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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die elektrische Schiffahrt.
werden muß, so daß es eben nur kleinere Strecken zurückzulegen fähig ist,
und zweitens, daß dieselben das Gewicht des Schiffes zu sehr erhöhen.
Das letztere ist nun freilich ein wenig einzuschränken. Jedes Schiff
braucht Ballast, damit das Kentern erschwert werde. Wenn man die
Sammlerbatterie am Boden des Gefährtes anbringen kann, so erfüllt
sie damit auch den Zweck des Ballastes, und es ersetzt das Gewicht
derselben ja dasjenige der Kohlen, das hier in Fortfall kommt. Solche
mit Akkumulatoren versehenen Schiffe giebt es jetzt schon in großer
Anzahl. Das der Firma Siemens & Halske gehörige Boot "Elektra"
befährt die Spree. In London sind Sammlerboote etwas Gewöhnliches
geworden, seitdem die Firma Immish eine ganze Flotille davon, die jetzt
bis zur Zahl von 30 angewachsen ist, für Bootfahrten auf der Themse
zur Vermietung stellte. Sie können 90 bis 100 Kilometer zurücklegen;
dann müssen die Sammler neu geladen werden. Der Elektromotor macht
700 bis 900 Umdrehungen in der Minute, und die Schiffsschraube sitzt
auf seiner Achse, ohne daß -- wie bei den Eisenbahnen -- noch eine
Übertragung nötig wäre. Der Führer des Boots ist Steuermann und
Maschinist zugleich, da er mittels einer Kurbel die Geschwindigkeit
regeln kann, indem er von den Sammlern mehr oder weniger ein-
schaltet und mit einer anderen Kurbel das Steuerruder regiert. Ab-
fahren, Stoppen und Umkehren besorgt er ebenfalls mit Hilfe der ersten
Kurbel mit großer Leichtigkeit. Für Vergnügungsfahrten sind diese
Boote ganz ausgezeichnet, weil kein Qualm der Maschine die Passagiere
belästigt, die Gefahr von Explosionen ausgeschlossen ist, der Führer
keiner langen Schulung bedarf und die Maschine beim Verlassen des
Fahrzeuges sich selbst überlassen werden kann. Sie müssen freilich
von Zeit zu Zeit mit Kraft versorgt werden. Doch das geschieht jetzt
von den Unternehmern auf die einfachste Art, nämlich durch ein größeres,
zugleich die Reparaturwerkstatt enthaltendes Schiff, welches die strom-
gebende Dynamomaschine trägt. Die Boote finden sich an einer
bestimmten Stelle auf dem Wasser ein und empfangen dort ihre
Ladung. Dieses Schiff versieht also für die elektrischen Boote den-
selben Dienst wie die Tenderfahrzeuge, welche den Dampfschiffen
Kohle zuführen.

Eine ernstere Bedeutung erhalten die elektrischen Boote im Kriegs-
dienste. Die Beiboote der großen Kriegsschiffe sind leicht als Sammler-
boote zu bauen, und da die Schiffe schon zum Zwecke der Beleuchtung
Dynamomaschinen haben, leicht mit Kraft zu versehen. Ferner sind
sie für die Beförderung von Truppen konstruiert worden, und zwischen
den Häfen Chatham und Sheerneß läuft jetzt das Boot "Electric",
das, bei einer Länge von 15 und einer Breite von 3 Metern,
48 Soldaten in voller Ausrüstung bei einer Geschwindigkeit von
15 Kilometern in der Stunde hin- und herbefördert. Für die See-
schiffahrt auf kürzeren Strecken sind elektrische Boote also brauchbar,
und so hat auch eines bereits die Überfahrt von Calais nach Dover

Das Buch der Erfindungen. 15

Die elektriſche Schiffahrt.
werden muß, ſo daß es eben nur kleinere Strecken zurückzulegen fähig iſt,
und zweitens, daß dieſelben das Gewicht des Schiffes zu ſehr erhöhen.
Das letztere iſt nun freilich ein wenig einzuſchränken. Jedes Schiff
braucht Ballaſt, damit das Kentern erſchwert werde. Wenn man die
Sammlerbatterie am Boden des Gefährtes anbringen kann, ſo erfüllt
ſie damit auch den Zweck des Ballaſtes, und es erſetzt das Gewicht
derſelben ja dasjenige der Kohlen, das hier in Fortfall kommt. Solche
mit Akkumulatoren verſehenen Schiffe giebt es jetzt ſchon in großer
Anzahl. Das der Firma Siemens & Halske gehörige Boot „Elektra“
befährt die Spree. In London ſind Sammlerboote etwas Gewöhnliches
geworden, ſeitdem die Firma Immiſh eine ganze Flotille davon, die jetzt
bis zur Zahl von 30 angewachſen iſt, für Bootfahrten auf der Themſe
zur Vermietung ſtellte. Sie können 90 bis 100 Kilometer zurücklegen;
dann müſſen die Sammler neu geladen werden. Der Elektromotor macht
700 bis 900 Umdrehungen in der Minute, und die Schiffsſchraube ſitzt
auf ſeiner Achſe, ohne daß — wie bei den Eiſenbahnen — noch eine
Übertragung nötig wäre. Der Führer des Boots iſt Steuermann und
Maſchiniſt zugleich, da er mittels einer Kurbel die Geſchwindigkeit
regeln kann, indem er von den Sammlern mehr oder weniger ein-
ſchaltet und mit einer anderen Kurbel das Steuerruder regiert. Ab-
fahren, Stoppen und Umkehren beſorgt er ebenfalls mit Hilfe der erſten
Kurbel mit großer Leichtigkeit. Für Vergnügungsfahrten ſind dieſe
Boote ganz ausgezeichnet, weil kein Qualm der Maſchine die Paſſagiere
beläſtigt, die Gefahr von Exploſionen ausgeſchloſſen iſt, der Führer
keiner langen Schulung bedarf und die Maſchine beim Verlaſſen des
Fahrzeuges ſich ſelbſt überlaſſen werden kann. Sie müſſen freilich
von Zeit zu Zeit mit Kraft verſorgt werden. Doch das geſchieht jetzt
von den Unternehmern auf die einfachſte Art, nämlich durch ein größeres,
zugleich die Reparaturwerkſtatt enthaltendes Schiff, welches die ſtrom-
gebende Dynamomaſchine trägt. Die Boote finden ſich an einer
beſtimmten Stelle auf dem Waſſer ein und empfangen dort ihre
Ladung. Dieſes Schiff verſieht alſo für die elektriſchen Boote den-
ſelben Dienſt wie die Tenderfahrzeuge, welche den Dampfſchiffen
Kohle zuführen.

Eine ernſtere Bedeutung erhalten die elektriſchen Boote im Kriegs-
dienſte. Die Beiboote der großen Kriegsſchiffe ſind leicht als Sammler-
boote zu bauen, und da die Schiffe ſchon zum Zwecke der Beleuchtung
Dynamomaſchinen haben, leicht mit Kraft zu verſehen. Ferner ſind
ſie für die Beförderung von Truppen konſtruiert worden, und zwiſchen
den Häfen Chatham und Sheerneß läuft jetzt das Boot „Electric“,
das, bei einer Länge von 15 und einer Breite von 3 Metern,
48 Soldaten in voller Ausrüſtung bei einer Geſchwindigkeit von
15 Kilometern in der Stunde hin- und herbefördert. Für die See-
ſchiffahrt auf kürzeren Strecken ſind elektriſche Boote alſo brauchbar,
und ſo hat auch eines bereits die Überfahrt von Calais nach Dover

Das Buch der Erfindungen. 15
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[225/0243] Die elektriſche Schiffahrt. werden muß, ſo daß es eben nur kleinere Strecken zurückzulegen fähig iſt, und zweitens, daß dieſelben das Gewicht des Schiffes zu ſehr erhöhen. Das letztere iſt nun freilich ein wenig einzuſchränken. Jedes Schiff braucht Ballaſt, damit das Kentern erſchwert werde. Wenn man die Sammlerbatterie am Boden des Gefährtes anbringen kann, ſo erfüllt ſie damit auch den Zweck des Ballaſtes, und es erſetzt das Gewicht derſelben ja dasjenige der Kohlen, das hier in Fortfall kommt. Solche mit Akkumulatoren verſehenen Schiffe giebt es jetzt ſchon in großer Anzahl. Das der Firma Siemens & Halske gehörige Boot „Elektra“ befährt die Spree. In London ſind Sammlerboote etwas Gewöhnliches geworden, ſeitdem die Firma Immiſh eine ganze Flotille davon, die jetzt bis zur Zahl von 30 angewachſen iſt, für Bootfahrten auf der Themſe zur Vermietung ſtellte. Sie können 90 bis 100 Kilometer zurücklegen; dann müſſen die Sammler neu geladen werden. Der Elektromotor macht 700 bis 900 Umdrehungen in der Minute, und die Schiffsſchraube ſitzt auf ſeiner Achſe, ohne daß — wie bei den Eiſenbahnen — noch eine Übertragung nötig wäre. Der Führer des Boots iſt Steuermann und Maſchiniſt zugleich, da er mittels einer Kurbel die Geſchwindigkeit regeln kann, indem er von den Sammlern mehr oder weniger ein- ſchaltet und mit einer anderen Kurbel das Steuerruder regiert. Ab- fahren, Stoppen und Umkehren beſorgt er ebenfalls mit Hilfe der erſten Kurbel mit großer Leichtigkeit. Für Vergnügungsfahrten ſind dieſe Boote ganz ausgezeichnet, weil kein Qualm der Maſchine die Paſſagiere beläſtigt, die Gefahr von Exploſionen ausgeſchloſſen iſt, der Führer keiner langen Schulung bedarf und die Maſchine beim Verlaſſen des Fahrzeuges ſich ſelbſt überlaſſen werden kann. Sie müſſen freilich von Zeit zu Zeit mit Kraft verſorgt werden. Doch das geſchieht jetzt von den Unternehmern auf die einfachſte Art, nämlich durch ein größeres, zugleich die Reparaturwerkſtatt enthaltendes Schiff, welches die ſtrom- gebende Dynamomaſchine trägt. Die Boote finden ſich an einer beſtimmten Stelle auf dem Waſſer ein und empfangen dort ihre Ladung. Dieſes Schiff verſieht alſo für die elektriſchen Boote den- ſelben Dienſt wie die Tenderfahrzeuge, welche den Dampfſchiffen Kohle zuführen. Eine ernſtere Bedeutung erhalten die elektriſchen Boote im Kriegs- dienſte. Die Beiboote der großen Kriegsſchiffe ſind leicht als Sammler- boote zu bauen, und da die Schiffe ſchon zum Zwecke der Beleuchtung Dynamomaſchinen haben, leicht mit Kraft zu verſehen. Ferner ſind ſie für die Beförderung von Truppen konſtruiert worden, und zwiſchen den Häfen Chatham und Sheerneß läuft jetzt das Boot „Electric“, das, bei einer Länge von 15 und einer Breite von 3 Metern, 48 Soldaten in voller Ausrüſtung bei einer Geſchwindigkeit von 15 Kilometern in der Stunde hin- und herbefördert. Für die See- ſchiffahrt auf kürzeren Strecken ſind elektriſche Boote alſo brauchbar, und ſo hat auch eines bereits die Überfahrt von Calais nach Dover Das Buch der Erfindungen. 15

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/243>, abgerufen am 28.11.2024.