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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Weberei und ihre Vorbereitungsarbeiten.
wohl im Strahn oder im Stuhl, doch reicht das für mittelgroße oder
Großbetriebe nicht aus. Hier werden sämtliche Vorbereitungsarbeiten,
die übrigens für den mechanischen Stuhl überaus sorgfältig geschehen
müssen, weil die Fäden in demselben viel heftigere Angriffe zu erdulden
haben, als im Handstuhl, mittels Maschinen ausgeführt, welche als
Spulmaschinen, Schermaschinen und Schlicht- oder Leimmaschinen be-
zeichnet werden, und mit denen mit Ausschluß der ersteren gleich Bäum-
maschinen verbunden sind. Die letzten Jahrzehnte haben auch diesen
sämtlichen Maschinen eine Menge von Verbesserungen zu teil werden
lassen, so daß man Garne jedweder Art und Feinheit schnell für den
mechanischen Stuhl vorzubereiten vermag. Die Hand des Arbeiters
ist nicht im stande, viel Fäden beim Scheren zu fassen und so zu
regieren, wie es diese Operation bedingt. Auch wird seine Aufmerksam-
keit bezüglich des Laufes der Fäden und ihres Reißens durch die Be-
wegungen, die er machen muß, abgelenkt. Ganz anders die Scher-
maschine. Sie nimmt 200 bis 400 und darüber, sogar bis zu 800 Fäden
von dem Spulengestell und bringt sie geordnet und auf gleiche Länge
auf die horizontale Schertrommel, braucht also das nur einigemale
zu wiederholen, um die ganze Fadenzahl der Kette zu erreichen. Die
mit der Maschine verbundene Bäummaschine wickelt alsdann die ge-
samte Kette von der Schertrommel auf den Kettenbaum des Webstuhls.
Schlicht- oder Leimmaschinen, anfangs unseres Jahrhunderts von
Radcliff, Rost, Johnson und Adam in Stockport erfunden, führen,
wenn diese Arbeit erforderlich ist, die Kette in der vollen Breite und
Fadenzahl durch einen mit Stärkemasse oder Leimwasser angefüllten
Trog, bürsten die nassen Fäden glatt, trocknen sie und bäumen die
Kette alsdann. Man findet in Mittel- und Großwebereibetrieben in
der Jetztzeit häufig sog. kombinierte Systeme, welche die vorberegten
Arbeiten der Reihenfolge nach mechanisch zur Ausführung bringen.
Übrigens beschäftigen sich nicht nur Webereien mit der Kettenvorbereitung
für ihren Eigenbedarf, sondern üben dieselbe auch wohl die Baumwoll-
und Flachsspinnereien aus, so daß man von diesen gleich rohe oder
gebleichte, gescherte und geschlichtete Ketten in Wickelform beziehen
kann, welche man dann nur noch umzubäumen hat. So haben sich
denn auch diese für die Weberei wichtigen und notwendigen Operationen
durch die Erfindung und Verbesserung der einschlägigen Maschinen
dem heutigen Standpunkt der Weberei völlig angepaßt.

Viel einfacher gestaltet sich die Hauptvorbereitung des Schusses.
Er muß in eine Form gebracht werden, die gestattet, ihn in das ge-
öffnete Fach der Kette einzutragen. Man bedient sich zum Durchwerfen
des Schusses eines Werkzeuges, des Schützens, in welchen derselbe in
thunlichst großer Menge eingebracht wird, und aus dem er sich beim
Verweben nach Bedürfnis abzieht. Zu diesem Zweck muß er auf eine
kleine hölzerne Spule, die Schußspule, oder eine papierne Röhre
gewickelt oder endlich als Schlauchknäuel geformt werden. Während

24*

Die Weberei und ihre Vorbereitungsarbeiten.
wohl im Strahn oder im Stuhl, doch reicht das für mittelgroße oder
Großbetriebe nicht aus. Hier werden ſämtliche Vorbereitungsarbeiten,
die übrigens für den mechaniſchen Stuhl überaus ſorgfältig geſchehen
müſſen, weil die Fäden in demſelben viel heftigere Angriffe zu erdulden
haben, als im Handſtuhl, mittels Maſchinen ausgeführt, welche als
Spulmaſchinen, Schermaſchinen und Schlicht- oder Leimmaſchinen be-
zeichnet werden, und mit denen mit Ausſchluß der erſteren gleich Bäum-
maſchinen verbunden ſind. Die letzten Jahrzehnte haben auch dieſen
ſämtlichen Maſchinen eine Menge von Verbeſſerungen zu teil werden
laſſen, ſo daß man Garne jedweder Art und Feinheit ſchnell für den
mechaniſchen Stuhl vorzubereiten vermag. Die Hand des Arbeiters
iſt nicht im ſtande, viel Fäden beim Scheren zu faſſen und ſo zu
regieren, wie es dieſe Operation bedingt. Auch wird ſeine Aufmerkſam-
keit bezüglich des Laufes der Fäden und ihres Reißens durch die Be-
wegungen, die er machen muß, abgelenkt. Ganz anders die Scher-
maſchine. Sie nimmt 200 bis 400 und darüber, ſogar bis zu 800 Fäden
von dem Spulengeſtell und bringt ſie geordnet und auf gleiche Länge
auf die horizontale Schertrommel, braucht alſo das nur einigemale
zu wiederholen, um die ganze Fadenzahl der Kette zu erreichen. Die
mit der Maſchine verbundene Bäummaſchine wickelt alsdann die ge-
ſamte Kette von der Schertrommel auf den Kettenbaum des Webſtuhls.
Schlicht- oder Leimmaſchinen, anfangs unſeres Jahrhunderts von
Radcliff, Roſt, Johnſon und Adam in Stockport erfunden, führen,
wenn dieſe Arbeit erforderlich iſt, die Kette in der vollen Breite und
Fadenzahl durch einen mit Stärkemaſſe oder Leimwaſſer angefüllten
Trog, bürſten die naſſen Fäden glatt, trocknen ſie und bäumen die
Kette alsdann. Man findet in Mittel- und Großwebereibetrieben in
der Jetztzeit häufig ſog. kombinierte Syſteme, welche die vorberegten
Arbeiten der Reihenfolge nach mechaniſch zur Ausführung bringen.
Übrigens beſchäftigen ſich nicht nur Webereien mit der Kettenvorbereitung
für ihren Eigenbedarf, ſondern üben dieſelbe auch wohl die Baumwoll-
und Flachsſpinnereien aus, ſo daß man von dieſen gleich rohe oder
gebleichte, geſcherte und geſchlichtete Ketten in Wickelform beziehen
kann, welche man dann nur noch umzubäumen hat. So haben ſich
denn auch dieſe für die Weberei wichtigen und notwendigen Operationen
durch die Erfindung und Verbeſſerung der einſchlägigen Maſchinen
dem heutigen Standpunkt der Weberei völlig angepaßt.

Viel einfacher geſtaltet ſich die Hauptvorbereitung des Schuſſes.
Er muß in eine Form gebracht werden, die geſtattet, ihn in das ge-
öffnete Fach der Kette einzutragen. Man bedient ſich zum Durchwerfen
des Schuſſes eines Werkzeuges, des Schützens, in welchen derſelbe in
thunlichſt großer Menge eingebracht wird, und aus dem er ſich beim
Verweben nach Bedürfnis abzieht. Zu dieſem Zweck muß er auf eine
kleine hölzerne Spule, die Schußſpule, oder eine papierne Röhre
gewickelt oder endlich als Schlauchknäuel geformt werden. Während

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[371/0389] Die Weberei und ihre Vorbereitungsarbeiten. wohl im Strahn oder im Stuhl, doch reicht das für mittelgroße oder Großbetriebe nicht aus. Hier werden ſämtliche Vorbereitungsarbeiten, die übrigens für den mechaniſchen Stuhl überaus ſorgfältig geſchehen müſſen, weil die Fäden in demſelben viel heftigere Angriffe zu erdulden haben, als im Handſtuhl, mittels Maſchinen ausgeführt, welche als Spulmaſchinen, Schermaſchinen und Schlicht- oder Leimmaſchinen be- zeichnet werden, und mit denen mit Ausſchluß der erſteren gleich Bäum- maſchinen verbunden ſind. Die letzten Jahrzehnte haben auch dieſen ſämtlichen Maſchinen eine Menge von Verbeſſerungen zu teil werden laſſen, ſo daß man Garne jedweder Art und Feinheit ſchnell für den mechaniſchen Stuhl vorzubereiten vermag. Die Hand des Arbeiters iſt nicht im ſtande, viel Fäden beim Scheren zu faſſen und ſo zu regieren, wie es dieſe Operation bedingt. Auch wird ſeine Aufmerkſam- keit bezüglich des Laufes der Fäden und ihres Reißens durch die Be- wegungen, die er machen muß, abgelenkt. Ganz anders die Scher- maſchine. Sie nimmt 200 bis 400 und darüber, ſogar bis zu 800 Fäden von dem Spulengeſtell und bringt ſie geordnet und auf gleiche Länge auf die horizontale Schertrommel, braucht alſo das nur einigemale zu wiederholen, um die ganze Fadenzahl der Kette zu erreichen. Die mit der Maſchine verbundene Bäummaſchine wickelt alsdann die ge- ſamte Kette von der Schertrommel auf den Kettenbaum des Webſtuhls. Schlicht- oder Leimmaſchinen, anfangs unſeres Jahrhunderts von Radcliff, Roſt, Johnſon und Adam in Stockport erfunden, führen, wenn dieſe Arbeit erforderlich iſt, die Kette in der vollen Breite und Fadenzahl durch einen mit Stärkemaſſe oder Leimwaſſer angefüllten Trog, bürſten die naſſen Fäden glatt, trocknen ſie und bäumen die Kette alsdann. Man findet in Mittel- und Großwebereibetrieben in der Jetztzeit häufig ſog. kombinierte Syſteme, welche die vorberegten Arbeiten der Reihenfolge nach mechaniſch zur Ausführung bringen. Übrigens beſchäftigen ſich nicht nur Webereien mit der Kettenvorbereitung für ihren Eigenbedarf, ſondern üben dieſelbe auch wohl die Baumwoll- und Flachsſpinnereien aus, ſo daß man von dieſen gleich rohe oder gebleichte, geſcherte und geſchlichtete Ketten in Wickelform beziehen kann, welche man dann nur noch umzubäumen hat. So haben ſich denn auch dieſe für die Weberei wichtigen und notwendigen Operationen durch die Erfindung und Verbeſſerung der einſchlägigen Maſchinen dem heutigen Standpunkt der Weberei völlig angepaßt. Viel einfacher geſtaltet ſich die Hauptvorbereitung des Schuſſes. Er muß in eine Form gebracht werden, die geſtattet, ihn in das ge- öffnete Fach der Kette einzutragen. Man bedient ſich zum Durchwerfen des Schuſſes eines Werkzeuges, des Schützens, in welchen derſelbe in thunlichſt großer Menge eingebracht wird, und aus dem er ſich beim Verweben nach Bedürfnis abzieht. Zu dieſem Zweck muß er auf eine kleine hölzerne Spule, die Schußſpule, oder eine papierne Röhre gewickelt oder endlich als Schlauchknäuel geformt werden. Während 24*

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/389>, abgerufen am 22.11.2024.