Man müste ganze Jahre haben, wenn man alles durchse- hen wollte. Ich lies mir aus allen Fächern welche zei- gen, und zwar: I)Aus den Griechischen,N. 2712. Codex Membranaceus, nondum collatus, ausm 13. Jahrh. wo Aristoph. Eurip. und Sophoc. enthal- ten waren. Das Pergament ist dick, aber nicht schön. Desto besser ist die Schwärze, deren Dauerhaftigkeit man bewundern muß. Zwischen dem Texte und am Rande waren Noten mit einer rothen Dinte. Es war meist leicht zu lesen, doch kamen viele Abbreviaturen vor. II) N. XVII. Codex membran. vom Alt. Test. Montfaucon in s. Palaeogr Libr. III. p. 186. sagt von ihm; er sei der älteste, den wir haben. Er ist ganz caractere quadrato geschrieben. Ich konnte auch überall darin lesen. Es war eine Version von den LXX. Ich sah auch noch einen würklich hebräischen Codex in kl. Fol. Vermuthlich ist er am Ende des 10ten oder am Anfang des 11ten Jahrh. geschrieben. So was herrliches gibts wohl in Sachen von der Art nicht viel mehr in der Welt. Er ist auf Pergament, und so schön geschrieben, daß man glauben sollte, er sei gedruckt, die Karaktere sind gar schön, und in einer vortreflichen Proportion. Man vermuthet mit Recht, daß er für rei- che Juden, für einen Mann vom ersten Range geschrie- ben worden, vermuthlich für den Rabbi Samuel Levi, der damahls das Haupt der Nation und geheimer (nach einer beiliegenden Nachricht) Staatssekretär beim Könige von Granada war. Die Genauigkeit des Kopisten ging so weit, daß die kleinen Punkte und Accente mit einer viel schwärzern Dinte geschrieben sind, als die an- dern Karaktere, damit man sich im Lesen mit dem Text nicht confundire. Scheint es nicht, daß sich der richtige
Gedanke,
Man muͤſte ganze Jahre haben, wenn man alles durchſe- hen wollte. Ich lies mir aus allen Faͤchern welche zei- gen, und zwar: I)Aus den Griechiſchen,N. 2712. Codex Membranaceus, nondum collatus, ausm 13. Jahrh. wo Ariſtoph. Eurip. und Sophoc. enthal- ten waren. Das Pergament iſt dick, aber nicht ſchoͤn. Deſto beſſer iſt die Schwaͤrze, deren Dauerhaftigkeit man bewundern muß. Zwiſchen dem Texte und am Rande waren Noten mit einer rothen Dinte. Es war meiſt leicht zu leſen, doch kamen viele Abbreviaturen vor. II) N. XVII. Codex membran. vom Alt. Teſt. Montfaucon in ſ. Palaeogr Libr. III. p. 186. ſagt von ihm; er ſei der aͤlteſte, den wir haben. Er iſt ganz caractere quadrato geſchrieben. Ich konnte auch uͤberall darin leſen. Es war eine Verſion von den LXX. Ich ſah auch noch einen wuͤrklich hebraͤiſchen Codex in kl. Fol. Vermuthlich iſt er am Ende des 10ten oder am Anfang des 11ten Jahrh. geſchrieben. So was herrliches gibts wohl in Sachen von der Art nicht viel mehr in der Welt. Er iſt auf Pergament, und ſo ſchoͤn geſchrieben, daß man glauben ſollte, er ſei gedruckt, die Karaktere ſind gar ſchoͤn, und in einer vortreflichen Proportion. Man vermuthet mit Recht, daß er fuͤr rei- che Juden, fuͤr einen Mann vom erſten Range geſchrie- ben worden, vermuthlich fuͤr den Rabbi Samuel Levi, der damahls das Haupt der Nation und geheimer (nach einer beiliegenden Nachricht) Staatsſekretaͤr beim Koͤnige von Granada war. Die Genauigkeit des Kopiſten ging ſo weit, daß die kleinen Punkte und Accente mit einer viel ſchwaͤrzern Dinte geſchrieben ſind, als die an- dern Karaktere, damit man ſich im Leſen mit dem Text nicht confundire. Scheint es nicht, daß ſich der richtige
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Man muͤſte ganze Jahre haben, wenn man alles durchſe-
hen wollte. Ich lies mir aus allen Faͤchern welche zei-
gen, und zwar: I) Aus den Griechiſchen, N. 2712.
Codex Membranaceus, nondum collatus, ausm
13. Jahrh. wo Ariſtoph. Eurip. und Sophoc. enthal-
ten waren. Das Pergament iſt dick, aber nicht ſchoͤn.
Deſto beſſer iſt die Schwaͤrze, deren Dauerhaftigkeit man
bewundern muß. Zwiſchen dem Texte und am Rande
waren Noten mit einer rothen Dinte. Es war meiſt
leicht zu leſen, doch kamen viele Abbreviaturen vor. II)
N. XVII. Codex membran. vom Alt. Teſt.
Montfaucon in ſ. Palaeogr Libr. III. p. 186. ſagt
von ihm; er ſei der aͤlteſte, den wir haben. Er iſt ganz
caractere quadrato geſchrieben. Ich konnte auch
uͤberall darin leſen. Es war eine Verſion von den
LXX. Ich ſah auch noch einen wuͤrklich hebraͤiſchen
Codex in kl. Fol. Vermuthlich iſt er am Ende des
10ten oder am Anfang des 11ten Jahrh. geſchrieben. So
was herrliches gibts wohl in Sachen von der Art nicht
viel mehr in der Welt. Er iſt auf Pergament, und ſo
ſchoͤn geſchrieben, daß man glauben ſollte, er ſei gedruckt,
die Karaktere ſind gar ſchoͤn, und in einer vortreflichen
Proportion. Man vermuthet mit Recht, daß er fuͤr rei-
che Juden, fuͤr einen Mann vom erſten Range geſchrie-
ben worden, vermuthlich fuͤr den Rabbi Samuel Levi,
der damahls das Haupt der Nation und geheimer (nach
einer beiliegenden Nachricht) Staatsſekretaͤr beim Koͤnige
von Granada war. Die Genauigkeit des Kopiſten
ging ſo weit, daß die kleinen Punkte und Accente mit
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/206>, abgerufen am 23.11.2024.
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