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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Baumaterialien.
alters hat diese Kunst sich immer mehr entfaltet, und bereits in den
frühesten Werken der Gothik eine hohe Vollendung erreicht. In neuester
Zeit ist durch Erfindung passender Maschinen, durch Herstellung voll-
kommener Öfen und durch Benutzung der Fortschritte der Chemie die
Backsteintechnik auf einer Stufe angelangt, die uns heute nicht mehr
überschreitbar erscheint.

Das Material für die Herstellung der Ziegel lieferte von Anfang
an die als Thon weit verbreitete kieselsaure Thonerde. Wenn sie nur
nicht zu sandhaltig war, und eine nicht zu große Beimengung von
kohlensaurem Kalk enthielt, so war sie für den bezeichneten Zweck brauch-
bar. Aber der Weg von dem rohen Thon bis zum fertigen Mauer-
stein ist immerhin ein langwieriger, den durch seine einzelnen Staffeln
zu verfolgen, wir uns jetzt anschicken. Es ist der Weg durch einen der
am weitesten verbreiteten Fabrikbetriebe, der in Deutschland 1889 an
11000 Stätten von 218000 Arbeitern gepflegt und in der Zahl der

[Abbildung] Fig. 175.

Einsumpfen des Thones.

Beschäftigten nur von dem Bergwerksbetriebe übertroffen wurde. Das
rohe Material läßt sich im Allgemeinen nicht sofort weiter verarbeiten.
Es wird im Sommer oder im Herbste aus den Thongruben gegraben,
weil diese Zeiten die trockensten des Jahres sind, und der dann wenig
schwere Thon mit geringeren Kosten gefördert werden kann. Derselbe
wird sodann in niedrigen Schichten auf dem Erdboden ausgebreitet
und einen oder mehrere Winter lang im Freien liegen gelassen. Der
Frost wirkt mit nachfolgendem Thauwetter lockernd auf ihn ein. Hierauf
kommt das Einsumpfen des Thones. Dazu bringt man ihn in tiefe
gemauerte Bassins und übergießt ihn mit Wasser. In denselben werden
schwere eiserne Körper, wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem bekannten Acker-
werkzeug Eggen genannt, fortwährend herumbewegt, daß sie mit ihren
Zinken den Thon zerkleinern und ihn möglichst eng mit dem Wasser
vermischen, so wie dies Fig. 175 erkennen läßt. Dabei trennen
sich feinere Sandteile und die lösbaren Stoffe und werden vom Wasser

Die Baumaterialien.
alters hat dieſe Kunſt ſich immer mehr entfaltet, und bereits in den
früheſten Werken der Gothik eine hohe Vollendung erreicht. In neueſter
Zeit iſt durch Erfindung paſſender Maſchinen, durch Herſtellung voll-
kommener Öfen und durch Benutzung der Fortſchritte der Chemie die
Backſteintechnik auf einer Stufe angelangt, die uns heute nicht mehr
überſchreitbar erſcheint.

Das Material für die Herſtellung der Ziegel lieferte von Anfang
an die als Thon weit verbreitete kieſelſaure Thonerde. Wenn ſie nur
nicht zu ſandhaltig war, und eine nicht zu große Beimengung von
kohlenſaurem Kalk enthielt, ſo war ſie für den bezeichneten Zweck brauch-
bar. Aber der Weg von dem rohen Thon bis zum fertigen Mauer-
ſtein iſt immerhin ein langwieriger, den durch ſeine einzelnen Staffeln
zu verfolgen, wir uns jetzt anſchicken. Es iſt der Weg durch einen der
am weiteſten verbreiteten Fabrikbetriebe, der in Deutſchland 1889 an
11000 Stätten von 218000 Arbeitern gepflegt und in der Zahl der

[Abbildung] Fig. 175.

Einſumpfen des Thones.

Beſchäftigten nur von dem Bergwerksbetriebe übertroffen wurde. Das
rohe Material läßt ſich im Allgemeinen nicht ſofort weiter verarbeiten.
Es wird im Sommer oder im Herbſte aus den Thongruben gegraben,
weil dieſe Zeiten die trockenſten des Jahres ſind, und der dann wenig
ſchwere Thon mit geringeren Koſten gefördert werden kann. Derſelbe
wird ſodann in niedrigen Schichten auf dem Erdboden ausgebreitet
und einen oder mehrere Winter lang im Freien liegen gelaſſen. Der
Froſt wirkt mit nachfolgendem Thauwetter lockernd auf ihn ein. Hierauf
kommt das Einſumpfen des Thones. Dazu bringt man ihn in tiefe
gemauerte Baſſins und übergießt ihn mit Waſſer. In denſelben werden
ſchwere eiſerne Körper, wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem bekannten Acker-
werkzeug Eggen genannt, fortwährend herumbewegt, daß ſie mit ihren
Zinken den Thon zerkleinern und ihn möglichſt eng mit dem Waſſer
vermiſchen, ſo wie dies Fig. 175 erkennen läßt. Dabei trennen
ſich feinere Sandteile und die lösbaren Stoffe und werden vom Waſſer

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[270/0288] Die Baumaterialien. alters hat dieſe Kunſt ſich immer mehr entfaltet, und bereits in den früheſten Werken der Gothik eine hohe Vollendung erreicht. In neueſter Zeit iſt durch Erfindung paſſender Maſchinen, durch Herſtellung voll- kommener Öfen und durch Benutzung der Fortſchritte der Chemie die Backſteintechnik auf einer Stufe angelangt, die uns heute nicht mehr überſchreitbar erſcheint. Das Material für die Herſtellung der Ziegel lieferte von Anfang an die als Thon weit verbreitete kieſelſaure Thonerde. Wenn ſie nur nicht zu ſandhaltig war, und eine nicht zu große Beimengung von kohlenſaurem Kalk enthielt, ſo war ſie für den bezeichneten Zweck brauch- bar. Aber der Weg von dem rohen Thon bis zum fertigen Mauer- ſtein iſt immerhin ein langwieriger, den durch ſeine einzelnen Staffeln zu verfolgen, wir uns jetzt anſchicken. Es iſt der Weg durch einen der am weiteſten verbreiteten Fabrikbetriebe, der in Deutſchland 1889 an 11000 Stätten von 218000 Arbeitern gepflegt und in der Zahl der [Abbildung Fig. 175. Einſumpfen des Thones.] Beſchäftigten nur von dem Bergwerksbetriebe übertroffen wurde. Das rohe Material läßt ſich im Allgemeinen nicht ſofort weiter verarbeiten. Es wird im Sommer oder im Herbſte aus den Thongruben gegraben, weil dieſe Zeiten die trockenſten des Jahres ſind, und der dann wenig ſchwere Thon mit geringeren Koſten gefördert werden kann. Derſelbe wird ſodann in niedrigen Schichten auf dem Erdboden ausgebreitet und einen oder mehrere Winter lang im Freien liegen gelaſſen. Der Froſt wirkt mit nachfolgendem Thauwetter lockernd auf ihn ein. Hierauf kommt das Einſumpfen des Thones. Dazu bringt man ihn in tiefe gemauerte Baſſins und übergießt ihn mit Waſſer. In denſelben werden ſchwere eiſerne Körper, wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem bekannten Acker- werkzeug Eggen genannt, fortwährend herumbewegt, daß ſie mit ihren Zinken den Thon zerkleinern und ihn möglichſt eng mit dem Waſſer vermiſchen, ſo wie dies Fig. 175 erkennen läßt. Dabei trennen ſich feinere Sandteile und die lösbaren Stoffe und werden vom Waſſer

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/288>, abgerufen am 22.11.2024.