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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die tierischen Farbstoffe.
Kaktusart, der Opuntia, welche in ihrer Heimat den Namen Nopal
führt. Da sich unter günstigen Witterungsverhältnissen innerhalb sechs
Wochen eine neue Generation der Cochenillelaus entwickelt, die Ver-
mehrung also ganz außerordentlich groß ist, so kann man in einem
Jahre drei- bis fünfmal ernten. Das Einsammeln der Tierchen ist
außerordentlich einfach; man fegt die Insekten mit einem Pinsel oder
anderen geeigneten Instrumenten von den Pflanzen herunter in Blech-
butten und tötet sie durch heißes Wasser, durch Trocknen an der Sonne
oder durch trockene Ofenhitze. Letzteres Verfahren liefert das beste
Produkt, da dabei der silbergraue Hauch, der auf den Läusen liegt und
in einer Wachsausschwitzung besteht, erhalten bleibt, während er bei
den anderen Tötungsmethoden verloren geht, so daß das Produkt dann
braunrot und unansehnlicher wird. Die Handelsware erscheint in
Form runzliger Körner. Man gewinnt die Farbe daraus, indem man
dieselben pulvert, und mit Wasser unter Zusatz von Alkalien (Ammoniak,
Soda u. dgl.) extrahiert. Die Cochenille giebt schöne, lebhafte, rote
Töne und wurde vor Einführung der Azofarben (s. später) in großen
Mengen verbraucht. Die Hauptländer für die Cochenillegewinnung
waren Mexiko, wo die Nopalpflanze und das Insekt heimisch sind --
ist doch die Nopalstaude sogar im mexikanischen Wappen vertreten --
ferner Guatemala und Honduras. Von dort aus sind der Nopal, und
mit ihm die Läuse, auch nach anderen Ländern verpflanzt und sogar
in Europa -- in Südspanien -- angebaut worden. Sogar in
Deutschland ist es gelungen, in Treibhäusern die Nopalstaude mit den
Insekten zu züchten, doch ist dies natürlich nur ein wissenschaftlich
interessanter Versuch, nicht aber ein Kulturverfahren für industrielle
Zwecke. Die Ausfuhr allein aus Mexiko belief sich früher auf etwa
440000 kg jährlich, was einer Zahl von etwa 62 Milliarden Schildläusen
entspricht. Das Färben mit Cochenille war bereits den Azteken be-
kannt; von ihnen lernten es die Spanier, welche die Farbe nach Europa
brachten, wo sie großen Anklang fand. Jetzt hat der Verbrauch außer-
ordentlich nachgelassen, und nur für wenige Zwecke, insbesondere für
Scharlachaufschläge an Uniformen, sowie zum Färben von Zuckerwaren
und für Schminken wird Cochenille verwendet, während sie im übrigen
durch die billigeren Anilinfarben verdrängt ist. Ganz ähnlich der
Cochenille war die Verwendung des Kermes, der aber weniger glänzende
Farben lieferte.

Außer dem Purpur und der Cochenille ist nur noch eine Farbe
zu nennen, die mit dem Tierreich in Verbindung steht, nämlich das
Indischgelb (jaune indienne oder puree genannt); es wird aus den
Exkrementen von Wiederkäuern in Indien und China gewonnen. Der
färbende Bestandteil dieser Farbe führt den Namen Euxanthinsäure.
Die Verwendung dieses Produktes ist nur eine beschränkte.

Die tieriſchen Farbſtoffe.
Kaktusart, der Opuntia, welche in ihrer Heimat den Namen Nopal
führt. Da ſich unter günſtigen Witterungsverhältniſſen innerhalb ſechs
Wochen eine neue Generation der Cochenillelaus entwickelt, die Ver-
mehrung alſo ganz außerordentlich groß iſt, ſo kann man in einem
Jahre drei- bis fünfmal ernten. Das Einſammeln der Tierchen iſt
außerordentlich einfach; man fegt die Inſekten mit einem Pinſel oder
anderen geeigneten Inſtrumenten von den Pflanzen herunter in Blech-
butten und tötet ſie durch heißes Waſſer, durch Trocknen an der Sonne
oder durch trockene Ofenhitze. Letzteres Verfahren liefert das beſte
Produkt, da dabei der ſilbergraue Hauch, der auf den Läuſen liegt und
in einer Wachsausſchwitzung beſteht, erhalten bleibt, während er bei
den anderen Tötungsmethoden verloren geht, ſo daß das Produkt dann
braunrot und unanſehnlicher wird. Die Handelsware erſcheint in
Form runzliger Körner. Man gewinnt die Farbe daraus, indem man
dieſelben pulvert, und mit Waſſer unter Zuſatz von Alkalien (Ammoniak,
Soda u. dgl.) extrahiert. Die Cochenille giebt ſchöne, lebhafte, rote
Töne und wurde vor Einführung der Azofarben (ſ. ſpäter) in großen
Mengen verbraucht. Die Hauptländer für die Cochenillegewinnung
waren Mexiko, wo die Nopalpflanze und das Inſekt heimiſch ſind —
iſt doch die Nopalſtaude ſogar im mexikaniſchen Wappen vertreten —
ferner Guatemala und Honduras. Von dort aus ſind der Nopal, und
mit ihm die Läuſe, auch nach anderen Ländern verpflanzt und ſogar
in Europa — in Südſpanien — angebaut worden. Sogar in
Deutſchland iſt es gelungen, in Treibhäuſern die Nopalſtaude mit den
Inſekten zu züchten, doch iſt dies natürlich nur ein wiſſenſchaftlich
intereſſanter Verſuch, nicht aber ein Kulturverfahren für induſtrielle
Zwecke. Die Ausfuhr allein aus Mexiko belief ſich früher auf etwa
440000 kg jährlich, was einer Zahl von etwa 62 Milliarden Schildläuſen
entſpricht. Das Färben mit Cochenille war bereits den Azteken be-
kannt; von ihnen lernten es die Spanier, welche die Farbe nach Europa
brachten, wo ſie großen Anklang fand. Jetzt hat der Verbrauch außer-
ordentlich nachgelaſſen, und nur für wenige Zwecke, insbeſondere für
Scharlachaufſchläge an Uniformen, ſowie zum Färben von Zuckerwaren
und für Schminken wird Cochenille verwendet, während ſie im übrigen
durch die billigeren Anilinfarben verdrängt iſt. Ganz ähnlich der
Cochenille war die Verwendung des Kermes, der aber weniger glänzende
Farben lieferte.

Außer dem Purpur und der Cochenille iſt nur noch eine Farbe
zu nennen, die mit dem Tierreich in Verbindung ſteht, nämlich das
Indiſchgelb (jaune indienne oder purée genannt); es wird aus den
Exkrementen von Wiederkäuern in Indien und China gewonnen. Der
färbende Beſtandteil dieſer Farbe führt den Namen Euxanthinſäure.
Die Verwendung dieſes Produktes iſt nur eine beſchränkte.

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[399/0417] Die tieriſchen Farbſtoffe. Kaktusart, der Opuntia, welche in ihrer Heimat den Namen Nopal führt. Da ſich unter günſtigen Witterungsverhältniſſen innerhalb ſechs Wochen eine neue Generation der Cochenillelaus entwickelt, die Ver- mehrung alſo ganz außerordentlich groß iſt, ſo kann man in einem Jahre drei- bis fünfmal ernten. Das Einſammeln der Tierchen iſt außerordentlich einfach; man fegt die Inſekten mit einem Pinſel oder anderen geeigneten Inſtrumenten von den Pflanzen herunter in Blech- butten und tötet ſie durch heißes Waſſer, durch Trocknen an der Sonne oder durch trockene Ofenhitze. Letzteres Verfahren liefert das beſte Produkt, da dabei der ſilbergraue Hauch, der auf den Läuſen liegt und in einer Wachsausſchwitzung beſteht, erhalten bleibt, während er bei den anderen Tötungsmethoden verloren geht, ſo daß das Produkt dann braunrot und unanſehnlicher wird. Die Handelsware erſcheint in Form runzliger Körner. Man gewinnt die Farbe daraus, indem man dieſelben pulvert, und mit Waſſer unter Zuſatz von Alkalien (Ammoniak, Soda u. dgl.) extrahiert. Die Cochenille giebt ſchöne, lebhafte, rote Töne und wurde vor Einführung der Azofarben (ſ. ſpäter) in großen Mengen verbraucht. Die Hauptländer für die Cochenillegewinnung waren Mexiko, wo die Nopalpflanze und das Inſekt heimiſch ſind — iſt doch die Nopalſtaude ſogar im mexikaniſchen Wappen vertreten — ferner Guatemala und Honduras. Von dort aus ſind der Nopal, und mit ihm die Läuſe, auch nach anderen Ländern verpflanzt und ſogar in Europa — in Südſpanien — angebaut worden. Sogar in Deutſchland iſt es gelungen, in Treibhäuſern die Nopalſtaude mit den Inſekten zu züchten, doch iſt dies natürlich nur ein wiſſenſchaftlich intereſſanter Verſuch, nicht aber ein Kulturverfahren für induſtrielle Zwecke. Die Ausfuhr allein aus Mexiko belief ſich früher auf etwa 440000 kg jährlich, was einer Zahl von etwa 62 Milliarden Schildläuſen entſpricht. Das Färben mit Cochenille war bereits den Azteken be- kannt; von ihnen lernten es die Spanier, welche die Farbe nach Europa brachten, wo ſie großen Anklang fand. Jetzt hat der Verbrauch außer- ordentlich nachgelaſſen, und nur für wenige Zwecke, insbeſondere für Scharlachaufſchläge an Uniformen, ſowie zum Färben von Zuckerwaren und für Schminken wird Cochenille verwendet, während ſie im übrigen durch die billigeren Anilinfarben verdrängt iſt. Ganz ähnlich der Cochenille war die Verwendung des Kermes, der aber weniger glänzende Farben lieferte. Außer dem Purpur und der Cochenille iſt nur noch eine Farbe zu nennen, die mit dem Tierreich in Verbindung ſteht, nämlich das Indiſchgelb (jaune indienne oder purée genannt); es wird aus den Exkrementen von Wiederkäuern in Indien und China gewonnen. Der färbende Beſtandteil dieſer Farbe führt den Namen Euxanthinſäure. Die Verwendung dieſes Produktes iſt nur eine beſchränkte.

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/417>, abgerufen am 22.11.2024.