Wirkungen. Wenn auch nicht gerade ein Springen der Linse durch jene Stöße zu befürchten war, so hätte doch ihre gleichmäßige Be- schaffenheit leiden können; denn wie starr auch immer ein Material erscheinen mag, es finden trotzdem Umlagerungen seiner kleinsten Teilchen statt, wenn sie fortwährend in demselben Sinne hin- und hergestoßen werden -- Änderungen, welche wieder elastische Nachwirkungen hervor- rufen, und damit die Bilder, auf deren Deutlichkeit doch alles ankommt, entstellen müssen. Gab man aber jenes Uhrwerk bei, so war man sicher, daß die Stöße fortwährend ihre Richtung wechselten, und somit konnte von einem Summieren derselben keine Rede sein.
Neuerdings haben -- um dies gleich zu erwähnen -- die Clarkes eine Linse von 1 m Durchmesser in Arbeit genommen; es ist dies eine von einem Paar, das für das große Fernrohr auf dem Wilson-Peak in der Sierra Madre bestimmt ist. Dort, in einer Seehöhe von 1900 m, in einer Entfernung von zwölf bis fünfzehn Meilen von Los Angeles, der südkalifornischen Universität, soll eine neue Sternwarte für diese errichtet werden. Das Glas ist in der Mitte 6 cm und am Rande 4 cm stark; der Glaswert der beiden nötigen rohen Scheiben stellt sich auf 10000 Dollar, und er ist bei zwei Hauptgesellschaften Bostons versichert worden. Wenn erst beide Linsen des Objektivs vollendet und gefaßt sein werden, so wird dieser Teil des großen Fernrohrs gegen 65000 Dollar kosten. Die Clarkes waren noch unschlüssig, ob sie die Scheiben in ihrer Werkstatt in Boston schleifen oder eine neue Werkstatt am Wilsonberge direkt für diesen Zweck errichten sollten. Sie würden so die beträchtlichen Kosten und Gefahren des Transports ersparen. Auch dieses Teleskop wird dann noch eine photographische Linse erhalten. Wenn dieses Fernrohr vollendet sein wird, so soll es eine Länge von 18 m haben, etwa dieselbe, wie das Lick-Teleskop. Das fertige Rohr soll 100000 Dollar kosten, während der Bau und die innere Einrichtung der Sternwarte für den drei- bis vierfachen Preis wird geschaffen werden können. Der Wilsonberg verspricht durch seine Lage dem neuen Instrumente noch größere Vorzüge als der Berg Hamilton dem seinigen. Hoffen wir, daß in der That die Luft dort oben an Beständigkeit so wenig zu wünschen übrig lasse, daß das neue Rohr zur Erweiterung der Himmelsherrschaft wesentlich beitrage.
Sollen jene großen Teleskope in den Händen des Himmelsforschers ihre Dienste leisten, so muß auch die Aufstellung ihre Handlichkeit so- wohl wie ihre Festigkeit voll garantieren. Die Geschichte dieser Fern- rohraufstellungen enthält viele interessante Einzelheiten, sie führt uns bei den geschicktesten Mechanikern und Maschinenbauern der letzten Jahrhunderte vorbei: hier begegnen wir Huyghens als dem Erfinder des Luftteleskops, und seinem Rivalen Robert Hook, wir finden Herschel mit der Aufgabe beschäftigt, sein 13 m langes Riesenfernrohr zu lenken, -- Lassels, Rosses und Commons gleichgerichtete Anstrengungen werden uns nicht entgehen, und wir sehen Sir Howard Grubb bei
Die optiſchen Inſtrumente.
Wirkungen. Wenn auch nicht gerade ein Springen der Linſe durch jene Stöße zu befürchten war, ſo hätte doch ihre gleichmäßige Be- ſchaffenheit leiden können; denn wie ſtarr auch immer ein Material erſcheinen mag, es finden trotzdem Umlagerungen ſeiner kleinſten Teilchen ſtatt, wenn ſie fortwährend in demſelben Sinne hin- und hergeſtoßen werden — Änderungen, welche wieder elaſtiſche Nachwirkungen hervor- rufen, und damit die Bilder, auf deren Deutlichkeit doch alles ankommt, entſtellen müſſen. Gab man aber jenes Uhrwerk bei, ſo war man ſicher, daß die Stöße fortwährend ihre Richtung wechſelten, und ſomit konnte von einem Summieren derſelben keine Rede ſein.
Neuerdings haben — um dies gleich zu erwähnen — die Clarkes eine Linſe von 1 m Durchmeſſer in Arbeit genommen; es iſt dies eine von einem Paar, das für das große Fernrohr auf dem Wilſon-Peak in der Sierra Madre beſtimmt iſt. Dort, in einer Seehöhe von 1900 m, in einer Entfernung von zwölf bis fünfzehn Meilen von Los Angeles, der ſüdkaliforniſchen Univerſität, ſoll eine neue Sternwarte für dieſe errichtet werden. Das Glas iſt in der Mitte 6 cm und am Rande 4 cm ſtark; der Glaswert der beiden nötigen rohen Scheiben ſtellt ſich auf 10000 Dollar, und er iſt bei zwei Hauptgeſellſchaften Boſtons verſichert worden. Wenn erſt beide Linſen des Objektivs vollendet und gefaßt ſein werden, ſo wird dieſer Teil des großen Fernrohrs gegen 65000 Dollar koſten. Die Clarkes waren noch unſchlüſſig, ob ſie die Scheiben in ihrer Werkſtatt in Boſton ſchleifen oder eine neue Werkſtatt am Wilſonberge direkt für dieſen Zweck errichten ſollten. Sie würden ſo die beträchtlichen Koſten und Gefahren des Transports erſparen. Auch dieſes Teleſkop wird dann noch eine photographiſche Linſe erhalten. Wenn dieſes Fernrohr vollendet ſein wird, ſo ſoll es eine Länge von 18 m haben, etwa dieſelbe, wie das Lick-Teleſkop. Das fertige Rohr ſoll 100000 Dollar koſten, während der Bau und die innere Einrichtung der Sternwarte für den drei- bis vierfachen Preis wird geſchaffen werden können. Der Wilſonberg verſpricht durch ſeine Lage dem neuen Inſtrumente noch größere Vorzüge als der Berg Hamilton dem ſeinigen. Hoffen wir, daß in der That die Luft dort oben an Beſtändigkeit ſo wenig zu wünſchen übrig laſſe, daß das neue Rohr zur Erweiterung der Himmelsherrſchaft weſentlich beitrage.
Sollen jene großen Teleſkope in den Händen des Himmelsforſchers ihre Dienſte leiſten, ſo muß auch die Aufſtellung ihre Handlichkeit ſo- wohl wie ihre Feſtigkeit voll garantieren. Die Geſchichte dieſer Fern- rohraufſtellungen enthält viele intereſſante Einzelheiten, ſie führt uns bei den geſchickteſten Mechanikern und Maſchinenbauern der letzten Jahrhunderte vorbei: hier begegnen wir Huyghens als dem Erfinder des Luftteleſkops, und ſeinem Rivalen Robert Hook, wir finden Herſchel mit der Aufgabe beſchäftigt, ſein 13 m langes Rieſenfernrohr zu lenken, — Laſſels, Roſſes und Commons gleichgerichtete Anſtrengungen werden uns nicht entgehen, und wir ſehen Sir Howard Grubb bei
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Die optiſchen Inſtrumente.
Wirkungen. Wenn auch nicht gerade ein Springen der Linſe durch
jene Stöße zu befürchten war, ſo hätte doch ihre gleichmäßige Be-
ſchaffenheit leiden können; denn wie ſtarr auch immer ein Material
erſcheinen mag, es finden trotzdem Umlagerungen ſeiner kleinſten Teilchen
ſtatt, wenn ſie fortwährend in demſelben Sinne hin- und hergeſtoßen
werden — Änderungen, welche wieder elaſtiſche Nachwirkungen hervor-
rufen, und damit die Bilder, auf deren Deutlichkeit doch alles ankommt,
entſtellen müſſen. Gab man aber jenes Uhrwerk bei, ſo war man
ſicher, daß die Stöße fortwährend ihre Richtung wechſelten, und ſomit
konnte von einem Summieren derſelben keine Rede ſein.
Neuerdings haben — um dies gleich zu erwähnen — die Clarkes
eine Linſe von 1 m Durchmeſſer in Arbeit genommen; es iſt dies eine
von einem Paar, das für das große Fernrohr auf dem Wilſon-Peak
in der Sierra Madre beſtimmt iſt. Dort, in einer Seehöhe von 1900 m,
in einer Entfernung von zwölf bis fünfzehn Meilen von Los Angeles,
der ſüdkaliforniſchen Univerſität, ſoll eine neue Sternwarte für dieſe
errichtet werden. Das Glas iſt in der Mitte 6 cm und am Rande
4 cm ſtark; der Glaswert der beiden nötigen rohen Scheiben ſtellt ſich
auf 10000 Dollar, und er iſt bei zwei Hauptgeſellſchaften Boſtons
verſichert worden. Wenn erſt beide Linſen des Objektivs vollendet
und gefaßt ſein werden, ſo wird dieſer Teil des großen Fernrohrs
gegen 65000 Dollar koſten. Die Clarkes waren noch unſchlüſſig, ob
ſie die Scheiben in ihrer Werkſtatt in Boſton ſchleifen oder eine neue
Werkſtatt am Wilſonberge direkt für dieſen Zweck errichten ſollten. Sie
würden ſo die beträchtlichen Koſten und Gefahren des Transports
erſparen. Auch dieſes Teleſkop wird dann noch eine photographiſche
Linſe erhalten. Wenn dieſes Fernrohr vollendet ſein wird, ſo ſoll es
eine Länge von 18 m haben, etwa dieſelbe, wie das Lick-Teleſkop.
Das fertige Rohr ſoll 100000 Dollar koſten, während der Bau und
die innere Einrichtung der Sternwarte für den drei- bis vierfachen
Preis wird geſchaffen werden können. Der Wilſonberg verſpricht durch
ſeine Lage dem neuen Inſtrumente noch größere Vorzüge als der Berg
Hamilton dem ſeinigen. Hoffen wir, daß in der That die Luft dort
oben an Beſtändigkeit ſo wenig zu wünſchen übrig laſſe, daß das neue
Rohr zur Erweiterung der Himmelsherrſchaft weſentlich beitrage.
Sollen jene großen Teleſkope in den Händen des Himmelsforſchers
ihre Dienſte leiſten, ſo muß auch die Aufſtellung ihre Handlichkeit ſo-
wohl wie ihre Feſtigkeit voll garantieren. Die Geſchichte dieſer Fern-
rohraufſtellungen enthält viele intereſſante Einzelheiten, ſie führt uns
bei den geſchickteſten Mechanikern und Maſchinenbauern der letzten
Jahrhunderte vorbei: hier begegnen wir Huyghens als dem Erfinder
des Luftteleſkops, und ſeinem Rivalen Robert Hook, wir finden
Herſchel mit der Aufgabe beſchäftigt, ſein 13 m langes Rieſenfernrohr
zu lenken, — Laſſels, Roſſes und Commons gleichgerichtete Anſtrengungen
werden uns nicht entgehen, und wir ſehen Sir Howard Grubb bei
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 916. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/934>, abgerufen am 24.11.2024.
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