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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Der Kaffee.
erscheint. Damit das Wasser dann beim Liegen an der Luft nicht
wieder zum Teile verdunstet, werden die Bohnen in dünne Schichten
von Glycerin, Palmöl oder Vaseline eingehüllt. Die Bestimmung des
spezifischen Gewichtes läßt auch hier mitunter die Fälschung erkennen,
ist aber für den Laien nicht ausführbar, weil das spezifische Gewicht
nur sehr wenig höher geworden ist und zwischen 0,65 bis 0,77 liegt.
Noch weniger kann der Laie die absolut sichere Erkennung der Fälschung,
nämlich die quantitative Wasserbestimmung, selbst ausführen, aber ein
äußeres Erkennungszeichen ist es immerhin, daß solche wasserhaltige
Bohnen weder so hart sind als reell geröstete, noch beim Zerbeißen
wie diese zwischen den Zähnen krachen; sie haben vielmehr eine mehr
elastische und hornartige Konsistenz angenommen.

Die am häufigsten angewendete Manipulation aber ist das Über-
ziehen des Kaffees während des Röstens mit Lösungen von Zucker und
ähnlichen Flüssigkeiten, wodurch ganz leicht eine Gewichtsvermehrung
von 8 bis 10 % erzielt werden kann. Wie so häufig, so ist auch in
diesem Falle die Fälschung aus einem ursprünglich gesunden Gedanken
hervorgegangen. Ursprünglich wollte man durch derartige Überzüge
das Verflüchten der aromatischen Bestandteile der gerösteten Kaffee-
bohne verhüten, was aber ganz unnötig ist, denn das geschieht bereits,
so weit es sich überhaupt ermöglichen läßt, durch das bei dem Rösten
hervortretende und die Bohne umhüllende vegetabilische Fett derselben.
Heute dient diese Manipulation nur noch dazu, den Konsumenten nach
verschiedenen Richtungen hin zu benachteiligen, denn derselbe bezahlt
nicht nur den zu wertlosem Karamel verbrannten Zucker mit dem hohen
Preise des Kaffees, sondern durch das "Glasieren", wie diese Mani-
pulation einschmeichelnd genannt wird, kann leicht eine geringere Qua-
lität des Kaffees verdeckt werden, wodurch es möglich wird, schlechtere
Kaffeesorten unter die besseren zu mischen. Der zum Glasieren des
Kaffees verwendete Zucker hat in dem "Röstsirup" schon einen Kon-
kurrenten erhalten; er wird bereits fabrikmäßig im großen dargestellt
und soll dem zu röstenden Kaffee in Mengen von 3 bis 25 % (!) zu-
gesetzt werden, je nachdem man matt bis schwarz glänzend gebrannten
Kaffee herstellen will. Dieser Röstsirup soll nun noch im Wasser und
zwar in dem doppelten bis vierfachen Quantum gelöst werden. Wenn
auch diese Mengen teils vor dem Rösten, teils während desselben zu-
gesetzt werden sollen, und -- wie besonders das hinzugesetzte Wasser --
zu einem Teile wieder verdunsten bezw. zu karamelähnlichen Substanzen
einbrennen, so ist doch die zurückbleibende Menge mehr als groß genug,
um eine bedeutende Gewichtsvermehrung zu veranlassen, und muß das
Verfahren somit eine grobe Fälschung genannt werden. Ferner dient ein
solcher Überzug häufig dazu, das Aussehen von nicht gar gebranntem Kaffee
zu verdecken und durch dieses Nichtgarbrennen wird wiederum ein Ge-
wichtsverlust auf unreelle Weise vermieden. Nun herrscht leider noch
bei sehr vielen Konsumenten die falsche Ansicht, daß ein Kaffee, der

Das Buch der Erfindungen. 34

Der Kaffee.
erſcheint. Damit das Waſſer dann beim Liegen an der Luft nicht
wieder zum Teile verdunſtet, werden die Bohnen in dünne Schichten
von Glycerin, Palmöl oder Vaſeline eingehüllt. Die Beſtimmung des
ſpezifiſchen Gewichtes läßt auch hier mitunter die Fälſchung erkennen,
iſt aber für den Laien nicht ausführbar, weil das ſpezifiſche Gewicht
nur ſehr wenig höher geworden iſt und zwiſchen 0,65 bis 0,77 liegt.
Noch weniger kann der Laie die abſolut ſichere Erkennung der Fälſchung,
nämlich die quantitative Waſſerbeſtimmung, ſelbſt ausführen, aber ein
äußeres Erkennungszeichen iſt es immerhin, daß ſolche waſſerhaltige
Bohnen weder ſo hart ſind als reell geröſtete, noch beim Zerbeißen
wie dieſe zwiſchen den Zähnen krachen; ſie haben vielmehr eine mehr
elaſtiſche und hornartige Konſiſtenz angenommen.

Die am häufigſten angewendete Manipulation aber iſt das Über-
ziehen des Kaffees während des Röſtens mit Löſungen von Zucker und
ähnlichen Flüſſigkeiten, wodurch ganz leicht eine Gewichtsvermehrung
von 8 bis 10 % erzielt werden kann. Wie ſo häufig, ſo iſt auch in
dieſem Falle die Fälſchung aus einem urſprünglich geſunden Gedanken
hervorgegangen. Urſprünglich wollte man durch derartige Überzüge
das Verflüchten der aromatiſchen Beſtandteile der geröſteten Kaffee-
bohne verhüten, was aber ganz unnötig iſt, denn das geſchieht bereits,
ſo weit es ſich überhaupt ermöglichen läßt, durch das bei dem Röſten
hervortretende und die Bohne umhüllende vegetabiliſche Fett derſelben.
Heute dient dieſe Manipulation nur noch dazu, den Konſumenten nach
verſchiedenen Richtungen hin zu benachteiligen, denn derſelbe bezahlt
nicht nur den zu wertloſem Karamel verbrannten Zucker mit dem hohen
Preiſe des Kaffees, ſondern durch das „Glaſieren“, wie dieſe Mani-
pulation einſchmeichelnd genannt wird, kann leicht eine geringere Qua-
lität des Kaffees verdeckt werden, wodurch es möglich wird, ſchlechtere
Kaffeeſorten unter die beſſeren zu miſchen. Der zum Glaſieren des
Kaffees verwendete Zucker hat in dem „Röſtſirup“ ſchon einen Kon-
kurrenten erhalten; er wird bereits fabrikmäßig im großen dargeſtellt
und ſoll dem zu röſtenden Kaffee in Mengen von 3 bis 25 % (!) zu-
geſetzt werden, je nachdem man matt bis ſchwarz glänzend gebrannten
Kaffee herſtellen will. Dieſer Röſtſirup ſoll nun noch im Waſſer und
zwar in dem doppelten bis vierfachen Quantum gelöſt werden. Wenn
auch dieſe Mengen teils vor dem Röſten, teils während desſelben zu-
geſetzt werden ſollen, und — wie beſonders das hinzugeſetzte Waſſer —
zu einem Teile wieder verdunſten bezw. zu karamelähnlichen Subſtanzen
einbrennen, ſo iſt doch die zurückbleibende Menge mehr als groß genug,
um eine bedeutende Gewichtsvermehrung zu veranlaſſen, und muß das
Verfahren ſomit eine grobe Fälſchung genannt werden. Ferner dient ein
ſolcher Überzug häufig dazu, das Ausſehen von nicht gar gebranntem Kaffee
zu verdecken und durch dieſes Nichtgarbrennen wird wiederum ein Ge-
wichtsverluſt auf unreelle Weiſe vermieden. Nun herrſcht leider noch
bei ſehr vielen Konſumenten die falſche Anſicht, daß ein Kaffee, der

Das Buch der Erfindungen. 34
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[529/0547] Der Kaffee. erſcheint. Damit das Waſſer dann beim Liegen an der Luft nicht wieder zum Teile verdunſtet, werden die Bohnen in dünne Schichten von Glycerin, Palmöl oder Vaſeline eingehüllt. Die Beſtimmung des ſpezifiſchen Gewichtes läßt auch hier mitunter die Fälſchung erkennen, iſt aber für den Laien nicht ausführbar, weil das ſpezifiſche Gewicht nur ſehr wenig höher geworden iſt und zwiſchen 0,65 bis 0,77 liegt. Noch weniger kann der Laie die abſolut ſichere Erkennung der Fälſchung, nämlich die quantitative Waſſerbeſtimmung, ſelbſt ausführen, aber ein äußeres Erkennungszeichen iſt es immerhin, daß ſolche waſſerhaltige Bohnen weder ſo hart ſind als reell geröſtete, noch beim Zerbeißen wie dieſe zwiſchen den Zähnen krachen; ſie haben vielmehr eine mehr elaſtiſche und hornartige Konſiſtenz angenommen. Die am häufigſten angewendete Manipulation aber iſt das Über- ziehen des Kaffees während des Röſtens mit Löſungen von Zucker und ähnlichen Flüſſigkeiten, wodurch ganz leicht eine Gewichtsvermehrung von 8 bis 10 % erzielt werden kann. Wie ſo häufig, ſo iſt auch in dieſem Falle die Fälſchung aus einem urſprünglich geſunden Gedanken hervorgegangen. Urſprünglich wollte man durch derartige Überzüge das Verflüchten der aromatiſchen Beſtandteile der geröſteten Kaffee- bohne verhüten, was aber ganz unnötig iſt, denn das geſchieht bereits, ſo weit es ſich überhaupt ermöglichen läßt, durch das bei dem Röſten hervortretende und die Bohne umhüllende vegetabiliſche Fett derſelben. Heute dient dieſe Manipulation nur noch dazu, den Konſumenten nach verſchiedenen Richtungen hin zu benachteiligen, denn derſelbe bezahlt nicht nur den zu wertloſem Karamel verbrannten Zucker mit dem hohen Preiſe des Kaffees, ſondern durch das „Glaſieren“, wie dieſe Mani- pulation einſchmeichelnd genannt wird, kann leicht eine geringere Qua- lität des Kaffees verdeckt werden, wodurch es möglich wird, ſchlechtere Kaffeeſorten unter die beſſeren zu miſchen. Der zum Glaſieren des Kaffees verwendete Zucker hat in dem „Röſtſirup“ ſchon einen Kon- kurrenten erhalten; er wird bereits fabrikmäßig im großen dargeſtellt und ſoll dem zu röſtenden Kaffee in Mengen von 3 bis 25 % (!) zu- geſetzt werden, je nachdem man matt bis ſchwarz glänzend gebrannten Kaffee herſtellen will. Dieſer Röſtſirup ſoll nun noch im Waſſer und zwar in dem doppelten bis vierfachen Quantum gelöſt werden. Wenn auch dieſe Mengen teils vor dem Röſten, teils während desſelben zu- geſetzt werden ſollen, und — wie beſonders das hinzugeſetzte Waſſer — zu einem Teile wieder verdunſten bezw. zu karamelähnlichen Subſtanzen einbrennen, ſo iſt doch die zurückbleibende Menge mehr als groß genug, um eine bedeutende Gewichtsvermehrung zu veranlaſſen, und muß das Verfahren ſomit eine grobe Fälſchung genannt werden. Ferner dient ein ſolcher Überzug häufig dazu, das Ausſehen von nicht gar gebranntem Kaffee zu verdecken und durch dieſes Nichtgarbrennen wird wiederum ein Ge- wichtsverluſt auf unreelle Weiſe vermieden. Nun herrſcht leider noch bei ſehr vielen Konſumenten die falſche Anſicht, daß ein Kaffee, der Das Buch der Erfindungen. 34

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/547>, abgerufen am 22.11.2024.