Sous, das Parterre ist aber hier nicht so honett, wie in der Oper.
Bemerkung.
Heut must' ich bei Mr. Lavabre, Rue Mail sou- piren. Ich hatte auf der petite poste ein gedrucktes Einladungs-Billet bekommen. Ich ging daher um halb 9. Uhr hin, die Gesellschaft stieg bis auf 18. Personen: um halb 10. Uhr solte servirt werden, man plauderte aber vom Spektakel, Colisee', neuen englischen Gärten, Chan- tilly, Moden, etc. fing um halb 10. an zu spielen, und erst um halb 11. Uhr ward servirt. Mad. Lavabre gehört zu den vernünftigen Französinnen. Sie nannte selber das allzuhohe Coeffiren der Pariserinnen die gröste Thor- heit, und misbilligte den Luxus. Ich lernte da einen Italiäner aus Lucca kennen, einen schon gesetzten Mann, der auch nicht spielte, von hier nach Engelland und Hol- land reiste etc. Man as unten in einem Saal, und im Nebenzimmer hatten noch einige ihren Tisch. Wir hat- ten ein kleines niedliches Souper. Alles ward auf ein- mahl aufgesetzt. In der Mitten standen Platmenagen mit Bouquets darneben, kalte und warme Speisen; aber auch alle warme wurden kalt. Wir bekamen gebratene Hüner, Spargel, Erdbeeren und ein kleines Backwerk. Das Trinken ward gar nicht auf den Tisch gesetzt. Die Bedienten (und fast hinter jedem Stuhle stand einer) schenkten rothen Wein mit Wasser ein. Zuletzt ward Burgunder und herrlicher Mallaga präsentirt. Der Ita- liäner verschwendete all sein Französisches am Mallaga, ihm war aber vorher sein rother Rock damit begossen wor- den. Von verschiedener Kochart hab ich nichts bemerkt,
ausser,
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Sous, das Parterre iſt aber hier nicht ſo honett, wie in der Oper.
Bemerkung.
Heut muſt’ ich bei Mr. Lavabre, Rue Mail ſou- piren. Ich hatte auf der petite poſte ein gedrucktes Einladungs-Billet bekommen. Ich ging daher um halb 9. Uhr hin, die Geſellſchaft ſtieg bis auf 18. Perſonen: um halb 10. Uhr ſolte ſervirt werden, man plauderte aber vom Spektakel, Coliſee’, neuen engliſchen Gaͤrten, Chan- tilly, Moden, ꝛc. fing um halb 10. an zu ſpielen, und erſt um halb 11. Uhr ward ſervirt. Mad. Lavabre gehoͤrt zu den vernuͤnftigen Franzoͤſinnen. Sie nannte ſelber das allzuhohe Coeffiren der Pariſerinnen die groͤſte Thor- heit, und misbilligte den Luxus. Ich lernte da einen Italiaͤner aus Lucca kennen, einen ſchon geſetzten Mann, der auch nicht ſpielte, von hier nach Engelland und Hol- land reiſte ꝛc. Man as unten in einem Saal, und im Nebenzimmer hatten noch einige ihren Tiſch. Wir hat- ten ein kleines niedliches Souper. Alles ward auf ein- mahl aufgeſetzt. In der Mitten ſtanden Platmenagen mit Bouquets darneben, kalte und warme Speiſen; aber auch alle warme wurden kalt. Wir bekamen gebratene Huͤner, Spargel, Erdbeeren und ein kleines Backwerk. Das Trinken ward gar nicht auf den Tiſch geſetzt. Die Bedienten (und faſt hinter jedem Stuhle ſtand einer) ſchenkten rothen Wein mit Waſſer ein. Zuletzt ward Burgunder und herrlicher Mallaga praͤſentirt. Der Ita- liaͤner verſchwendete all ſein Franzoͤſiſches am Mallaga, ihm war aber vorher ſein rother Rock damit begoſſen wor- den. Von verſchiedener Kochart hab ich nichts bemerkt,
auſſer,
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Sous, das Parterre iſt aber hier nicht ſo honett, wie in
der Oper.
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Heut muſt’ ich bei Mr. Lavabre, Rue Mail ſou-
piren. Ich hatte auf der petite poſte ein gedrucktes
Einladungs-Billet bekommen. Ich ging daher um
halb 9. Uhr hin, die Geſellſchaft ſtieg bis auf 18. Perſonen:
um halb 10. Uhr ſolte ſervirt werden, man plauderte aber
vom Spektakel, Coliſee’, neuen engliſchen Gaͤrten, Chan-
tilly, Moden, ꝛc. fing um halb 10. an zu ſpielen, und erſt
um halb 11. Uhr ward ſervirt. Mad. Lavabre gehoͤrt
zu den vernuͤnftigen Franzoͤſinnen. Sie nannte ſelber
das allzuhohe Coeffiren der Pariſerinnen die groͤſte Thor-
heit, und misbilligte den Luxus. Ich lernte da einen
Italiaͤner aus Lucca kennen, einen ſchon geſetzten Mann,
der auch nicht ſpielte, von hier nach Engelland und Hol-
land reiſte ꝛc. Man as unten in einem Saal, und im
Nebenzimmer hatten noch einige ihren Tiſch. Wir hat-
ten ein kleines niedliches Souper. Alles ward auf ein-
mahl aufgeſetzt. In der Mitten ſtanden Platmenagen
mit Bouquets darneben, kalte und warme Speiſen; aber
auch alle warme wurden kalt. Wir bekamen gebratene
Huͤner, Spargel, Erdbeeren und ein kleines Backwerk.
Das Trinken ward gar nicht auf den Tiſch geſetzt. Die
Bedienten (und faſt hinter jedem Stuhle ſtand einer)
ſchenkten rothen Wein mit Waſſer ein. Zuletzt ward
Burgunder und herrlicher Mallaga praͤſentirt. Der Ita-
liaͤner verſchwendete all ſein Franzoͤſiſches am Mallaga,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/271>, abgerufen am 22.11.2024.
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