hat man also den Spindelgang gleichmäßig zu erhalten gesucht. Es wirken freilich auch Änderungen in der Temperatur auf die Zugkraft der Feder ein, und so wird die Gleichmäßigkeit der Uhrbewegung sich doch nicht genau aufrecht erhalten lassen. Zudem waren Spindeluhren auch oft reparaturbedürftig, weil z. B. durch die Schläge der Flügel gegen das Steigrad der eine Zapfen desselben das Lager, in dem er läuft, sehr schnell abnutzt.
Diese Gedanken mochten den Engländer Graham geleitet haben, als er 1720 die Cylinderhemmung ersann. Wir erblicken in der Fig. 34
[Abbildung]
Fig. 34.
Die Cylinderhemmung.
das eigentümlich gestaltete Steigrad -- hier Cylinderrad genannt -- und links davon den Cylinder. Dieser stellt nichts als die verlängerte Achse der Unruhe vor, die indessen nicht voll, sondern in ihrem mittleren Teile ausgehöhlt und noch außerdem auf besondere Art zugeschnitten ist, so daß in der Höhe, wo die Zähne des Steig- rads stehen, die eine Hälfte der Wand, darunter sogar ein noch größerer Teil weggenommen ist. Wenn die Uhr aufgezogen ist, so wird die Kraft der gespannten Feder sich durch Vermittelung der übrigen Räder auch dem Cylinderrade mitteilen, so daß es sich in der Richtung des Pfeiles drehen wird. Diese Drehung nun ist es, welche durch den Cylinder fortwährend gehemmt wird. Da dieser mit der Unruhe verbunden ist, so schwingt er bald nach rechts, bald nach links.
[Abbildung]
Fig. 35.
Gang der Cylinderuhr.
Dabei bringt er in der Stellung I das Steigrad zur Ruhe, beim Vorwärts- schwingen giebt er den ge- fangenen Zahn a in der Stellung II frei, so daß er bei III an die innere Wand des Cylinders an- prallen muß, um schließlich beim Rückwärtsschwingen des Balanciers in der Stellung IV aus seiner Zwangslage wieder be- freit zu werden (vergl. Fig. 35). Das Aufschlagen der Zähne auf die beiden Cylinderflächen giebt zugleich dem Balancier jedesmal einen kleinen Stoß, so daß derselbe seine Schwingungen fortzusetzen befähigt wird. Der Nachteil der Cylinderhemmung ist der, daß in den Ruhe- lagen I und III sich die Zähne zu sehr am Cylinder reiben, wodurch auch der Gang des Balanciers stark beeinflußt wird. Man muß
Erfindung der Zeitmeßapparate.
hat man alſo den Spindelgang gleichmäßig zu erhalten geſucht. Es wirken freilich auch Änderungen in der Temperatur auf die Zugkraft der Feder ein, und ſo wird die Gleichmäßigkeit der Uhrbewegung ſich doch nicht genau aufrecht erhalten laſſen. Zudem waren Spindeluhren auch oft reparaturbedürftig, weil z. B. durch die Schläge der Flügel gegen das Steigrad der eine Zapfen desſelben das Lager, in dem er läuft, ſehr ſchnell abnutzt.
Dieſe Gedanken mochten den Engländer Graham geleitet haben, als er 1720 die Cylinderhemmung erſann. Wir erblicken in der Fig. 34
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Fig. 34.
Die Cylinderhemmung.
das eigentümlich geſtaltete Steigrad — hier Cylinderrad genannt — und links davon den Cylinder. Dieſer ſtellt nichts als die verlängerte Achſe der Unruhe vor, die indeſſen nicht voll, ſondern in ihrem mittleren Teile ausgehöhlt und noch außerdem auf beſondere Art zugeſchnitten iſt, ſo daß in der Höhe, wo die Zähne des Steig- rads ſtehen, die eine Hälfte der Wand, darunter ſogar ein noch größerer Teil weggenommen iſt. Wenn die Uhr aufgezogen iſt, ſo wird die Kraft der geſpannten Feder ſich durch Vermittelung der übrigen Räder auch dem Cylinderrade mitteilen, ſo daß es ſich in der Richtung des Pfeiles drehen wird. Dieſe Drehung nun iſt es, welche durch den Cylinder fortwährend gehemmt wird. Da dieſer mit der Unruhe verbunden iſt, ſo ſchwingt er bald nach rechts, bald nach links.
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Fig. 35.
Gang der Cylinderuhr.
Dabei bringt er in der Stellung I das Steigrad zur Ruhe, beim Vorwärts- ſchwingen giebt er den ge- fangenen Zahn a in der Stellung II frei, ſo daß er bei III an die innere Wand des Cylinders an- prallen muß, um ſchließlich beim Rückwärtsſchwingen des Balanciers in der Stellung IV aus ſeiner Zwangslage wieder be- freit zu werden (vergl. Fig. 35). Das Aufſchlagen der Zähne auf die beiden Cylinderflächen giebt zugleich dem Balancier jedesmal einen kleinen Stoß, ſo daß derſelbe ſeine Schwingungen fortzuſetzen befähigt wird. Der Nachteil der Cylinderhemmung iſt der, daß in den Ruhe- lagen I und III ſich die Zähne zu ſehr am Cylinder reiben, wodurch auch der Gang des Balanciers ſtark beeinflußt wird. Man muß
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Erfindung der Zeitmeßapparate.
hat man alſo den Spindelgang gleichmäßig zu erhalten geſucht. Es
wirken freilich auch Änderungen in der Temperatur auf die Zugkraft
der Feder ein, und ſo wird die Gleichmäßigkeit der Uhrbewegung ſich
doch nicht genau aufrecht erhalten laſſen. Zudem waren Spindeluhren
auch oft reparaturbedürftig, weil z. B. durch die Schläge der Flügel
gegen das Steigrad der eine Zapfen desſelben das Lager, in dem er
läuft, ſehr ſchnell abnutzt.
Dieſe Gedanken mochten den Engländer Graham geleitet haben,
als er 1720 die Cylinderhemmung erſann. Wir erblicken in der Fig. 34
[Abbildung Fig. 34.
Die Cylinderhemmung.]
das eigentümlich geſtaltete Steigrad — hier
Cylinderrad genannt — und links davon den
Cylinder. Dieſer ſtellt nichts als die verlängerte
Achſe der Unruhe vor, die indeſſen nicht voll,
ſondern in ihrem mittleren Teile ausgehöhlt und
noch außerdem auf beſondere Art zugeſchnitten
iſt, ſo daß in der Höhe, wo die Zähne des Steig-
rads ſtehen, die eine Hälfte der Wand, darunter
ſogar ein noch größerer Teil weggenommen iſt.
Wenn die Uhr aufgezogen iſt, ſo wird die Kraft
der geſpannten Feder ſich durch Vermittelung der
übrigen Räder auch dem Cylinderrade mitteilen, ſo daß es ſich in der
Richtung des Pfeiles drehen wird. Dieſe Drehung nun iſt es, welche
durch den Cylinder fortwährend gehemmt wird. Da dieſer mit der
Unruhe verbunden iſt, ſo ſchwingt er bald nach rechts, bald nach links.
[Abbildung Fig. 35. Gang der Cylinderuhr.]
Dabei bringt er in der
Stellung I das Steigrad
zur Ruhe, beim Vorwärts-
ſchwingen giebt er den ge-
fangenen Zahn a in der
Stellung II frei, ſo daß
er bei III an die innere
Wand des Cylinders an-
prallen muß, um ſchließlich
beim Rückwärtsſchwingen
des Balanciers in der
Stellung IV aus ſeiner
Zwangslage wieder be-
freit zu werden (vergl.
Fig. 35). Das Aufſchlagen
der Zähne auf die beiden
Cylinderflächen giebt zugleich dem Balancier jedesmal einen kleinen
Stoß, ſo daß derſelbe ſeine Schwingungen fortzuſetzen befähigt wird.
Der Nachteil der Cylinderhemmung iſt der, daß in den Ruhe-
lagen I und III ſich die Zähne zu ſehr am Cylinder reiben, wodurch
auch der Gang des Balanciers ſtark beeinflußt wird. Man muß
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/64>, abgerufen am 16.02.2025.
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