umgekehrt ist und mit einem Schirme aufgefangen werden kann, wird durch ein konvexes Okular, das ähnlich wie beim Mikroskop in ver- schiedenen Konstruktionen zur Anwendung kommt, betrachtet und ver-
[Abbildung]
Fig. 494.
Gang der Strahlen im Keplerschen Fernrohr.
größert. Wahrscheinlich ist das erste derartige Instrument von dem Jesuitenpater Scheiner 1613 gebaut worden, während der Kapuziner- mönch Schyrläus de Rheyta ein Mittel angab, um das Bild dieses Fernrohrs zu einem aufrechten zu machen. Er wandte nämlich als Okular zwei Linsen statt einer an, und der Gang der Strahlen ist jetzt
[Abbildung]
Fig. 495.
Gang der Strahlen im terrestrischen Fernrohr.
aus Fig. 495 ersichtlich. Dieses Fernrohr ist wegen der aufrechten Bilder für die Beobachtung in weite Fernen auf der Erde vorzüglich ge- eignet und führt den Namen des terrestrischen, d. h. Erdfernrohrs. Während eines Zeitraums von anderthalb Jahrhunderten wetteiferten die Künstler dieser Zeit, einer den andern durch die Größe der von ihnen gefertigten Werke zu übertreffen. Diejenigen von Campani in Rom, mit welchen Cassini, der Pariser Astronom, 1648 fünf Saturntrabanten sah, waren 11 bis 41 Meter lang, und Auzout konstruierte gar ein solches von 180 Meter Länge, obgleich man gar kein Mittel hatte, eine so ge- waltige Maschine auf den Himmel zu richten.
Uberlegen wir, von welchen Gesichtspunkten aus die Erbauer zur Herstellung solcher Fernrohrriesen gelangten. Natürlich liefert die Objektivlinse eines Keplerschen Fernrohrs, um das es sich handelt, viel mehr Licht, wenn sie recht groß ist; aber damit ist ein anderer Übelstand verbunden, den die Instrumentenbauer wohl bemerkten, ohne seinen inneren Grund klar einzusehen. Die älteren Optiker fanden nämlich, daß, wenn sie zu gleicher Zeit die Länge des Fernrohrs ver- größerten, der Fehler der sphärischen Abweichung weniger störend wurde, weil dabei die Linse weniger stark gekrümmt zu sein brauchte. Diese Abweichung ist freilich nicht der einzige Fehler, den die älteren Instrumente hatten, und daß dem so ist, ergiebt sich leicht aus der Vergleichung eines älteren Fernrohrs mit einem kleineren neuen. Das
Das Fernrohr.
umgekehrt iſt und mit einem Schirme aufgefangen werden kann, wird durch ein konvexes Okular, das ähnlich wie beim Mikroſkop in ver- ſchiedenen Konſtruktionen zur Anwendung kommt, betrachtet und ver-
[Abbildung]
Fig. 494.
Gang der Strahlen im Keplerſchen Fernrohr.
größert. Wahrſcheinlich iſt das erſte derartige Inſtrument von dem Jeſuitenpater Scheiner 1613 gebaut worden, während der Kapuziner- mönch Schyrläus de Rheyta ein Mittel angab, um das Bild dieſes Fernrohrs zu einem aufrechten zu machen. Er wandte nämlich als Okular zwei Linſen ſtatt einer an, und der Gang der Strahlen iſt jetzt
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Fig. 495.
Gang der Strahlen im terreſtriſchen Fernrohr.
aus Fig. 495 erſichtlich. Dieſes Fernrohr iſt wegen der aufrechten Bilder für die Beobachtung in weite Fernen auf der Erde vorzüglich ge- eignet und führt den Namen des terreſtriſchen, d. h. Erdfernrohrs. Während eines Zeitraums von anderthalb Jahrhunderten wetteiferten die Künſtler dieſer Zeit, einer den andern durch die Größe der von ihnen gefertigten Werke zu übertreffen. Diejenigen von Campani in Rom, mit welchen Caſſini, der Pariſer Aſtronom, 1648 fünf Saturntrabanten ſah, waren 11 bis 41 Meter lang, und Auzout konſtruierte gar ein ſolches von 180 Meter Länge, obgleich man gar kein Mittel hatte, eine ſo ge- waltige Maſchine auf den Himmel zu richten.
Uberlegen wir, von welchen Geſichtspunkten aus die Erbauer zur Herſtellung ſolcher Fernrohrrieſen gelangten. Natürlich liefert die Objektivlinſe eines Keplerſchen Fernrohrs, um das es ſich handelt, viel mehr Licht, wenn ſie recht groß iſt; aber damit iſt ein anderer Übelſtand verbunden, den die Inſtrumentenbauer wohl bemerkten, ohne ſeinen inneren Grund klar einzuſehen. Die älteren Optiker fanden nämlich, daß, wenn ſie zu gleicher Zeit die Länge des Fernrohrs ver- größerten, der Fehler der ſphäriſchen Abweichung weniger ſtörend wurde, weil dabei die Linſe weniger ſtark gekrümmt zu ſein brauchte. Dieſe Abweichung iſt freilich nicht der einzige Fehler, den die älteren Inſtrumente hatten, und daß dem ſo iſt, ergiebt ſich leicht aus der Vergleichung eines älteren Fernrohrs mit einem kleineren neuen. Das
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Das Fernrohr.
umgekehrt iſt und mit einem Schirme aufgefangen werden kann, wird
durch ein konvexes Okular, das ähnlich wie beim Mikroſkop in ver-
ſchiedenen Konſtruktionen zur Anwendung kommt, betrachtet und ver-
[Abbildung Fig. 494. Gang der Strahlen im Keplerſchen Fernrohr.]
größert. Wahrſcheinlich iſt das erſte derartige Inſtrument von dem
Jeſuitenpater Scheiner 1613 gebaut worden, während der Kapuziner-
mönch Schyrläus de Rheyta ein Mittel angab, um das Bild dieſes
Fernrohrs zu einem aufrechten zu machen. Er wandte nämlich als
Okular zwei Linſen ſtatt einer an, und der Gang der Strahlen iſt jetzt
[Abbildung Fig. 495. Gang der Strahlen im terreſtriſchen Fernrohr.]
aus Fig. 495 erſichtlich. Dieſes Fernrohr iſt wegen der aufrechten
Bilder für die Beobachtung in weite Fernen auf der Erde vorzüglich ge-
eignet und führt den Namen des terreſtriſchen, d. h. Erdfernrohrs. Während
eines Zeitraums von anderthalb Jahrhunderten wetteiferten die Künſtler
dieſer Zeit, einer den andern durch die Größe der von ihnen gefertigten
Werke zu übertreffen. Diejenigen von Campani in Rom, mit welchen
Caſſini, der Pariſer Aſtronom, 1648 fünf Saturntrabanten ſah, waren
11 bis 41 Meter lang, und Auzout konſtruierte gar ein ſolches von
180 Meter Länge, obgleich man gar kein Mittel hatte, eine ſo ge-
waltige Maſchine auf den Himmel zu richten.
Uberlegen wir, von welchen Geſichtspunkten aus die Erbauer zur
Herſtellung ſolcher Fernrohrrieſen gelangten. Natürlich liefert die
Objektivlinſe eines Keplerſchen Fernrohrs, um das es ſich handelt,
viel mehr Licht, wenn ſie recht groß iſt; aber damit iſt ein anderer
Übelſtand verbunden, den die Inſtrumentenbauer wohl bemerkten, ohne
ſeinen inneren Grund klar einzuſehen. Die älteren Optiker fanden
nämlich, daß, wenn ſie zu gleicher Zeit die Länge des Fernrohrs ver-
größerten, der Fehler der ſphäriſchen Abweichung weniger ſtörend
wurde, weil dabei die Linſe weniger ſtark gekrümmt zu ſein brauchte.
Dieſe Abweichung iſt freilich nicht der einzige Fehler, den die älteren
Inſtrumente hatten, und daß dem ſo iſt, ergiebt ſich leicht aus der
Vergleichung eines älteren Fernrohrs mit einem kleineren neuen. Das
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 909. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/927>, abgerufen am 24.11.2024.
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