Gärten lieblicher, angenehmer, als ich sie irgend wo gese- hen habe: von einem unübersehbaren Umfange unendli- cher Mannichfaltigkeit, und gar vortreflicher Anlage. Le Notre, der so viele in Frankreich angelegt hat, hat hier, glaub' ich, sein Meisterstück gemacht. Sie gehen ums neue, -- ums kleine, -- und ums alte oder gros- se Schlos herum, und sind überall mit den herrlichsten Blumen geziert. Mit Wonne sah ich über die bunten Teppiche zwischen den grünen Fluren, und dem crystall- hellen Wasser hin: denn das ist einer von den Vorzügen des Gartens, daß er ungemein viel Wasser hat. Es fließt ein eigner kleiner Fluß La Nonnette darin. Das kleine Schlos ist ganz mit Wasser umflossen, und hat et- liche gewölbte Brücken, so daß es wie eine kleine Festung aussieht. Ueberall sind Bassins, Fontainen, Jets d'eau, Wassergötter, speiende Thiere, und andre Erfindungen angebracht. Die Sonne spiegelt sich allerwegen. Schnee- weisse Schwane schwimmen überall. Kleine, schöne, leichte Fahrzeuge mit bunten Flaggen liegen aller Orten. Man hört überall das Plätschern des fallenden Wassers. Einige Bassins sind schief hinab mit Steinen besetzt, an denen stößt das Wasser vom Wind getrieben, beständig an; man hört von weitem das Schlagen. Alles sieht so frisch, so lebhaft aus. -- Ueber das viele Wasser sind eine Menge Brücken mit Tempeln, und andern Häuschen von grünangestrichenem Lattenwerke, so wie das Collisee' aussen gebaut ist, mit unendlich vielem Laub- werk und der künstlichsten Arbeit angebracht; oft liegen 2. 3. perspektivisch hinter einander, und in der Mitte ist wieder ein breiter Jet d'eau. Ein solches grünes Git- terhaus ist ganz mit Wasser, das über Terrassen herab- fällt, umgeben, einen schmalen ganz mit Blumen besetz-
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Gaͤrten lieblicher, angenehmer, als ich ſie irgend wo geſe- hen habe: von einem unuͤberſehbaren Umfange unendli- cher Mannichfaltigkeit, und gar vortreflicher Anlage. Le Notre, der ſo viele in Frankreich angelegt hat, hat hier, glaub’ ich, ſein Meiſterſtuͤck gemacht. Sie gehen ums neue, — ums kleine, — und ums alte oder groſ- ſe Schlos herum, und ſind uͤberall mit den herrlichſten Blumen geziert. Mit Wonne ſah ich uͤber die bunten Teppiche zwiſchen den gruͤnen Fluren, und dem cryſtall- hellen Waſſer hin: denn das iſt einer von den Vorzuͤgen des Gartens, daß er ungemein viel Waſſer hat. Es fließt ein eigner kleiner Fluß La Nonnette darin. Das kleine Schlos iſt ganz mit Waſſer umfloſſen, und hat et- liche gewoͤlbte Bruͤcken, ſo daß es wie eine kleine Feſtung ausſieht. Ueberall ſind Baſſins, Fontainen, Jets d’eau, Waſſergoͤtter, ſpeiende Thiere, und andre Erfindungen angebracht. Die Sonne ſpiegelt ſich allerwegen. Schnee- weiſſe Schwane ſchwimmen uͤberall. Kleine, ſchoͤne, leichte Fahrzeuge mit bunten Flaggen liegen aller Orten. Man hoͤrt uͤberall das Plaͤtſchern des fallenden Waſſers. Einige Baſſins ſind ſchief hinab mit Steinen beſetzt, an denen ſtoͤßt das Waſſer vom Wind getrieben, beſtaͤndig an; man hoͤrt von weitem das Schlagen. Alles ſieht ſo friſch, ſo lebhaft aus. — Ueber das viele Waſſer ſind eine Menge Bruͤcken mit Tempeln, und andern Haͤuschen von gruͤnangeſtrichenem Lattenwerke, ſo wie das Colliſee’ auſſen gebaut iſt, mit unendlich vielem Laub- werk und der kuͤnſtlichſten Arbeit angebracht; oft liegen 2. 3. perſpektiviſch hinter einander, und in der Mitte iſt wieder ein breiter Jet d’eau. Ein ſolches gruͤnes Git- terhaus iſt ganz mit Waſſer, das uͤber Terraſſen herab- faͤllt, umgeben, einen ſchmalen ganz mit Blumen beſetz-
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Gaͤrten lieblicher, angenehmer, als ich ſie irgend wo geſe-
hen habe: von einem unuͤberſehbaren Umfange unendli-
cher Mannichfaltigkeit, und gar vortreflicher Anlage.
Le Notre, der ſo viele in Frankreich angelegt hat, hat
hier, glaub’ ich, ſein Meiſterſtuͤck gemacht. Sie gehen
ums neue, — ums kleine, — und ums alte oder groſ-
ſe Schlos herum, und ſind uͤberall mit den herrlichſten
Blumen geziert. Mit Wonne ſah ich uͤber die bunten
Teppiche zwiſchen den gruͤnen Fluren, und dem cryſtall-
hellen Waſſer hin: denn das iſt einer von den Vorzuͤgen
des Gartens, daß er ungemein viel Waſſer hat. Es
fließt ein eigner kleiner Fluß La Nonnette darin. Das
kleine Schlos iſt ganz mit Waſſer umfloſſen, und hat et-
liche gewoͤlbte Bruͤcken, ſo daß es wie eine kleine Feſtung
ausſieht. Ueberall ſind Baſſins, Fontainen, Jets d’eau,
Waſſergoͤtter, ſpeiende Thiere, und andre Erfindungen
angebracht. Die Sonne ſpiegelt ſich allerwegen. Schnee-
weiſſe Schwane ſchwimmen uͤberall. Kleine, ſchoͤne,
leichte Fahrzeuge mit bunten Flaggen liegen aller Orten.
Man hoͤrt uͤberall das Plaͤtſchern des fallenden Waſſers.
Einige Baſſins ſind ſchief hinab mit Steinen beſetzt, an
denen ſtoͤßt das Waſſer vom Wind getrieben, beſtaͤndig
an; man hoͤrt von weitem das Schlagen. Alles ſieht
ſo friſch, ſo lebhaft aus. — Ueber das viele Waſſer
ſind eine Menge Bruͤcken mit Tempeln, und andern
Haͤuschen von gruͤnangeſtrichenem Lattenwerke, ſo wie das
Colliſee’ auſſen gebaut iſt, mit unendlich vielem Laub-
werk und der kuͤnſtlichſten Arbeit angebracht; oft liegen
2. 3. perſpektiviſch hinter einander, und in der Mitte iſt
wieder ein breiter Jet d’eau. Ein ſolches gruͤnes Git-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/382>, abgerufen am 24.11.2024.
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