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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Das Eisen.
Flamme und so dem Ofen die zur Erzielung der hohen Temperatur
notwendige Sauerstoffmenge zu. P ist die Gichtbrücke, von welcher aus
der Hochofen beschickt wird.

Für die im Innern des Ofens vorgehenden Prozesse können fünf
verschiedene Zonen mit nach unten zu steigenden Temperaturen unter-
schieden werden. In der Vorwärmezone (Fig. 338) wird die Beschickung
getrocknet und vorgewärmt; bei
400° C. gelangt sie in die Re-
duktionszone, wo das Eisenoxyd
durch das hier vorhandene Kohlen-
oxyd -- und Wasserstoffgas -- zu
metallischem Eisen reduziert wird.
In der Kohlungszone nimmt das
Eisen bei 1000 bis 1200° C. Kohlen-
stoff auf, und wird dadurch stahl-
haltig, um endlich in der Schmelz-
zone bei 1600 bis 1800° C. Roh-
eisen zu werden. In der Ver-
brennungszone trifft die eingeblasene
atmosphärische Luft auf den bei 2000
bis 2650° C. glühenden Kohlenstoff
und verbrennt ihn zu Kohlensäure.
Diese steigt nach oben und wird beim
Passieren der Schmelzzone durch die
in dieser glühende Kohle zu Kohlen-
oxyd reduziert, und dieses reduziert
wiederum in der Kohlungs- und
Reduktionszone das Eisenoxyd zu

[Abbildung] Fig. 338.

Schema eines Hochofens.

metallischem Eisen, indem es durch den Sauerstoff desselben wiederum
zu Kohlensäure oxydiert wird. Die gleichfalls hier reduzierend wirkenden
Kohlenwasserstoffgase bilden sich aus dem Kohlenstoff des Brennmaterials
und aus dem Wasserstoff der mit der Luft eingeführten Feuchtigkeit. Alle
anderen sich bildenden Verbrennungsgase entweichen durch die Gicht
als sog. Gicht- oder Hochofengase, welche aber nicht verloren gegeben
werden, sondern zum Erwärmen der Gebläseluft, zum Rösten der
Eisensteine etc. Verwendung finden.

Während sich nun auf der Sohle des Herdes das reduzierte, ge-
schmolzene Eisen ansammelt, wird es von der sich bildenden Schlacke
hautartig überzogen und dadurch gleichzeitig vor einer neuen Oxy-
dation durch die vom Gebläse zugeführte Luft geschützt. Nach been-
digtem Prozeß wird die Schlacke über dem Wallstein abgezogen und
schon ihre Farbe läßt erkennen, ob der Hochofenprozeß gut verlaufen
ist, bezw ob die Mischungsverhältnisse der Beschickung richtige waren.
Das Resultat ist um so besser, je weniger Eisenoxydul die Schlacke
enthält und in demselben Masse ist auch ihre Farbe heller. Das ge-

Das Eiſen.
Flamme und ſo dem Ofen die zur Erzielung der hohen Temperatur
notwendige Sauerſtoffmenge zu. P iſt die Gichtbrücke, von welcher aus
der Hochofen beſchickt wird.

Für die im Innern des Ofens vorgehenden Prozeſſe können fünf
verſchiedene Zonen mit nach unten zu ſteigenden Temperaturen unter-
ſchieden werden. In der Vorwärmezone (Fig. 338) wird die Beſchickung
getrocknet und vorgewärmt; bei
400° C. gelangt ſie in die Re-
duktionszone, wo das Eiſenoxyd
durch das hier vorhandene Kohlen-
oxyd — und Waſſerſtoffgas — zu
metalliſchem Eiſen reduziert wird.
In der Kohlungszone nimmt das
Eiſen bei 1000 bis 1200° C. Kohlen-
ſtoff auf, und wird dadurch ſtahl-
haltig, um endlich in der Schmelz-
zone bei 1600 bis 1800° C. Roh-
eiſen zu werden. In der Ver-
brennungszone trifft die eingeblaſene
atmoſphäriſche Luft auf den bei 2000
bis 2650° C. glühenden Kohlenſtoff
und verbrennt ihn zu Kohlenſäure.
Dieſe ſteigt nach oben und wird beim
Paſſieren der Schmelzzone durch die
in dieſer glühende Kohle zu Kohlen-
oxyd reduziert, und dieſes reduziert
wiederum in der Kohlungs- und
Reduktionszone das Eiſenoxyd zu

[Abbildung] Fig. 338.

Schema eines Hochofens.

metalliſchem Eiſen, indem es durch den Sauerſtoff desſelben wiederum
zu Kohlenſäure oxydiert wird. Die gleichfalls hier reduzierend wirkenden
Kohlenwaſſerſtoffgaſe bilden ſich aus dem Kohlenſtoff des Brennmaterials
und aus dem Waſſerſtoff der mit der Luft eingeführten Feuchtigkeit. Alle
anderen ſich bildenden Verbrennungsgaſe entweichen durch die Gicht
als ſog. Gicht- oder Hochofengaſe, welche aber nicht verloren gegeben
werden, ſondern zum Erwärmen der Gebläſeluft, zum Röſten der
Eiſenſteine ꝛc. Verwendung finden.

Während ſich nun auf der Sohle des Herdes das reduzierte, ge-
ſchmolzene Eiſen anſammelt, wird es von der ſich bildenden Schlacke
hautartig überzogen und dadurch gleichzeitig vor einer neuen Oxy-
dation durch die vom Gebläſe zugeführte Luft geſchützt. Nach been-
digtem Prozeß wird die Schlacke über dem Wallſtein abgezogen und
ſchon ihre Farbe läßt erkennen, ob der Hochofenprozeß gut verlaufen
iſt, bezw ob die Miſchungsverhältniſſe der Beſchickung richtige waren.
Das Reſultat iſt um ſo beſſer, je weniger Eiſenoxydul die Schlacke
enthält und in demſelben Maſſe iſt auch ihre Farbe heller. Das ge-

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[575/0593] Das Eiſen. Flamme und ſo dem Ofen die zur Erzielung der hohen Temperatur notwendige Sauerſtoffmenge zu. P iſt die Gichtbrücke, von welcher aus der Hochofen beſchickt wird. Für die im Innern des Ofens vorgehenden Prozeſſe können fünf verſchiedene Zonen mit nach unten zu ſteigenden Temperaturen unter- ſchieden werden. In der Vorwärmezone (Fig. 338) wird die Beſchickung getrocknet und vorgewärmt; bei 400° C. gelangt ſie in die Re- duktionszone, wo das Eiſenoxyd durch das hier vorhandene Kohlen- oxyd — und Waſſerſtoffgas — zu metalliſchem Eiſen reduziert wird. In der Kohlungszone nimmt das Eiſen bei 1000 bis 1200° C. Kohlen- ſtoff auf, und wird dadurch ſtahl- haltig, um endlich in der Schmelz- zone bei 1600 bis 1800° C. Roh- eiſen zu werden. In der Ver- brennungszone trifft die eingeblaſene atmoſphäriſche Luft auf den bei 2000 bis 2650° C. glühenden Kohlenſtoff und verbrennt ihn zu Kohlenſäure. Dieſe ſteigt nach oben und wird beim Paſſieren der Schmelzzone durch die in dieſer glühende Kohle zu Kohlen- oxyd reduziert, und dieſes reduziert wiederum in der Kohlungs- und Reduktionszone das Eiſenoxyd zu [Abbildung Fig. 338. Schema eines Hochofens.] metalliſchem Eiſen, indem es durch den Sauerſtoff desſelben wiederum zu Kohlenſäure oxydiert wird. Die gleichfalls hier reduzierend wirkenden Kohlenwaſſerſtoffgaſe bilden ſich aus dem Kohlenſtoff des Brennmaterials und aus dem Waſſerſtoff der mit der Luft eingeführten Feuchtigkeit. Alle anderen ſich bildenden Verbrennungsgaſe entweichen durch die Gicht als ſog. Gicht- oder Hochofengaſe, welche aber nicht verloren gegeben werden, ſondern zum Erwärmen der Gebläſeluft, zum Röſten der Eiſenſteine ꝛc. Verwendung finden. Während ſich nun auf der Sohle des Herdes das reduzierte, ge- ſchmolzene Eiſen anſammelt, wird es von der ſich bildenden Schlacke hautartig überzogen und dadurch gleichzeitig vor einer neuen Oxy- dation durch die vom Gebläſe zugeführte Luft geſchützt. Nach been- digtem Prozeß wird die Schlacke über dem Wallſtein abgezogen und ſchon ihre Farbe läßt erkennen, ob der Hochofenprozeß gut verlaufen iſt, bezw ob die Miſchungsverhältniſſe der Beſchickung richtige waren. Das Reſultat iſt um ſo beſſer, je weniger Eiſenoxydul die Schlacke enthält und in demſelben Maſſe iſt auch ihre Farbe heller. Das ge-

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/593>, abgerufen am 22.11.2024.