Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite
9) Le beau Pline, wie Aßeline sagte. Eine
Ausgabe von Plin. Hist. Nat. 1472. Vene-
dig,
Fol. Es ist die schönste die man hat.
II) La Sale de l'Assemblee. Unten versam-
melt sich am ersten Monatstag allemahl die theologische
Fakultät. Es steht eine Kanzel darin, weil auch da die
theologischen Disputationen gehalten werden. Auch hän-
gen darin die Gemälde a) von Ben. XIV. Clemens
XIII. XIV. in der Kleidung wie die Päbste im Kon-
sistorio sitzen, in einem Sessel mit einer rothen Mütze,
und in einem rothen Ueber- und weisgelblichten Unterklei-
de. Jeder hat sein Bildnis selbst hierher geschenkt.
Vom jetzigen Pabste wars noch nicht da. Clemens
XIII. hängt, wie billig, im Schatten. Aber das ehrli-
che, gute, fromme Gesicht des seel. Ganganelli! Ar-
mer Mann, es kostete dich das Leben, daß du der Welt
Ruhe schaffen, die Schande der Religion zudecken, der
Menschheit freien Lauf lassen, und dem Aberglauben seine
Stützen zerbrechen wolltest! -- b) Von Louis XV.
herrlich gemahlt, König Stanislaus, das Bildnis eines
frommen Fürsten. Richelieu, Fleury, Rohan etc.
III) Le Mausolee du Card. Richelieu. Ich
habe oben schon etwas davon gedacht, aber damals sah
ich's nur von ferne. Izt trat ich dazu hin und gestand,
daß es ein morceau superieur sei. Alles ist weisser
Alabaster, die Franzosen nennens aber Marmor. Es
scheint, daß Fleury's Grabmahl eine Nachahmung da-
von ist. Das Rührende, Einnehmende, hat jenes, mei-
nem Geschmacke nach, immer vor diesem voraus. Die
Erfindung ist fast die nämliche. Die Religion, als ein
Frauenzimmer vorgestellt, kniet auf den Untersatz und
hält
9) Le beau Pline, wie Aßeline ſagte. Eine
Ausgabe von Plin. Hiſt. Nat. 1472. Vene-
dig,
Fol. Es iſt die ſchoͤnſte die man hat.
II) La Sale de l’Aſſemblée. Unten verſam-
melt ſich am erſten Monatstag allemahl die theologiſche
Fakultaͤt. Es ſteht eine Kanzel darin, weil auch da die
theologiſchen Disputationen gehalten werden. Auch haͤn-
gen darin die Gemaͤlde a) von Ben. XIV. Clemens
XIII. XIV. in der Kleidung wie die Paͤbſte im Kon-
ſiſtorio ſitzen, in einem Seſſel mit einer rothen Muͤtze,
und in einem rothen Ueber- und weisgelblichten Unterklei-
de. Jeder hat ſein Bildnis ſelbſt hierher geſchenkt.
Vom jetzigen Pabſte wars noch nicht da. Clemens
XIII. haͤngt, wie billig, im Schatten. Aber das ehrli-
che, gute, fromme Geſicht des ſeel. Ganganelli! Ar-
mer Mann, es koſtete dich das Leben, daß du der Welt
Ruhe ſchaffen, die Schande der Religion zudecken, der
Menſchheit freien Lauf laſſen, und dem Aberglauben ſeine
Stuͤtzen zerbrechen wollteſt! — b) Von Louis XV.
herrlich gemahlt, Koͤnig Stanislaus, das Bildnis eines
frommen Fuͤrſten. Richelieu, Fleury, Rohan ꝛc.
III) Le Mauſolée du Card. Richelieu. Ich
habe oben ſchon etwas davon gedacht, aber damals ſah
ich’s nur von ferne. Izt trat ich dazu hin und geſtand,
daß es ein morceau ſuperieur ſei. Alles iſt weiſſer
Alabaſter, die Franzoſen nennens aber Marmor. Es
ſcheint, daß Fleury’s Grabmahl eine Nachahmung da-
von iſt. Das Ruͤhrende, Einnehmende, hat jenes, mei-
nem Geſchmacke nach, immer vor dieſem voraus. Die
Erfindung iſt faſt die naͤmliche. Die Religion, als ein
Frauenzimmer vorgeſtellt, kniet auf den Unterſatz und
haͤlt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <list>
              <item>
                <list>
                  <item>
                    <list>
                      <pb facs="#f0276" n="252"/>
                      <item>9) <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Le beau Pline</hi>,</hi> wie <hi rendition="#fr">Aßeline</hi> &#x017F;agte. Eine<lb/>
Ausgabe von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Plin</hi>. Hi&#x017F;t. Nat.</hi> 1472. <hi rendition="#fr">Vene-<lb/>
dig,</hi> Fol. Es i&#x017F;t die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te die man hat.</item>
                    </list>
                  </item>
                </list>
              </item><lb/>
              <item><hi rendition="#aq">II) La Sale de l&#x2019;A&#x017F;&#x017F;emblée.</hi> Unten ver&#x017F;am-<lb/>
melt &#x017F;ich am er&#x017F;ten Monatstag allemahl die theologi&#x017F;che<lb/>
Fakulta&#x0364;t. Es &#x017F;teht eine Kanzel darin, weil auch da die<lb/>
theologi&#x017F;chen Disputationen gehalten werden. Auch ha&#x0364;n-<lb/>
gen darin die Gema&#x0364;lde <hi rendition="#aq">a</hi>) von <hi rendition="#fr">Ben.</hi> <hi rendition="#aq">XIV.</hi> <hi rendition="#fr">Clemens</hi><lb/><hi rendition="#aq">XIII. XIV.</hi> in der Kleidung wie die Pa&#x0364;b&#x017F;te im Kon-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;torio &#x017F;itzen, in einem Se&#x017F;&#x017F;el mit einer rothen Mu&#x0364;tze,<lb/>
und in einem rothen Ueber- und weisgelblichten Unterklei-<lb/>
de. Jeder hat &#x017F;ein Bildnis &#x017F;elb&#x017F;t hierher ge&#x017F;chenkt.<lb/>
Vom jetzigen Pab&#x017F;te wars noch nicht da. <hi rendition="#fr">Clemens</hi><lb/><hi rendition="#aq">XIII.</hi> ha&#x0364;ngt, wie billig, im Schatten. Aber das ehrli-<lb/>
che, gute, fromme Ge&#x017F;icht des &#x017F;eel. <hi rendition="#fr">Ganganelli!</hi> Ar-<lb/>
mer Mann, es ko&#x017F;tete dich das Leben, daß du der Welt<lb/>
Ruhe &#x017F;chaffen, die Schande der Religion zudecken, der<lb/>
Men&#x017F;chheit freien Lauf la&#x017F;&#x017F;en, und dem Aberglauben &#x017F;eine<lb/>
Stu&#x0364;tzen zerbrechen wollte&#x017F;t! &#x2014; <hi rendition="#aq">b</hi>) Von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Louis XV</hi>.</hi><lb/>
herrlich gemahlt, Ko&#x0364;nig <hi rendition="#fr">Stanislaus,</hi> das Bildnis eines<lb/>
frommen Fu&#x0364;r&#x017F;ten. <hi rendition="#fr">Richelieu, Fleury, Rohan</hi> &#xA75B;c.</item><lb/>
              <item><hi rendition="#aq">III) Le Mau&#x017F;olée du Card. <hi rendition="#i">Richelieu</hi>.</hi> Ich<lb/>
habe oben &#x017F;chon etwas davon gedacht, aber damals &#x017F;ah<lb/>
ich&#x2019;s nur von ferne. Izt trat ich dazu hin und ge&#x017F;tand,<lb/>
daß es ein <hi rendition="#aq">morceau &#x017F;uperieur</hi> &#x017F;ei. Alles i&#x017F;t wei&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Alaba&#x017F;ter, die Franzo&#x017F;en nennens aber Marmor. Es<lb/>
&#x017F;cheint, daß <hi rendition="#fr">Fleury</hi>&#x2019;s Grabmahl eine Nachahmung da-<lb/>
von i&#x017F;t. Das Ru&#x0364;hrende, Einnehmende, hat jenes, mei-<lb/>
nem Ge&#x017F;chmacke nach, immer vor die&#x017F;em voraus. Die<lb/>
Erfindung i&#x017F;t fa&#x017F;t die na&#x0364;mliche. Die Religion, als ein<lb/>
Frauenzimmer vorge&#x017F;tellt, kniet auf den Unter&#x017F;atz und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ha&#x0364;lt</fw><lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0276] 9) Le beau Pline, wie Aßeline ſagte. Eine Ausgabe von Plin. Hiſt. Nat. 1472. Vene- dig, Fol. Es iſt die ſchoͤnſte die man hat. II) La Sale de l’Aſſemblée. Unten verſam- melt ſich am erſten Monatstag allemahl die theologiſche Fakultaͤt. Es ſteht eine Kanzel darin, weil auch da die theologiſchen Disputationen gehalten werden. Auch haͤn- gen darin die Gemaͤlde a) von Ben. XIV. Clemens XIII. XIV. in der Kleidung wie die Paͤbſte im Kon- ſiſtorio ſitzen, in einem Seſſel mit einer rothen Muͤtze, und in einem rothen Ueber- und weisgelblichten Unterklei- de. Jeder hat ſein Bildnis ſelbſt hierher geſchenkt. Vom jetzigen Pabſte wars noch nicht da. Clemens XIII. haͤngt, wie billig, im Schatten. Aber das ehrli- che, gute, fromme Geſicht des ſeel. Ganganelli! Ar- mer Mann, es koſtete dich das Leben, daß du der Welt Ruhe ſchaffen, die Schande der Religion zudecken, der Menſchheit freien Lauf laſſen, und dem Aberglauben ſeine Stuͤtzen zerbrechen wollteſt! — b) Von Louis XV. herrlich gemahlt, Koͤnig Stanislaus, das Bildnis eines frommen Fuͤrſten. Richelieu, Fleury, Rohan ꝛc. III) Le Mauſolée du Card. Richelieu. Ich habe oben ſchon etwas davon gedacht, aber damals ſah ich’s nur von ferne. Izt trat ich dazu hin und geſtand, daß es ein morceau ſuperieur ſei. Alles iſt weiſſer Alabaſter, die Franzoſen nennens aber Marmor. Es ſcheint, daß Fleury’s Grabmahl eine Nachahmung da- von iſt. Das Ruͤhrende, Einnehmende, hat jenes, mei- nem Geſchmacke nach, immer vor dieſem voraus. Die Erfindung iſt faſt die naͤmliche. Die Religion, als ein Frauenzimmer vorgeſtellt, kniet auf den Unterſatz und haͤlt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/276
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/276>, abgerufen am 22.11.2024.