15 cm hohen Ölschicht oder einer 30 cm hohen beständig flüssig er- haltenen Talgschicht bedeckt wird. David Smith in Newyork, geb. 1849, gab ein Verfahren an, dem fallenden Blei einen starken Luftstrom entgegen zu treiben, wodurch der Fall verlangsamt wird, so daß man die Fallhöhe um die Hälfte geringer wählen kann. Nachher wird das Schrot getrocknet, vom Ausschuß befreit, nach der Größe gesichtet und endlich poliert.
Eine noch viel größere Bedeutung wie der Schrotguß hat der Schriftguß in seinen verschiedenen Formen erlangt. Die einzelnen Teile, aus welchen die Formen zum Bücherdruck zusammengesetzt werden, bezeichnet man mit dem Namen Typen, oder wenn besonders von Buchstabentypen die Rede ist, so spricht man von Lettern; sie bestehen aus einer Mischung von Blei und Antimon, enthalten aber manchmal noch andere Zusätze. Die Anfertigung dieser Typen ist ziemlich verwickelt. Zunächst wird jeder Buchstabe und jedes Zeichen erhaben in Stahl geschnitten; von dieser Patrize, auch Stempel genannt, schlägt man in ein Kupferstück einen vertieften Abdruck, den Abschlag. Alsdann wird dieses Kupferstück, die Matrize, genau rechtwinklig befeilt und in eine aus messingenen, eisernen und hölzernen Bestandteilen zusammen- gesetzte Gießform hineingelegt. Die Gießform, Gießinstrument, ist so eingerichtet, daß sie durch bloßes Auswechseln einzelner Teile für Matrizen und Buchstaben jeder Größe passend gemacht werden kann. Alle Metallbestandteile sind in zwei hölzerne Schalen eingeschlossen, gamit die Hände des Gießers vor der Hitze geschützt seien; die Schalen dienen auch dazu, das Ganze augenblicklich in zwei Teile zu zerlegen, oder zusammenzusetzen. Das flüssige Schriftmetall wird durch einen hohen trichterartigen Kanal eingegossen, welcher auf dem beim Gusse nach oben gekehrten Fußende der Letter sein Ende findet. Bei der ungeheuren Wichtigkeit, welche der Schriftguß für das gesamte öffentliche Leben hat, kann es nicht Wunder nehmen, daß eine große Reihe von Erfindungen und Verbesserungen gerade auf diesem Gebiete gemacht wurden und noch gemacht werden. In seiner einfachsten Form geht der Schriftguß in der Weise vor sich, daß der Arbeiter das Gieß- instrument in seiner linken Hand hält, während er mit einem Löffel in seiner Rechten etwas Metall aus einem Kessel schöpft und in den Einguß so gießt, daß dieser sich ganz füllt. Durch eine eigentümlich schwingende Bewegung befördert er das Metall bis in die feinsten Linien der Matrize, öffnet dann die Form und läßt die frisch gegossene Type herausfallen. Durch einfaches Schließen ist die Form sofort zum weiteren Gebrauch wieder fertig. Diese ganze Reihe von Hand- griffen geht mit solcher Geschwindigkeit vor sich, daß ein geübter Arbeiter bei zehnstündiger Arbeitszeit gegen 4000 Lettern zu gießen vermag. Berte in England 1806 und Tarbe in Paris 1835 versuchten das Metall aus einem Rohr durch Öffnung eines Hahnes oder Ventils durch seine eigene Schwere in die Form hineinzutreiben, um das Löffel-
Die Metallverarbeitung.
15 cm hohen Ölſchicht oder einer 30 cm hohen beſtändig flüſſig er- haltenen Talgſchicht bedeckt wird. David Smith in Newyork, geb. 1849, gab ein Verfahren an, dem fallenden Blei einen ſtarken Luftſtrom entgegen zu treiben, wodurch der Fall verlangſamt wird, ſo daß man die Fallhöhe um die Hälfte geringer wählen kann. Nachher wird das Schrot getrocknet, vom Ausſchuß befreit, nach der Größe geſichtet und endlich poliert.
Eine noch viel größere Bedeutung wie der Schrotguß hat der Schriftguß in ſeinen verſchiedenen Formen erlangt. Die einzelnen Teile, aus welchen die Formen zum Bücherdruck zuſammengeſetzt werden, bezeichnet man mit dem Namen Typen, oder wenn beſonders von Buchſtabentypen die Rede iſt, ſo ſpricht man von Lettern; ſie beſtehen aus einer Miſchung von Blei und Antimon, enthalten aber manchmal noch andere Zuſätze. Die Anfertigung dieſer Typen iſt ziemlich verwickelt. Zunächſt wird jeder Buchſtabe und jedes Zeichen erhaben in Stahl geſchnitten; von dieſer Patrize, auch Stempel genannt, ſchlägt man in ein Kupferſtück einen vertieften Abdruck, den Abſchlag. Alsdann wird dieſes Kupferſtück, die Matrize, genau rechtwinklig befeilt und in eine aus meſſingenen, eiſernen und hölzernen Beſtandteilen zuſammen- geſetzte Gießform hineingelegt. Die Gießform, Gießinſtrument, iſt ſo eingerichtet, daß ſie durch bloßes Auswechſeln einzelner Teile für Matrizen und Buchſtaben jeder Größe paſſend gemacht werden kann. Alle Metallbeſtandteile ſind in zwei hölzerne Schalen eingeſchloſſen, gamit die Hände des Gießers vor der Hitze geſchützt ſeien; die Schalen dienen auch dazu, das Ganze augenblicklich in zwei Teile zu zerlegen, oder zuſammenzuſetzen. Das flüſſige Schriftmetall wird durch einen hohen trichterartigen Kanal eingegoſſen, welcher auf dem beim Guſſe nach oben gekehrten Fußende der Letter ſein Ende findet. Bei der ungeheuren Wichtigkeit, welche der Schriftguß für das geſamte öffentliche Leben hat, kann es nicht Wunder nehmen, daß eine große Reihe von Erfindungen und Verbeſſerungen gerade auf dieſem Gebiete gemacht wurden und noch gemacht werden. In ſeiner einfachſten Form geht der Schriftguß in der Weiſe vor ſich, daß der Arbeiter das Gieß- inſtrument in ſeiner linken Hand hält, während er mit einem Löffel in ſeiner Rechten etwas Metall aus einem Keſſel ſchöpft und in den Einguß ſo gießt, daß dieſer ſich ganz füllt. Durch eine eigentümlich ſchwingende Bewegung befördert er das Metall bis in die feinſten Linien der Matrize, öffnet dann die Form und läßt die friſch gegoſſene Type herausfallen. Durch einfaches Schließen iſt die Form ſofort zum weiteren Gebrauch wieder fertig. Dieſe ganze Reihe von Hand- griffen geht mit ſolcher Geſchwindigkeit vor ſich, daß ein geübter Arbeiter bei zehnſtündiger Arbeitszeit gegen 4000 Lettern zu gießen vermag. Berte in England 1806 und Tarbé in Paris 1835 verſuchten das Metall aus einem Rohr durch Öffnung eines Hahnes oder Ventils durch ſeine eigene Schwere in die Form hineinzutreiben, um das Löffel-
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Die Metallverarbeitung.
15 cm hohen Ölſchicht oder einer 30 cm hohen beſtändig flüſſig er-
haltenen Talgſchicht bedeckt wird. David Smith in Newyork, geb. 1849,
gab ein Verfahren an, dem fallenden Blei einen ſtarken Luftſtrom
entgegen zu treiben, wodurch der Fall verlangſamt wird, ſo daß man
die Fallhöhe um die Hälfte geringer wählen kann. Nachher wird das
Schrot getrocknet, vom Ausſchuß befreit, nach der Größe geſichtet und
endlich poliert.
Eine noch viel größere Bedeutung wie der Schrotguß hat
der Schriftguß in ſeinen verſchiedenen Formen erlangt. Die einzelnen
Teile, aus welchen die Formen zum Bücherdruck zuſammengeſetzt werden,
bezeichnet man mit dem Namen Typen, oder wenn beſonders von
Buchſtabentypen die Rede iſt, ſo ſpricht man von Lettern; ſie beſtehen
aus einer Miſchung von Blei und Antimon, enthalten aber manchmal
noch andere Zuſätze. Die Anfertigung dieſer Typen iſt ziemlich
verwickelt. Zunächſt wird jeder Buchſtabe und jedes Zeichen erhaben
in Stahl geſchnitten; von dieſer Patrize, auch Stempel genannt, ſchlägt
man in ein Kupferſtück einen vertieften Abdruck, den Abſchlag. Alsdann
wird dieſes Kupferſtück, die Matrize, genau rechtwinklig befeilt und in
eine aus meſſingenen, eiſernen und hölzernen Beſtandteilen zuſammen-
geſetzte Gießform hineingelegt. Die Gießform, Gießinſtrument, iſt ſo
eingerichtet, daß ſie durch bloßes Auswechſeln einzelner Teile für
Matrizen und Buchſtaben jeder Größe paſſend gemacht werden kann.
Alle Metallbeſtandteile ſind in zwei hölzerne Schalen eingeſchloſſen,
gamit die Hände des Gießers vor der Hitze geſchützt ſeien; die Schalen
dienen auch dazu, das Ganze augenblicklich in zwei Teile zu zerlegen,
oder zuſammenzuſetzen. Das flüſſige Schriftmetall wird durch einen
hohen trichterartigen Kanal eingegoſſen, welcher auf dem beim Guſſe
nach oben gekehrten Fußende der Letter ſein Ende findet. Bei der
ungeheuren Wichtigkeit, welche der Schriftguß für das geſamte öffentliche
Leben hat, kann es nicht Wunder nehmen, daß eine große Reihe von
Erfindungen und Verbeſſerungen gerade auf dieſem Gebiete gemacht
wurden und noch gemacht werden. In ſeiner einfachſten Form geht
der Schriftguß in der Weiſe vor ſich, daß der Arbeiter das Gieß-
inſtrument in ſeiner linken Hand hält, während er mit einem Löffel
in ſeiner Rechten etwas Metall aus einem Keſſel ſchöpft und in den
Einguß ſo gießt, daß dieſer ſich ganz füllt. Durch eine eigentümlich
ſchwingende Bewegung befördert er das Metall bis in die feinſten
Linien der Matrize, öffnet dann die Form und läßt die friſch gegoſſene
Type herausfallen. Durch einfaches Schließen iſt die Form ſofort
zum weiteren Gebrauch wieder fertig. Dieſe ganze Reihe von Hand-
griffen geht mit ſolcher Geſchwindigkeit vor ſich, daß ein geübter
Arbeiter bei zehnſtündiger Arbeitszeit gegen 4000 Lettern zu gießen
vermag. Berte in England 1806 und Tarbé in Paris 1835 verſuchten
das Metall aus einem Rohr durch Öffnung eines Hahnes oder Ventils
durch ſeine eigene Schwere in die Form hineinzutreiben, um das Löffel-
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 640. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/658>, abgerufen am 22.11.2024.
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