großen Rotationspressen sogenanntes endloses Papier, d. h. große Ballen, von denen das Papier abrollt, durch die Maschine läuft und erst nach dem Druck in Bogen zerschnitten wird.
Bei der Handpresse wird die Form auf den sogenannten Karren gelegt, eine Einrichtung, auf der die Form unter den "Tiegel", das ist die Druckplatte der Presse, gefahren werden kann, während sie vor der Presse genug Raum bietet, um dort die Druckform mit der "Auftrag- walze", die die Farbe enthält, einzuschwärzen. Ist dies geschehen, so wird zunächst Postpapier darüber gelegt, der Karren unter den Tiegel gefahren und dieser mit einem Schrauben- oder Hebelwerk -- bis in das 18. Jahrhundert hinein bestand dies aus einer einfachen gewöhn- lichen hölzernen Schraube, die mit dem oben daran befindlichen Quer- holz hinabgedreht wurde -- an die Form gedrückt. Durch feine Spitzen, die "Punkturspitzen", entstehen an mehreren Stellen feine Punktur- löcher im Papier, damit man seine Lage genau wieder von neuem her- stellen kann. Nun werden einige ganz dünne Bogen ebenso bedruckt und diese an den Stellen, wo der Druck zu schwach geworden ist, aus- geschnitten. Diese Ausschnitte werden an der genau entsprechenden Stelle auf das Postpapier geklebt, während dieses selbst an denjenigen Stellen, wo der Druck zu stark geworden ist, ausgeschnitten wird. Der so "zugerichtete" Bogen wird unter die Typen gelegt, wodurch dann diese Unterschiede beseitigt werden. Nach einigen blinden Drucken, ohne Farbe, die gemacht werden, damit das Zurichtepapier sich setze wie man sagt, wird nun ein Bogen auf die Form gelegt, bedruckt, abgenommen, ein neuer aufgelegt und so fort. Da der Bogen auf beiden Seiten bedruckt werden muß, verfährt man entweder so, daß man erst hintereinander die erste Seite, den sogenannten Schöndruck druckt, dann mit derselben Presse von einer anderen Form die andere Seite, den Wiederdruck, oder man druckt mit zwei Pressen gleichzeitig auf der einen den Schön-, auf der andern den Wiederdruck. Ist das Papier bedruckt, so muß es noch satiniert werden, damit es die beim Befeuchten meist verloren gegangene Glätte wiedererhalte, und damit die Buchstaben nicht hervorstehen. Es kommt der Druckbogen zu diesem Zweck in einen sogenannten Doppelkalander, einen ähnlichen Apparat, wie solcher in dem Artikel "Erfindung des Papiers" auf Seite 931 beschrieben ist. Das Papier geht dabei durch je ein Paar eng aneinander schließender Walzen von hartem Stahl und von fester, aber doch elastischer Papiermasse hindurch.
Ist nun auch das Prinzip der "Presse", das Gutenberg zum Druck anwandte, bis heute fast dasselbe geblieben, so sind doch in der Form, Brauchbarkeit und Leistungsfähigkeit der Druckpresse gewaltige Ver- änderungen und Fortschritte in den letzten hundert Jahren eingetreten. An die Stelle der alten, einfachen hölzernen Tiegeldruckpresse, mit der Jahrhunderte hindurch die Druckwerke und zwar oft in vorzüglicher Ausführung hergestellt waren, trat Ende des vorigen Jahrhunderts die
Die vervielfältigenden Künſte.
großen Rotationspreſſen ſogenanntes endloſes Papier, d. h. große Ballen, von denen das Papier abrollt, durch die Maſchine läuft und erſt nach dem Druck in Bogen zerſchnitten wird.
Bei der Handpreſſe wird die Form auf den ſogenannten Karren gelegt, eine Einrichtung, auf der die Form unter den „Tiegel“, das iſt die Druckplatte der Preſſe, gefahren werden kann, während ſie vor der Preſſe genug Raum bietet, um dort die Druckform mit der „Auftrag- walze“, die die Farbe enthält, einzuſchwärzen. Iſt dies geſchehen, ſo wird zunächſt Poſtpapier darüber gelegt, der Karren unter den Tiegel gefahren und dieſer mit einem Schrauben- oder Hebelwerk — bis in das 18. Jahrhundert hinein beſtand dies aus einer einfachen gewöhn- lichen hölzernen Schraube, die mit dem oben daran befindlichen Quer- holz hinabgedreht wurde — an die Form gedrückt. Durch feine Spitzen, die „Punkturſpitzen“, entſtehen an mehreren Stellen feine Punktur- löcher im Papier, damit man ſeine Lage genau wieder von neuem her- ſtellen kann. Nun werden einige ganz dünne Bogen ebenſo bedruckt und dieſe an den Stellen, wo der Druck zu ſchwach geworden iſt, aus- geſchnitten. Dieſe Ausſchnitte werden an der genau entſprechenden Stelle auf das Poſtpapier geklebt, während dieſes ſelbſt an denjenigen Stellen, wo der Druck zu ſtark geworden iſt, ausgeſchnitten wird. Der ſo „zugerichtete“ Bogen wird unter die Typen gelegt, wodurch dann dieſe Unterſchiede beſeitigt werden. Nach einigen blinden Drucken, ohne Farbe, die gemacht werden, damit das Zurichtepapier ſich ſetze wie man ſagt, wird nun ein Bogen auf die Form gelegt, bedruckt, abgenommen, ein neuer aufgelegt und ſo fort. Da der Bogen auf beiden Seiten bedruckt werden muß, verfährt man entweder ſo, daß man erſt hintereinander die erſte Seite, den ſogenannten Schöndruck druckt, dann mit derſelben Preſſe von einer anderen Form die andere Seite, den Wiederdruck, oder man druckt mit zwei Preſſen gleichzeitig auf der einen den Schön-, auf der andern den Wiederdruck. Iſt das Papier bedruckt, ſo muß es noch ſatiniert werden, damit es die beim Befeuchten meiſt verloren gegangene Glätte wiedererhalte, und damit die Buchſtaben nicht hervorſtehen. Es kommt der Druckbogen zu dieſem Zweck in einen ſogenannten Doppelkalander, einen ähnlichen Apparat, wie ſolcher in dem Artikel „Erfindung des Papiers“ auf Seite 931 beſchrieben iſt. Das Papier geht dabei durch je ein Paar eng aneinander ſchließender Walzen von hartem Stahl und von feſter, aber doch elaſtiſcher Papiermaſſe hindurch.
Iſt nun auch das Prinzip der „Preſſe“, das Gutenberg zum Druck anwandte, bis heute faſt dasſelbe geblieben, ſo ſind doch in der Form, Brauchbarkeit und Leiſtungsfähigkeit der Druckpreſſe gewaltige Ver- änderungen und Fortſchritte in den letzten hundert Jahren eingetreten. An die Stelle der alten, einfachen hölzernen Tiegeldruckpreſſe, mit der Jahrhunderte hindurch die Druckwerke und zwar oft in vorzüglicher Ausführung hergeſtellt waren, trat Ende des vorigen Jahrhunderts die
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Die vervielfältigenden Künſte.
großen Rotationspreſſen ſogenanntes endloſes Papier, d. h. große
Ballen, von denen das Papier abrollt, durch die Maſchine läuft und
erſt nach dem Druck in Bogen zerſchnitten wird.
Bei der Handpreſſe wird die Form auf den ſogenannten Karren
gelegt, eine Einrichtung, auf der die Form unter den „Tiegel“, das iſt
die Druckplatte der Preſſe, gefahren werden kann, während ſie vor der
Preſſe genug Raum bietet, um dort die Druckform mit der „Auftrag-
walze“, die die Farbe enthält, einzuſchwärzen. Iſt dies geſchehen, ſo
wird zunächſt Poſtpapier darüber gelegt, der Karren unter den Tiegel
gefahren und dieſer mit einem Schrauben- oder Hebelwerk — bis in
das 18. Jahrhundert hinein beſtand dies aus einer einfachen gewöhn-
lichen hölzernen Schraube, die mit dem oben daran befindlichen Quer-
holz hinabgedreht wurde — an die Form gedrückt. Durch feine
Spitzen, die „Punkturſpitzen“, entſtehen an mehreren Stellen feine Punktur-
löcher im Papier, damit man ſeine Lage genau wieder von neuem her-
ſtellen kann. Nun werden einige ganz dünne Bogen ebenſo bedruckt
und dieſe an den Stellen, wo der Druck zu ſchwach geworden iſt, aus-
geſchnitten. Dieſe Ausſchnitte werden an der genau entſprechenden
Stelle auf das Poſtpapier geklebt, während dieſes ſelbſt an denjenigen
Stellen, wo der Druck zu ſtark geworden iſt, ausgeſchnitten wird. Der
ſo „zugerichtete“ Bogen wird unter die Typen gelegt, wodurch dann
dieſe Unterſchiede beſeitigt werden. Nach einigen blinden Drucken,
ohne Farbe, die gemacht werden, damit das Zurichtepapier ſich ſetze
wie man ſagt, wird nun ein Bogen auf die Form gelegt, bedruckt,
abgenommen, ein neuer aufgelegt und ſo fort. Da der Bogen auf
beiden Seiten bedruckt werden muß, verfährt man entweder ſo, daß
man erſt hintereinander die erſte Seite, den ſogenannten Schöndruck
druckt, dann mit derſelben Preſſe von einer anderen Form die andere
Seite, den Wiederdruck, oder man druckt mit zwei Preſſen gleichzeitig
auf der einen den Schön-, auf der andern den Wiederdruck. Iſt das
Papier bedruckt, ſo muß es noch ſatiniert werden, damit es die beim
Befeuchten meiſt verloren gegangene Glätte wiedererhalte, und damit die
Buchſtaben nicht hervorſtehen. Es kommt der Druckbogen zu dieſem
Zweck in einen ſogenannten Doppelkalander, einen ähnlichen Apparat,
wie ſolcher in dem Artikel „Erfindung des Papiers“ auf Seite 931
beſchrieben iſt. Das Papier geht dabei durch je ein Paar eng
aneinander ſchließender Walzen von hartem Stahl und von feſter, aber
doch elaſtiſcher Papiermaſſe hindurch.
Iſt nun auch das Prinzip der „Preſſe“, das Gutenberg zum Druck
anwandte, bis heute faſt dasſelbe geblieben, ſo ſind doch in der Form,
Brauchbarkeit und Leiſtungsfähigkeit der Druckpreſſe gewaltige Ver-
änderungen und Fortſchritte in den letzten hundert Jahren eingetreten.
An die Stelle der alten, einfachen hölzernen Tiegeldruckpreſſe, mit der
Jahrhunderte hindurch die Druckwerke und zwar oft in vorzüglicher
Ausführung hergeſtellt waren, trat Ende des vorigen Jahrhunderts die
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 960. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/978>, abgerufen am 22.11.2024.
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