der Menagerie sind die grösten, die fremdesten, die grau- samsten, die schönsten Thiere Asiens, Afrika's und Ame- rika's beisammen. Menschen sieht man des Morgens in dieser schönen Gegend nicht viel. Der Franzose fängt den Tag nicht früh an; alle Bedienten liegen fast immer bis 7. Uhr in den Federn, weil man vor 10. Uhr nicht zu Abends speist, und manche Gesellschaften vor Morgens 2. 3. Uhr nicht auseinander gehen. Selig ist, der dem Wirbel der grossen Welt um sich herum zusehen, und doch der Natur folgen und sie studiren kan. Ich kam eben zum Frühstücken der eingesperrten Thiere, und er- götzte mich vortreflich an dem Anblick. Die Haut des Rhinoceros ist so hart, daß sein Wärter, indes ich das Thier besichtigte, und in meiner Schreibtafel schrieb, mei- nen Stock unten völlig auf der Haut entzwei schlug, eh' ichs merkte. Von da ließ ich mich in
Le Depot, ou les Archives du Bureau des Af- faires etrangeres führen. In Teutschland hat man gemeiniglich wenig Freude, wenn man ein Archiv sieht. Da stehen alte staubigte Schränke, an denen man die Klei- der schmutzig macht. Aber das Archiv in Versailles wird billig von jedem Reisenden besucht. Es ist die schön- ste Gallerie, eine Reihe von Zimmern, die alle Licht genug haben, mit vergoldeten Thüren, mit Schränken nur an den Wänden, und mit schönen Gemälden geziert. Die Schränke sind mit feinen Dratgittern, hinter denen rothe seidene Vorhänge hängen, verschlossen. Ueber diesen hängen die Gemälde vom Königl. Hause und von allen regierenden Königen und Fürsten, mit denen Frank reich zu thun hat, alle von den grösten Malern in jeder Residenz verfertigt. 1) Im Salle de Traites sah ich
besonders
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der Menagerie ſind die groͤſten, die fremdeſten, die grau- ſamſten, die ſchoͤnſten Thiere Aſiens, Afrika’s und Ame- rika’s beiſammen. Menſchen ſieht man des Morgens in dieſer ſchoͤnen Gegend nicht viel. Der Franzoſe faͤngt den Tag nicht fruͤh an; alle Bedienten liegen faſt immer bis 7. Uhr in den Federn, weil man vor 10. Uhr nicht zu Abends ſpeiſt, und manche Geſellſchaften vor Morgens 2. 3. Uhr nicht auseinander gehen. Selig iſt, der dem Wirbel der groſſen Welt um ſich herum zuſehen, und doch der Natur folgen und ſie ſtudiren kan. Ich kam eben zum Fruͤhſtuͤcken der eingeſperrten Thiere, und er- goͤtzte mich vortreflich an dem Anblick. Die Haut des Rhinoceros iſt ſo hart, daß ſein Waͤrter, indes ich das Thier beſichtigte, und in meiner Schreibtafel ſchrieb, mei- nen Stock unten voͤllig auf der Haut entzwei ſchlug, eh’ ichs merkte. Von da ließ ich mich in
Le Depôt, ou les Archives du Bureau des Af- faires etrangères fuͤhren. In Teutſchland hat man gemeiniglich wenig Freude, wenn man ein Archiv ſieht. Da ſtehen alte ſtaubigte Schraͤnke, an denen man die Klei- der ſchmutzig macht. Aber das Archiv in Verſailles wird billig von jedem Reiſenden beſucht. Es iſt die ſchoͤn- ſte Gallerie, eine Reihe von Zimmern, die alle Licht genug haben, mit vergoldeten Thuͤren, mit Schraͤnken nur an den Waͤnden, und mit ſchoͤnen Gemaͤlden geziert. Die Schraͤnke ſind mit feinen Dratgittern, hinter denen rothe ſeidene Vorhaͤnge haͤngen, verſchloſſen. Ueber dieſen haͤngen die Gemaͤlde vom Koͤnigl. Hauſe und von allen regierenden Koͤnigen und Fuͤrſten, mit denen Frank reich zu thun hat, alle von den groͤſten Malern in jeder Reſidenz verfertigt. 1) Im Salle de Traités ſah ich
beſonders
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der Menagerie ſind die groͤſten, die fremdeſten, die grau-
ſamſten, die ſchoͤnſten Thiere Aſiens, Afrika’s und Ame-
rika’s beiſammen. Menſchen ſieht man des Morgens in
dieſer ſchoͤnen Gegend nicht viel. Der Franzoſe faͤngt
den Tag nicht fruͤh an; alle Bedienten liegen faſt immer
bis 7. Uhr in den Federn, weil man vor 10. Uhr nicht zu
Abends ſpeiſt, und manche Geſellſchaften vor Morgens
2. 3. Uhr nicht auseinander gehen. Selig iſt, der dem
Wirbel der groſſen Welt um ſich herum zuſehen, und
doch der Natur folgen und ſie ſtudiren kan. Ich kam
eben zum Fruͤhſtuͤcken der eingeſperrten Thiere, und er-
goͤtzte mich vortreflich an dem Anblick. Die Haut des
Rhinoceros iſt ſo hart, daß ſein Waͤrter, indes ich das
Thier beſichtigte, und in meiner Schreibtafel ſchrieb, mei-
nen Stock unten voͤllig auf der Haut entzwei ſchlug, eh’
ichs merkte. Von da ließ ich mich in
Le Depôt, ou les Archives du Bureau des Af-
faires etrangères fuͤhren. In Teutſchland hat man
gemeiniglich wenig Freude, wenn man ein Archiv ſieht.
Da ſtehen alte ſtaubigte Schraͤnke, an denen man die Klei-
der ſchmutzig macht. Aber das Archiv in Verſailles
wird billig von jedem Reiſenden beſucht. Es iſt die ſchoͤn-
ſte Gallerie, eine Reihe von Zimmern, die alle Licht genug
haben, mit vergoldeten Thuͤren, mit Schraͤnken nur an
den Waͤnden, und mit ſchoͤnen Gemaͤlden geziert. Die
Schraͤnke ſind mit feinen Dratgittern, hinter denen rothe
ſeidene Vorhaͤnge haͤngen, verſchloſſen. Ueber dieſen
haͤngen die Gemaͤlde vom Koͤnigl. Hauſe und von allen
regierenden Koͤnigen und Fuͤrſten, mit denen Frank
reich zu thun hat, alle von den groͤſten Malern in jeder
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/337>, abgerufen am 22.11.2024.
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