülfsmittel
menschlicher Bildung und Gesittung. -- Wen zuerst die Beobachtung
des aus dem kochenden Wasser aufsteigenden Dampfes zu der Erkenntnis
gebracht hat, daß diesem eine Kraft inne wohne, welche, in die richtigen
Bahnen gelenkt, Arbeit zu verrichten im Stande sei, hierüber ist, wie leicht
erklärlich, eine gewisse Ueberlieferung nicht vorhanden. Jedenfalls aber
steht fest, daß schon lange Zeit vor Beginn der christlichen Zeitrechnung
die Thatsache bekannt war, daß der Wasserdampf im Stande sei, eine
gewisse Kraftleistung hervorzubringen.

Am bekanntesten sind die Dampfkünste Herons von Alexandrien,
der gegen 120 vor Chr. lebte. Fig. 61 stellt eine nach diesem alten
Erfinder Heronsball genannte Vorrichtung zum Heben von Wasser
mittels Dampfkraft dar. Dieselbe besteht aus einer Hohlkugel A, welche
bis ungefähr zu ihrer Hälfte mit Wasser angefüllt ist. Um dieses in

Die Motoren.
Die in dem Schwungrade aufgeſpeicherte lebendige Kraft drückt im
Verein mit der äußeren Luft den Kolben A (derſelbe wird wegen dieſer
ſeiner Wirkungsweiſe auch „Verdränger“ genannt) nach abwärts, in-
folge deſſen die Luft durch den Regenerator R in den Heiztopf H
zurückgedrängt wird. Hier erhitzt ſie ſich dann wiederum, und das
Spiel der Maſchine beginnt von Neuem.

Während der Béniermotor in einer Größe von in maximo 20 Pferde-
kräften ausgeführt wird, gelangt der Rider-Monski-Motor in Größen
von ⅓, ½, ⅔, 1 und 2 Pferdeſtärken zur Anwendung.

Iſt die Dampfmaſchine das erfolgreichſte Rüſtzeug der Großinduſtrie
in ihrem Vernichtungskampfe gegen die Kleininduſtrie, ſo kann man
die Heißluftmaſchine als diejenige Motorgattung bezeichnen, welche
berufen ſein dürfte, der Kleininduſtrie in dieſem Kampfe, im Verein
mit der Gaskraftmaſchine, erfolgreich zur Seite zu ſtehen.

2. Die Dampfmaſchinen.

Wie ſich im Alterthum zahlreiche Städte Griechenlands um den
Vorzug ſtritten, der Geburtsort Homer’s zu ſein, ſo hat lange Zeit
hindurch unter den civiliſierten Völkern ein Wettbewerb beſtanden um
die Ehre, den Erfinder der Dampfmaſchine zu den ihrigen zählen zu
können. Dieſer Wettſtreit iſt durch die neueſte Geſchichtsforſchung als ein
müßiger gekennzeichnet. In der Dampfmaſchine findet ſich die praktiſche
Anwendung ſo vieler Naturgeſetze auf kleinſtem Raum vereinigt, welche
erſt allmälig im Laufe der Jahrhunderte durch die hervorragendſten
Geiſter der verſchiedenſten Nationen an das Tageslicht befördert wurden,
daß von einem einzigen Erfinder der Dampfmaſchine nicht die Rede
ſein kann. Nicht formvollendet wie die Minerva aus dem Haupte
des Jupiters entſprang die Dampfmaſchine dem erfinderiſchen Geiſte
eines einzigen Sterblichen; nein, allmälig entwickelte ſie ſich als ein
gemeinſames Produkt der angeſtrengteſten Arbeit der Beſten verſchiedener
Völker zu dem, was ſie heute iſt, zu dem gewaltigſten Hülfsmittel
menſchlicher Bildung und Geſittung. — Wen zuerſt die Beobachtung
des aus dem kochenden Waſſer aufſteigenden Dampfes zu der Erkenntnis
gebracht hat, daß dieſem eine Kraft inne wohne, welche, in die richtigen
Bahnen gelenkt, Arbeit zu verrichten im Stande ſei, hierüber iſt, wie leicht
erklärlich, eine gewiſſe Ueberlieferung nicht vorhanden. Jedenfalls aber
ſteht feſt, daß ſchon lange Zeit vor Beginn der chriſtlichen Zeitrechnung
die Thatſache bekannt war, daß der Waſſerdampf im Stande ſei, eine
gewiſſe Kraftleiſtung hervorzubringen.

Am bekannteſten ſind die Dampfkünſte Herons von Alexandrien,
der gegen 120 vor Chr. lebte. Fig. 61 ſtellt eine nach dieſem alten
Erfinder Heronsball genannte Vorrichtung zum Heben von Waſſer
mittels Dampfkraft dar. Dieſelbe beſteht aus einer Hohlkugel A, welche
bis ungefähr zu ihrer Hälfte mit Waſſer angefüllt iſt. Um dieſes in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0102" n="84"/><fw place="top" type="header">Die Motoren.</fw><lb/>
Die in dem Schwungrade aufge&#x017F;peicherte lebendige Kraft drückt im<lb/>
Verein mit der äußeren Luft den Kolben <hi rendition="#aq">A</hi> (der&#x017F;elbe wird wegen die&#x017F;er<lb/>
&#x017F;einer Wirkungswei&#x017F;e auch &#x201E;Verdränger&#x201C; genannt) nach abwärts, in-<lb/>
folge de&#x017F;&#x017F;en die Luft durch den Regenerator <hi rendition="#aq">R</hi> in den Heiztopf <hi rendition="#aq">H</hi><lb/>
zurückgedrängt wird. Hier erhitzt &#x017F;ie &#x017F;ich dann wiederum, und das<lb/>
Spiel der Ma&#x017F;chine beginnt von Neuem.</p><lb/>
              <p>Während der B<hi rendition="#aq">é</hi>niermotor in einer Größe von in maximo 20 Pferde-<lb/>
kräften ausgeführt wird, gelangt der Rider-Monski-Motor in Größen<lb/>
von &#x2153;, ½, &#x2154;, 1 und 2 Pferde&#x017F;tärken zur Anwendung.</p><lb/>
              <p>I&#x017F;t die Dampfma&#x017F;chine das erfolgreich&#x017F;te Rü&#x017F;tzeug der Großindu&#x017F;trie<lb/>
in ihrem Vernichtungskampfe gegen die Kleinindu&#x017F;trie, &#x017F;o kann man<lb/>
die Heißluftma&#x017F;chine als diejenige Motorgattung bezeichnen, welche<lb/>
berufen &#x017F;ein dürfte, der Kleinindu&#x017F;trie in die&#x017F;em Kampfe, im Verein<lb/>
mit der Gaskraftma&#x017F;chine, erfolgreich zur Seite zu &#x017F;tehen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">2. Die Dampfma&#x017F;chinen.</hi> </head><lb/>
              <p>Wie &#x017F;ich im Alterthum zahlreiche Städte Griechenlands um den<lb/>
Vorzug &#x017F;tritten, der Geburtsort Homer&#x2019;s zu &#x017F;ein, &#x017F;o hat lange Zeit<lb/>
hindurch unter den civili&#x017F;ierten Völkern ein Wettbewerb be&#x017F;tanden um<lb/>
die Ehre, den Erfinder der Dampfma&#x017F;chine zu den ihrigen zählen zu<lb/>
können. Die&#x017F;er Wett&#x017F;treit i&#x017F;t durch die neue&#x017F;te Ge&#x017F;chichtsfor&#x017F;chung als ein<lb/>
müßiger gekennzeichnet. In der Dampfma&#x017F;chine findet &#x017F;ich die prakti&#x017F;che<lb/>
Anwendung &#x017F;o vieler Naturge&#x017F;etze auf klein&#x017F;tem Raum vereinigt, welche<lb/>
er&#x017F;t allmälig im Laufe der Jahrhunderte durch die hervorragend&#x017F;ten<lb/>
Gei&#x017F;ter der ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Nationen an das Tageslicht befördert wurden,<lb/>
daß von einem <hi rendition="#g">einzigen</hi> Erfinder der Dampfma&#x017F;chine nicht die Rede<lb/>
&#x017F;ein kann. Nicht formvollendet wie die Minerva aus dem Haupte<lb/>
des Jupiters ent&#x017F;prang die Dampfma&#x017F;chine dem erfinderi&#x017F;chen Gei&#x017F;te<lb/>
eines einzigen Sterblichen; nein, allmälig entwickelte &#x017F;ie &#x017F;ich als ein<lb/>
gemein&#x017F;ames Produkt der ange&#x017F;trengte&#x017F;ten Arbeit der Be&#x017F;ten ver&#x017F;chiedener<lb/>
Völker zu dem, was &#x017F;ie heute i&#x017F;t, zu dem gewaltig&#x017F;ten Hülfsmittel<lb/>
men&#x017F;chlicher Bildung und Ge&#x017F;ittung. &#x2014; Wen zuer&#x017F;t die Beobachtung<lb/>
des aus dem kochenden Wa&#x017F;&#x017F;er auf&#x017F;teigenden Dampfes zu der Erkenntnis<lb/>
gebracht hat, daß die&#x017F;em eine Kraft inne wohne, welche, in die richtigen<lb/>
Bahnen gelenkt, Arbeit zu verrichten im Stande &#x017F;ei, hierüber i&#x017F;t, wie leicht<lb/>
erklärlich, eine gewi&#x017F;&#x017F;e Ueberlieferung nicht vorhanden. Jedenfalls aber<lb/>
&#x017F;teht fe&#x017F;t, daß &#x017F;chon lange Zeit vor Beginn der chri&#x017F;tlichen Zeitrechnung<lb/>
die That&#x017F;ache bekannt war, daß der Wa&#x017F;&#x017F;erdampf im Stande &#x017F;ei, eine<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Kraftlei&#x017F;tung hervorzubringen.</p><lb/>
              <p>Am bekannte&#x017F;ten &#x017F;ind die Dampfkün&#x017F;te <hi rendition="#g">Herons</hi> von Alexandrien,<lb/>
der gegen 120 vor Chr. lebte. Fig. 61 &#x017F;tellt eine nach die&#x017F;em alten<lb/>
Erfinder Heronsball genannte Vorrichtung zum Heben von Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
mittels Dampfkraft dar. Die&#x017F;elbe be&#x017F;teht aus einer Hohlkugel <hi rendition="#aq">A</hi>, welche<lb/>
bis ungefähr zu ihrer Hälfte mit Wa&#x017F;&#x017F;er angefüllt i&#x017F;t. Um die&#x017F;es in<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0102] Die Motoren. Die in dem Schwungrade aufgeſpeicherte lebendige Kraft drückt im Verein mit der äußeren Luft den Kolben A (derſelbe wird wegen dieſer ſeiner Wirkungsweiſe auch „Verdränger“ genannt) nach abwärts, in- folge deſſen die Luft durch den Regenerator R in den Heiztopf H zurückgedrängt wird. Hier erhitzt ſie ſich dann wiederum, und das Spiel der Maſchine beginnt von Neuem. Während der Béniermotor in einer Größe von in maximo 20 Pferde- kräften ausgeführt wird, gelangt der Rider-Monski-Motor in Größen von ⅓, ½, ⅔, 1 und 2 Pferdeſtärken zur Anwendung. Iſt die Dampfmaſchine das erfolgreichſte Rüſtzeug der Großinduſtrie in ihrem Vernichtungskampfe gegen die Kleininduſtrie, ſo kann man die Heißluftmaſchine als diejenige Motorgattung bezeichnen, welche berufen ſein dürfte, der Kleininduſtrie in dieſem Kampfe, im Verein mit der Gaskraftmaſchine, erfolgreich zur Seite zu ſtehen. 2. Die Dampfmaſchinen. Wie ſich im Alterthum zahlreiche Städte Griechenlands um den Vorzug ſtritten, der Geburtsort Homer’s zu ſein, ſo hat lange Zeit hindurch unter den civiliſierten Völkern ein Wettbewerb beſtanden um die Ehre, den Erfinder der Dampfmaſchine zu den ihrigen zählen zu können. Dieſer Wettſtreit iſt durch die neueſte Geſchichtsforſchung als ein müßiger gekennzeichnet. In der Dampfmaſchine findet ſich die praktiſche Anwendung ſo vieler Naturgeſetze auf kleinſtem Raum vereinigt, welche erſt allmälig im Laufe der Jahrhunderte durch die hervorragendſten Geiſter der verſchiedenſten Nationen an das Tageslicht befördert wurden, daß von einem einzigen Erfinder der Dampfmaſchine nicht die Rede ſein kann. Nicht formvollendet wie die Minerva aus dem Haupte des Jupiters entſprang die Dampfmaſchine dem erfinderiſchen Geiſte eines einzigen Sterblichen; nein, allmälig entwickelte ſie ſich als ein gemeinſames Produkt der angeſtrengteſten Arbeit der Beſten verſchiedener Völker zu dem, was ſie heute iſt, zu dem gewaltigſten Hülfsmittel menſchlicher Bildung und Geſittung. — Wen zuerſt die Beobachtung des aus dem kochenden Waſſer aufſteigenden Dampfes zu der Erkenntnis gebracht hat, daß dieſem eine Kraft inne wohne, welche, in die richtigen Bahnen gelenkt, Arbeit zu verrichten im Stande ſei, hierüber iſt, wie leicht erklärlich, eine gewiſſe Ueberlieferung nicht vorhanden. Jedenfalls aber ſteht feſt, daß ſchon lange Zeit vor Beginn der chriſtlichen Zeitrechnung die Thatſache bekannt war, daß der Waſſerdampf im Stande ſei, eine gewiſſe Kraftleiſtung hervorzubringen. Am bekannteſten ſind die Dampfkünſte Herons von Alexandrien, der gegen 120 vor Chr. lebte. Fig. 61 ſtellt eine nach dieſem alten Erfinder Heronsball genannte Vorrichtung zum Heben von Waſſer mittels Dampfkraft dar. Dieſelbe beſteht aus einer Hohlkugel A, welche bis ungefähr zu ihrer Hälfte mit Waſſer angefüllt iſt. Um dieſes in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/102
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/102>, abgerufen am 24.11.2024.