Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.Die Seidenspinnerei. shoddy. Während die Bourettespinnerei in steter Entwickelung begriffenist, hat sich die Shoddyspinnerei bislang nicht einzuführen vermocht. Für die Floretspinnerei, deren Hauptsitz zur Zeit die Schweiz ist, machen sich eine Menge von Vorarbeiten nötig, die je nach den ge- wählten Abfällen verschiedener Art sind. Nimmt man Doppelcocons, d. h. solche, in welchen sich gleichzeitig zwei Raupen eingesponnen haben und die beiden Fäden verwirrt durch einander liegen oder die beim Abhaspeln der Cocons und die beim Moulinieren der Seide entstehenden Abfälle -- das gesamte Material bezeichnet man als Strusen -- so ist der Vorbereitungsprozeß ein anderer, als wenn man nur Cocons nimmt, die in Folge von Fehlern, wie Flecken, Unreifheit, Unvollendung, Durchbeißung durch den entwickelten und ausgeschlüpften Schmetterling für reine Seide untauglich sind. Die Strusen werden einem Fäulnis- prozeß, Macerage, unterworfen, um den Seidenleim zu zerstören, dann mit warmem Seifenwasser unter Anwendung von Stampfen und hierauf mit reinem Wasser gut ausgewaschen und getrocknet. Ein Öffner, Fillingmaschine, nimmt das mit Seifenwasser eingesprengte und längere Zeit stehen gelassene Material auf, zerteilt und lockert es. Nun folgt ein Kämmen auf der Kämmmaschine, Dressingmaschine, in ähnlicher Weise wie bei der Kammwolle; es ergeben sich Kammbärte und als Abfall Kämmlinge. Die ersteren werden zwecks Mischung verschiedener Sorten des Materials einer Anlegemaschine übergeben, welche eine kurze Watte von 6 bis 71/2 m Länge und 20 cm Breite bildet. Abgesehen von der Form des Produktes erinnert diese Maschine an die gleichbenannte, für Flachs benutzte. Durch die Wattenmaschine werden alsdann diese Watten doubliert, gestreckt und in schmale Bänder verwandelt, die in Kannen aufgefangen werden. Auf Streckmaschinen wird wiederholt gestreckt, auf einer Flyervorspinnmaschine, wie in der Flachs- und Kammgarnspinnerei üblich, der grobe Faden gebildet und letzterer schließlich auf der Feinspinnmaschine verfeinert und stärker gedreht. Fast ausnahmslos wählt man hierfür die Watermaschine. Hat man Cocons als Rohmaterial, so kommt das Fäulen in Wegfall; sie werden nur mit warmem Seifenwasser gewaschen und gestampft, her- nach mit reinem kalten Wasser ausgespült, getrocknet und alsdann auf einer Dresch- oder Klopfmaschine behandelt, nachdem die Masse vorher mit Seifenwasser besprengt wurde. Der dann folgende Cocon- öffner veranlaßt eine völlige Auflösung der Cocons und nun reihen sich die gleichen Operationen an, welche die Strusen durchzumachen haben, nachdem sie geöffnet worden sind, nämlich Kämmen, An- legen, Bänderbilden, Strecken, Vorspinnen und Feinspinnen. -- Für die Bourettespinnerei bilden die Kämmlinge das Gespinstfaser- material. Die Schlußoperationen in den Spinnereien irgend welcher Art Die Seidenſpinnerei. ſhoddy. Während die Bouretteſpinnerei in ſteter Entwickelung begriffeniſt, hat ſich die Shoddyſpinnerei bislang nicht einzuführen vermocht. Für die Floretſpinnerei, deren Hauptſitz zur Zeit die Schweiz iſt, machen ſich eine Menge von Vorarbeiten nötig, die je nach den ge- wählten Abfällen verſchiedener Art ſind. Nimmt man Doppelcocons, d. h. ſolche, in welchen ſich gleichzeitig zwei Raupen eingeſponnen haben und die beiden Fäden verwirrt durch einander liegen oder die beim Abhaſpeln der Cocons und die beim Moulinieren der Seide entſtehenden Abfälle — das geſamte Material bezeichnet man als Struſen — ſo iſt der Vorbereitungsprozeß ein anderer, als wenn man nur Cocons nimmt, die in Folge von Fehlern, wie Flecken, Unreifheit, Unvollendung, Durchbeißung durch den entwickelten und ausgeſchlüpften Schmetterling für reine Seide untauglich ſind. Die Struſen werden einem Fäulnis- prozeß, Macérage, unterworfen, um den Seidenleim zu zerſtören, dann mit warmem Seifenwaſſer unter Anwendung von Stampfen und hierauf mit reinem Waſſer gut ausgewaſchen und getrocknet. Ein Öffner, Fillingmaſchine, nimmt das mit Seifenwaſſer eingeſprengte und längere Zeit ſtehen gelaſſene Material auf, zerteilt und lockert es. Nun folgt ein Kämmen auf der Kämmmaſchine, Dreſſingmaſchine, in ähnlicher Weiſe wie bei der Kammwolle; es ergeben ſich Kammbärte und als Abfall Kämmlinge. Die erſteren werden zwecks Miſchung verſchiedener Sorten des Materials einer Anlegemaſchine übergeben, welche eine kurze Watte von 6 bis 7½ m Länge und 20 cm Breite bildet. Abgeſehen von der Form des Produktes erinnert dieſe Maſchine an die gleichbenannte, für Flachs benutzte. Durch die Wattenmaſchine werden alsdann dieſe Watten doubliert, geſtreckt und in ſchmale Bänder verwandelt, die in Kannen aufgefangen werden. Auf Streckmaſchinen wird wiederholt geſtreckt, auf einer Flyervorſpinnmaſchine, wie in der Flachs- und Kammgarnſpinnerei üblich, der grobe Faden gebildet und letzterer ſchließlich auf der Feinſpinnmaſchine verfeinert und ſtärker gedreht. Faſt ausnahmslos wählt man hierfür die Watermaſchine. Hat man Cocons als Rohmaterial, ſo kommt das Fäulen in Wegfall; ſie werden nur mit warmem Seifenwaſſer gewaſchen und geſtampft, her- nach mit reinem kalten Waſſer ausgeſpült, getrocknet und alsdann auf einer Dreſch- oder Klopfmaſchine behandelt, nachdem die Maſſe vorher mit Seifenwaſſer beſprengt wurde. Der dann folgende Cocon- öffner veranlaßt eine völlige Auflöſung der Cocons und nun reihen ſich die gleichen Operationen an, welche die Struſen durchzumachen haben, nachdem ſie geöffnet worden ſind, nämlich Kämmen, An- legen, Bänderbilden, Strecken, Vorſpinnen und Feinſpinnen. — Für die Bouretteſpinnerei bilden die Kämmlinge das Geſpinſtfaſer- material. Die Schlußoperationen in den Spinnereien irgend welcher Art <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0383" n="365"/><fw place="top" type="header">Die Seidenſpinnerei.</fw><lb/> ſhoddy. Während die Bouretteſpinnerei in ſteter Entwickelung begriffen<lb/> iſt, hat ſich die Shoddyſpinnerei bislang nicht einzuführen vermocht.<lb/> Für die Floretſpinnerei, deren Hauptſitz zur Zeit die Schweiz iſt,<lb/> machen ſich eine Menge von Vorarbeiten nötig, die je nach den ge-<lb/> wählten Abfällen verſchiedener Art ſind. Nimmt man Doppelcocons,<lb/> d. h. ſolche, in welchen ſich gleichzeitig zwei Raupen eingeſponnen haben<lb/> und die beiden Fäden verwirrt durch einander liegen oder die beim<lb/> Abhaſpeln der Cocons und die beim Moulinieren der Seide entſtehenden<lb/> Abfälle — das geſamte Material bezeichnet man als Struſen — ſo<lb/> iſt der Vorbereitungsprozeß ein anderer, als wenn man nur Cocons<lb/> nimmt, die in Folge von Fehlern, wie Flecken, Unreifheit, Unvollendung,<lb/> Durchbeißung durch den entwickelten und ausgeſchlüpften Schmetterling<lb/> für reine Seide untauglich ſind. Die Struſen werden einem Fäulnis-<lb/> prozeß, Mac<hi rendition="#aq">é</hi>rage, unterworfen, um den Seidenleim zu zerſtören, dann<lb/> mit warmem Seifenwaſſer unter Anwendung von Stampfen und hierauf<lb/> mit reinem Waſſer gut ausgewaſchen und getrocknet. Ein Öffner,<lb/> Fillingmaſchine, nimmt das mit Seifenwaſſer eingeſprengte und längere<lb/> Zeit ſtehen gelaſſene Material auf, zerteilt und lockert es. Nun folgt<lb/> ein Kämmen auf der Kämmmaſchine, Dreſſingmaſchine, in ähnlicher Weiſe<lb/> wie bei der Kammwolle; es ergeben ſich Kammbärte und als Abfall<lb/> Kämmlinge. Die erſteren werden zwecks Miſchung verſchiedener Sorten<lb/> des Materials einer Anlegemaſchine übergeben, welche eine kurze Watte<lb/> von 6 bis 7½ <hi rendition="#aq">m</hi> Länge und 20 <hi rendition="#aq">cm</hi> Breite bildet. Abgeſehen von der<lb/> Form des Produktes erinnert dieſe Maſchine an die gleichbenannte,<lb/> für Flachs benutzte. Durch die Wattenmaſchine werden alsdann dieſe<lb/> Watten doubliert, geſtreckt und in ſchmale Bänder verwandelt, die in<lb/> Kannen aufgefangen werden. Auf Streckmaſchinen wird wiederholt<lb/> geſtreckt, auf einer Flyervorſpinnmaſchine, wie in der Flachs- und<lb/> Kammgarnſpinnerei üblich, der grobe Faden gebildet und letzterer<lb/> ſchließlich auf der Feinſpinnmaſchine verfeinert und ſtärker gedreht.<lb/> Faſt ausnahmslos wählt man hierfür die Watermaſchine. Hat man<lb/> Cocons als Rohmaterial, ſo kommt das Fäulen in Wegfall; ſie<lb/> werden nur mit warmem Seifenwaſſer gewaſchen und geſtampft, her-<lb/> nach mit reinem kalten Waſſer ausgeſpült, getrocknet und alsdann<lb/> auf einer Dreſch- oder Klopfmaſchine behandelt, nachdem die Maſſe<lb/> vorher mit Seifenwaſſer beſprengt wurde. Der dann folgende Cocon-<lb/> öffner veranlaßt eine völlige Auflöſung der Cocons und nun reihen<lb/> ſich die gleichen Operationen an, welche die Struſen durchzumachen<lb/> haben, nachdem ſie geöffnet worden ſind, nämlich Kämmen, An-<lb/> legen, Bänderbilden, Strecken, Vorſpinnen und Feinſpinnen. —<lb/> Für die Bouretteſpinnerei bilden die Kämmlinge das Geſpinſtfaſer-<lb/> material.</p><lb/> <p>Die Schlußoperationen in den Spinnereien irgend welcher Art<lb/> beſtehen in dem Sortieren der Garne, dem Numerieren, d. i. die Be-<lb/> ſtimmung ihrer Feinheit, dem Abhaſpeln der Fäden von den hölzernen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [365/0383]
Die Seidenſpinnerei.
ſhoddy. Während die Bouretteſpinnerei in ſteter Entwickelung begriffen
iſt, hat ſich die Shoddyſpinnerei bislang nicht einzuführen vermocht.
Für die Floretſpinnerei, deren Hauptſitz zur Zeit die Schweiz iſt,
machen ſich eine Menge von Vorarbeiten nötig, die je nach den ge-
wählten Abfällen verſchiedener Art ſind. Nimmt man Doppelcocons,
d. h. ſolche, in welchen ſich gleichzeitig zwei Raupen eingeſponnen haben
und die beiden Fäden verwirrt durch einander liegen oder die beim
Abhaſpeln der Cocons und die beim Moulinieren der Seide entſtehenden
Abfälle — das geſamte Material bezeichnet man als Struſen — ſo
iſt der Vorbereitungsprozeß ein anderer, als wenn man nur Cocons
nimmt, die in Folge von Fehlern, wie Flecken, Unreifheit, Unvollendung,
Durchbeißung durch den entwickelten und ausgeſchlüpften Schmetterling
für reine Seide untauglich ſind. Die Struſen werden einem Fäulnis-
prozeß, Macérage, unterworfen, um den Seidenleim zu zerſtören, dann
mit warmem Seifenwaſſer unter Anwendung von Stampfen und hierauf
mit reinem Waſſer gut ausgewaſchen und getrocknet. Ein Öffner,
Fillingmaſchine, nimmt das mit Seifenwaſſer eingeſprengte und längere
Zeit ſtehen gelaſſene Material auf, zerteilt und lockert es. Nun folgt
ein Kämmen auf der Kämmmaſchine, Dreſſingmaſchine, in ähnlicher Weiſe
wie bei der Kammwolle; es ergeben ſich Kammbärte und als Abfall
Kämmlinge. Die erſteren werden zwecks Miſchung verſchiedener Sorten
des Materials einer Anlegemaſchine übergeben, welche eine kurze Watte
von 6 bis 7½ m Länge und 20 cm Breite bildet. Abgeſehen von der
Form des Produktes erinnert dieſe Maſchine an die gleichbenannte,
für Flachs benutzte. Durch die Wattenmaſchine werden alsdann dieſe
Watten doubliert, geſtreckt und in ſchmale Bänder verwandelt, die in
Kannen aufgefangen werden. Auf Streckmaſchinen wird wiederholt
geſtreckt, auf einer Flyervorſpinnmaſchine, wie in der Flachs- und
Kammgarnſpinnerei üblich, der grobe Faden gebildet und letzterer
ſchließlich auf der Feinſpinnmaſchine verfeinert und ſtärker gedreht.
Faſt ausnahmslos wählt man hierfür die Watermaſchine. Hat man
Cocons als Rohmaterial, ſo kommt das Fäulen in Wegfall; ſie
werden nur mit warmem Seifenwaſſer gewaſchen und geſtampft, her-
nach mit reinem kalten Waſſer ausgeſpült, getrocknet und alsdann
auf einer Dreſch- oder Klopfmaſchine behandelt, nachdem die Maſſe
vorher mit Seifenwaſſer beſprengt wurde. Der dann folgende Cocon-
öffner veranlaßt eine völlige Auflöſung der Cocons und nun reihen
ſich die gleichen Operationen an, welche die Struſen durchzumachen
haben, nachdem ſie geöffnet worden ſind, nämlich Kämmen, An-
legen, Bänderbilden, Strecken, Vorſpinnen und Feinſpinnen. —
Für die Bouretteſpinnerei bilden die Kämmlinge das Geſpinſtfaſer-
material.
Die Schlußoperationen in den Spinnereien irgend welcher Art
beſtehen in dem Sortieren der Garne, dem Numerieren, d. i. die Be-
ſtimmung ihrer Feinheit, dem Abhaſpeln der Fäden von den hölzernen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |