Man kann die Nadel verdoppeln, daß ein Magnet sich innerhalb, der andere außerhalb der Drahtwindungen bewegt, so wird schon die Wirkung verdoppelt. Man kann selbst die feinsten Bewegungen einer solchen Nadel -- und sie wird bei der unterseeischen Telegraphie nur sehr schwache Bewegungen ausführen -- verfolgen, wenn man ihr ein Spiegelchen zu tragen giebt und dieses mit einer Lampe be- leuchtet. Dann wird man mit einem Fernrohr beobachten können, ob das Licht nach rechts oder links geht. Das ist im wesent- lichen das Prinzip, welches Thomson in seinem Spiegelgalvanometer verwirklicht hat. Derselbe hat aber auch einen Apparat gebaut, der bei so schwachen Strömen selbst noch zum Schreiben befähigt ist. Der Hauptteil seines Heberschreibers ist eine Spule auf feinem Drahte, welcher man die Ströme in der einen oder anderen Richtung zuschickt. Sie ist beweglich aufgehängt zwischen den Polen eines kräftigen Elektromagneten, der aber von der Empfangsstation aus durch einen besonderen Strom fortwährend erregt ist. Dieser wirkt an- ziehend auf die stromdurchflossene Spule und dreht dieselbe bald nach rechts, bald nach links; sie nimmt dabei einen Glasheber mit, der in ein Tintenfaß taucht, und aus dessen feiner Spitze fortwährend Tröpfchen auf einen Papierstreifen fallen. Wenn die Spule in Ruhe ist, so steht die Heberöffnung immer über der Mitte des Papierstreifens, und so wird eine punktierte, gerade Linie entstehen, wenn dieser durch ein Uhrwerk abgerollt wird. Wenn aber von der Aufgabestation aus Ströme in die Spule treten, so wird diese und der Heber abgelenkt und man sieht nun auf dem Papier eine Schlangenlinie entstehen, aus welcher der Kundige die telegraphierte Nachricht abzulesen versteht.
Eine rasche Entwickelung konnte das Telegraphenwesen erst nehmen, als man die Elektromagneten anwenden lernte. Der erste, der dies ver- stand, war der englische Physiker Wheatstone. Noch vor Ende des vierten Jahrzehntes unseres Jahrhunderts erfand er das elektrische Läutewerk, durch welches er die Aufmerksamkeit der Empfangsstation zu erwecken wußte, und dann seinen Zeigertelegraphen. Bei beiden spielte ein weiches Eisenstück die Hauptrolle, welches magnetisch wurde, so oft man den Strom in Windungen herumführt. Im ersten Falle zog es den Glocken- klöppel an sich, der an die Alarmglocke anschlug, im zweiten war der Anker des Elektromagneten mit der Hemmung eines Uhrwerks ver- bunden. Dieses drehte die Zeiger eines Zifferblattes, das statt der Zahlen die Buchstaben des Alphabetes trug. Durch fortwährendes Öffnen und Schließen des Stromes war man so an der Aufgabestation in den Stand gesetzt, die Zeiger des Zifferblattes vor einem bestimmten Buchstaben Halt machen zu lassen. Dieser Apparat ist noch mehrfach, u. A. von Werner Siemens verbessert worden, ohne daß er sich all- gemeinen Eingang verschafft hätte, und das lag sehr einfach daran, daß inzwischen ein höchst einfacher Schreibapparat das Licht der Welt erblickt hatte, der Morsesche.
Die Vorgeſchichte des Telegraphen.
Man kann die Nadel verdoppeln, daß ein Magnet ſich innerhalb, der andere außerhalb der Drahtwindungen bewegt, ſo wird ſchon die Wirkung verdoppelt. Man kann ſelbſt die feinſten Bewegungen einer ſolchen Nadel — und ſie wird bei der unterſeeiſchen Telegraphie nur ſehr ſchwache Bewegungen ausführen — verfolgen, wenn man ihr ein Spiegelchen zu tragen giebt und dieſes mit einer Lampe be- leuchtet. Dann wird man mit einem Fernrohr beobachten können, ob das Licht nach rechts oder links geht. Das iſt im weſent- lichen das Prinzip, welches Thomſon in ſeinem Spiegelgalvanometer verwirklicht hat. Derſelbe hat aber auch einen Apparat gebaut, der bei ſo ſchwachen Strömen ſelbſt noch zum Schreiben befähigt iſt. Der Hauptteil ſeines Heberſchreibers iſt eine Spule auf feinem Drahte, welcher man die Ströme in der einen oder anderen Richtung zuſchickt. Sie iſt beweglich aufgehängt zwiſchen den Polen eines kräftigen Elektromagneten, der aber von der Empfangsſtation aus durch einen beſonderen Strom fortwährend erregt iſt. Dieſer wirkt an- ziehend auf die ſtromdurchfloſſene Spule und dreht dieſelbe bald nach rechts, bald nach links; ſie nimmt dabei einen Glasheber mit, der in ein Tintenfaß taucht, und aus deſſen feiner Spitze fortwährend Tröpfchen auf einen Papierſtreifen fallen. Wenn die Spule in Ruhe iſt, ſo ſteht die Heberöffnung immer über der Mitte des Papierſtreifens, und ſo wird eine punktierte, gerade Linie entſtehen, wenn dieſer durch ein Uhrwerk abgerollt wird. Wenn aber von der Aufgabeſtation aus Ströme in die Spule treten, ſo wird dieſe und der Heber abgelenkt und man ſieht nun auf dem Papier eine Schlangenlinie entſtehen, aus welcher der Kundige die telegraphierte Nachricht abzuleſen verſteht.
Eine raſche Entwickelung konnte das Telegraphenweſen erſt nehmen, als man die Elektromagneten anwenden lernte. Der erſte, der dies ver- ſtand, war der engliſche Phyſiker Wheatſtone. Noch vor Ende des vierten Jahrzehntes unſeres Jahrhunderts erfand er das elektriſche Läutewerk, durch welches er die Aufmerkſamkeit der Empfangsſtation zu erwecken wußte, und dann ſeinen Zeigertelegraphen. Bei beiden ſpielte ein weiches Eiſenſtück die Hauptrolle, welches magnetiſch wurde, ſo oft man den Strom in Windungen herumführt. Im erſten Falle zog es den Glocken- klöppel an ſich, der an die Alarmglocke anſchlug, im zweiten war der Anker des Elektromagneten mit der Hemmung eines Uhrwerks ver- bunden. Dieſes drehte die Zeiger eines Zifferblattes, das ſtatt der Zahlen die Buchſtaben des Alphabetes trug. Durch fortwährendes Öffnen und Schließen des Stromes war man ſo an der Aufgabeſtation in den Stand geſetzt, die Zeiger des Zifferblattes vor einem beſtimmten Buchſtaben Halt machen zu laſſen. Dieſer Apparat iſt noch mehrfach, u. A. von Werner Siemens verbeſſert worden, ohne daß er ſich all- gemeinen Eingang verſchafft hätte, und das lag ſehr einfach daran, daß inzwiſchen ein höchſt einfacher Schreibapparat das Licht der Welt erblickt hatte, der Morſeſche.
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Die Vorgeſchichte des Telegraphen.
Man kann die Nadel verdoppeln, daß ein Magnet ſich innerhalb, der
andere außerhalb der Drahtwindungen bewegt, ſo wird ſchon die
Wirkung verdoppelt. Man kann ſelbſt die feinſten Bewegungen einer
ſolchen Nadel — und ſie wird bei der unterſeeiſchen Telegraphie nur
ſehr ſchwache Bewegungen ausführen — verfolgen, wenn man ihr
ein Spiegelchen zu tragen giebt und dieſes mit einer Lampe be-
leuchtet. Dann wird man mit einem Fernrohr beobachten können,
ob das Licht nach rechts oder links geht. Das iſt im weſent-
lichen das Prinzip, welches Thomſon in ſeinem Spiegelgalvanometer
verwirklicht hat. Derſelbe hat aber auch einen Apparat gebaut, der
bei ſo ſchwachen Strömen ſelbſt noch zum Schreiben befähigt iſt. Der
Hauptteil ſeines Heberſchreibers iſt eine Spule auf feinem Drahte,
welcher man die Ströme in der einen oder anderen Richtung zuſchickt.
Sie iſt beweglich aufgehängt zwiſchen den Polen eines kräftigen
Elektromagneten, der aber von der Empfangsſtation aus durch
einen beſonderen Strom fortwährend erregt iſt. Dieſer wirkt an-
ziehend auf die ſtromdurchfloſſene Spule und dreht dieſelbe bald nach
rechts, bald nach links; ſie nimmt dabei einen Glasheber mit, der
in ein Tintenfaß taucht, und aus deſſen feiner Spitze fortwährend
Tröpfchen auf einen Papierſtreifen fallen. Wenn die Spule in Ruhe
iſt, ſo ſteht die Heberöffnung immer über der Mitte des Papierſtreifens,
und ſo wird eine punktierte, gerade Linie entſtehen, wenn dieſer durch
ein Uhrwerk abgerollt wird. Wenn aber von der Aufgabeſtation aus
Ströme in die Spule treten, ſo wird dieſe und der Heber abgelenkt
und man ſieht nun auf dem Papier eine Schlangenlinie entſtehen, aus
welcher der Kundige die telegraphierte Nachricht abzuleſen verſteht.
Eine raſche Entwickelung konnte das Telegraphenweſen erſt nehmen,
als man die Elektromagneten anwenden lernte. Der erſte, der dies ver-
ſtand, war der engliſche Phyſiker Wheatſtone. Noch vor Ende des vierten
Jahrzehntes unſeres Jahrhunderts erfand er das elektriſche Läutewerk,
durch welches er die Aufmerkſamkeit der Empfangsſtation zu erwecken
wußte, und dann ſeinen Zeigertelegraphen. Bei beiden ſpielte ein weiches
Eiſenſtück die Hauptrolle, welches magnetiſch wurde, ſo oft man den
Strom in Windungen herumführt. Im erſten Falle zog es den Glocken-
klöppel an ſich, der an die Alarmglocke anſchlug, im zweiten war der
Anker des Elektromagneten mit der Hemmung eines Uhrwerks ver-
bunden. Dieſes drehte die Zeiger eines Zifferblattes, das ſtatt der
Zahlen die Buchſtaben des Alphabetes trug. Durch fortwährendes
Öffnen und Schließen des Stromes war man ſo an der Aufgabeſtation
in den Stand geſetzt, die Zeiger des Zifferblattes vor einem beſtimmten
Buchſtaben Halt machen zu laſſen. Dieſer Apparat iſt noch mehrfach,
u. A. von Werner Siemens verbeſſert worden, ohne daß er ſich all-
gemeinen Eingang verſchafft hätte, und das lag ſehr einfach daran,
daß inzwiſchen ein höchſt einfacher Schreibapparat das Licht der Welt
erblickt hatte, der Morſeſche.
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/263>, abgerufen am 21.11.2024.
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