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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Pendeluhren.
einen mit ihm verbundenen Zeiger Minuten weisen soll, muß dann so
eingerichtet sein, daß es sich sechzig mal langsamer als das Hemmungsrad
bewegt. Hat der Trieb L dieses Rades fünf Zähne, so wird das
Rad K deren dreihundert haben müssen. Der Stundenzeiger soll sich
noch sechzig mal langsamer bewegen; er wird also an einem Rade
angebracht sein, das sechzig mal soviel Zeit für eine Umdrehung braucht
als das Minutenrad. Wenn es bei unseren Uhren so scheint, als ob
beide Zeiger sich um dieselbe Achse bewegen, so liegt das einfach daran,
daß hier zwei Radachsen in einander stecken, die eben jene beiden Zeiger
tragen, während die beiden auf diesen Achsen sitzenden Räder keine
unmittelbare Verbindung haben.

Ist das Gewicht stark gesunken, so muß die Uhr aufgezogen werden,
d. h. das Gewicht muß wieder genügend gehoben werden. Aber bei
der Verbindung aller Uhrteile sollten wir erwarten, daß wenn die
Walze zu diesem Zwecke bei a gedreht wird, alle Teile die rückläufige
Bewegung machen und so die Zeiger sehr schnell rückwärts auf eine
ganz falsche Zeit sich stellen müßten. Das muß vermieden werden,
und man bedient sich dazu des Gegen-
gesperres, welches noch außerdem be-
wirkt, daß auch während des Aufziehens
die Uhr regelmäßig weiter geht. Da
dasselbe ganz ähnlich auch in Taschen-
uhren verwendet wird, so geben wir
durch Fig. 29 eine Vorstellung davon.
In ihr bedeuten G das Walzenrad,
B1 die Walze, A und B zwei Räder,
die lose auf der Walze sitzen, die soge-
nannten Sperrräder. Die Zähne des
einen B sind durch den Haken r T am
Weitergehen verhindert, welcher in T
am Uhrgehäuse festsitzt. Die Zähne des
andern sind entgegengesetzt gerichtet, und
der Haken R läßt sie nicht weiterrücken.
Dieser ist an B befestigt. Das Rad B
schließlich ist mit dem Walzenrade durch

[Abbildung] Fig. 29.

Gegengesperre.

eine elastische Feder s s'; verbunden. So lange das Gewicht noch ab-
laufen kann, wird diese Feder immer durch den Zug des Gewichtes so
weit gespannt, bis Gleichgewicht eintritt. Während aber das Gewicht
aufgewunden wird, spannt sich die Feder in der anderen Richtung und
wirkt also in demselben Sinne wie das aufgezogene Gewicht; sie hält
also die Uhr während der kurzen Zeit, die das Aufziehen erfordert,
regelmäßig genug im Gange.

So oder ganz ähnlich haben wohl bereits die ersten Pendeluhren
ausgesehen, die vor mehr als zwei Jahrhunderten gebaut wurden.
Von den Veränderungen, die seitdem angebracht worden sind, wollen

Die Pendeluhren.
einen mit ihm verbundenen Zeiger Minuten weiſen ſoll, muß dann ſo
eingerichtet ſein, daß es ſich ſechzig mal langſamer als das Hemmungsrad
bewegt. Hat der Trieb L dieſes Rades fünf Zähne, ſo wird das
Rad K deren dreihundert haben müſſen. Der Stundenzeiger ſoll ſich
noch ſechzig mal langſamer bewegen; er wird alſo an einem Rade
angebracht ſein, das ſechzig mal ſoviel Zeit für eine Umdrehung braucht
als das Minutenrad. Wenn es bei unſeren Uhren ſo ſcheint, als ob
beide Zeiger ſich um dieſelbe Achſe bewegen, ſo liegt das einfach daran,
daß hier zwei Radachſen in einander ſtecken, die eben jene beiden Zeiger
tragen, während die beiden auf dieſen Achſen ſitzenden Räder keine
unmittelbare Verbindung haben.

Iſt das Gewicht ſtark geſunken, ſo muß die Uhr aufgezogen werden,
d. h. das Gewicht muß wieder genügend gehoben werden. Aber bei
der Verbindung aller Uhrteile ſollten wir erwarten, daß wenn die
Walze zu dieſem Zwecke bei α gedreht wird, alle Teile die rückläufige
Bewegung machen und ſo die Zeiger ſehr ſchnell rückwärts auf eine
ganz falſche Zeit ſich ſtellen müßten. Das muß vermieden werden,
und man bedient ſich dazu des Gegen-
geſperres, welches noch außerdem be-
wirkt, daß auch während des Aufziehens
die Uhr regelmäßig weiter geht. Da
dasſelbe ganz ähnlich auch in Taſchen-
uhren verwendet wird, ſo geben wir
durch Fig. 29 eine Vorſtellung davon.
In ihr bedeuten G das Walzenrad,
B1 die Walze, A und B zwei Räder,
die loſe auf der Walze ſitzen, die ſoge-
nannten Sperrräder. Die Zähne des
einen B ſind durch den Haken r T am
Weitergehen verhindert, welcher in T
am Uhrgehäuſe feſtſitzt. Die Zähne des
andern ſind entgegengeſetzt gerichtet, und
der Haken R läßt ſie nicht weiterrücken.
Dieſer iſt an B befeſtigt. Das Rad B
ſchließlich iſt mit dem Walzenrade durch

[Abbildung] Fig. 29.

Gegengeſperre.

eine elaſtiſche Feder s s'; verbunden. So lange das Gewicht noch ab-
laufen kann, wird dieſe Feder immer durch den Zug des Gewichtes ſo
weit geſpannt, bis Gleichgewicht eintritt. Während aber das Gewicht
aufgewunden wird, ſpannt ſich die Feder in der anderen Richtung und
wirkt alſo in demſelben Sinne wie das aufgezogene Gewicht; ſie hält
alſo die Uhr während der kurzen Zeit, die das Aufziehen erfordert,
regelmäßig genug im Gange.

So oder ganz ähnlich haben wohl bereits die erſten Pendeluhren
ausgeſehen, die vor mehr als zwei Jahrhunderten gebaut wurden.
Von den Veränderungen, die ſeitdem angebracht worden ſind, wollen

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[39/0057] Die Pendeluhren. einen mit ihm verbundenen Zeiger Minuten weiſen ſoll, muß dann ſo eingerichtet ſein, daß es ſich ſechzig mal langſamer als das Hemmungsrad bewegt. Hat der Trieb L dieſes Rades fünf Zähne, ſo wird das Rad K deren dreihundert haben müſſen. Der Stundenzeiger ſoll ſich noch ſechzig mal langſamer bewegen; er wird alſo an einem Rade angebracht ſein, das ſechzig mal ſoviel Zeit für eine Umdrehung braucht als das Minutenrad. Wenn es bei unſeren Uhren ſo ſcheint, als ob beide Zeiger ſich um dieſelbe Achſe bewegen, ſo liegt das einfach daran, daß hier zwei Radachſen in einander ſtecken, die eben jene beiden Zeiger tragen, während die beiden auf dieſen Achſen ſitzenden Räder keine unmittelbare Verbindung haben. Iſt das Gewicht ſtark geſunken, ſo muß die Uhr aufgezogen werden, d. h. das Gewicht muß wieder genügend gehoben werden. Aber bei der Verbindung aller Uhrteile ſollten wir erwarten, daß wenn die Walze zu dieſem Zwecke bei α gedreht wird, alle Teile die rückläufige Bewegung machen und ſo die Zeiger ſehr ſchnell rückwärts auf eine ganz falſche Zeit ſich ſtellen müßten. Das muß vermieden werden, und man bedient ſich dazu des Gegen- geſperres, welches noch außerdem be- wirkt, daß auch während des Aufziehens die Uhr regelmäßig weiter geht. Da dasſelbe ganz ähnlich auch in Taſchen- uhren verwendet wird, ſo geben wir durch Fig. 29 eine Vorſtellung davon. In ihr bedeuten G das Walzenrad, B1 die Walze, A und B zwei Räder, die loſe auf der Walze ſitzen, die ſoge- nannten Sperrräder. Die Zähne des einen B ſind durch den Haken r T am Weitergehen verhindert, welcher in T am Uhrgehäuſe feſtſitzt. Die Zähne des andern ſind entgegengeſetzt gerichtet, und der Haken R läßt ſie nicht weiterrücken. Dieſer iſt an B befeſtigt. Das Rad B ſchließlich iſt mit dem Walzenrade durch [Abbildung Fig. 29. Gegengeſperre.] eine elaſtiſche Feder s s'; verbunden. So lange das Gewicht noch ab- laufen kann, wird dieſe Feder immer durch den Zug des Gewichtes ſo weit geſpannt, bis Gleichgewicht eintritt. Während aber das Gewicht aufgewunden wird, ſpannt ſich die Feder in der anderen Richtung und wirkt alſo in demſelben Sinne wie das aufgezogene Gewicht; ſie hält alſo die Uhr während der kurzen Zeit, die das Aufziehen erfordert, regelmäßig genug im Gange. So oder ganz ähnlich haben wohl bereits die erſten Pendeluhren ausgeſehen, die vor mehr als zwei Jahrhunderten gebaut wurden. Von den Veränderungen, die ſeitdem angebracht worden ſind, wollen

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/57>, abgerufen am 21.11.2024.