Ideenassociation, oder ists wirklich so? Die blinde Re- ligionswuth, die unmenschliche Grausamkeit, welche er die Niederländer erfahren lies, liegt in seinem Gesichte. Unter den Tapeten in den vier Zimmern gefielen mir vor- züglich, Klodowich auf dem Todtenbette, macht sein Testament. Das schon verfallne Gesicht ist herr- lich ausgeführt. -- Am Nebentisch sitzt einer und schreibt. Der König streckt den Arm gegen ihn aus; alles ist sehr redend. Le Brun hat die Zeichnung dazu gemacht. Es sind auch noch andre Stücke von diesem Fürsten da, als seine Taufe, Vermählung etc. Ueber dem Ka- min in diesem 3ten Zimmer hängt ein Gemälde vom Maxim. von Oesterreich und der Maria von Bur- gund, welche die Karte von den 17. Provinzen in der Hand hält; zwei schöne junge Leute: er schielt so hübsch auf das Kind, und auf den herrlichen Brautschatz hin etc. Doch der Saal, worin die Staatsversammlungen gehal- ten werden, ist das schönste. Oben ist ein Deckenstück, das gesehen zu werden verdient, so gut als die in Paris. Jansen, ein grosser Maler aus diesem Lande, hat die ganze Versammlung der Götter darin vorgestellt. Oben an im Saale steht der rothe prächtige Thronhimmel für den Souverain, darneben sind zu beiden Seiten grosse Spiegel, und vor diesen stehen 2. ziemlich grosse Tische mit schwarzem Marmor eingefaßt. Die Platten selbst aber sind von weissem Gyps, und man sollte schwören, daß es weisser natürlicher Marmor wäre. Auf dem Gyps sind die Karten vom Herzogthum Brabant aller- liebst abgezeichnet, linker Hand das südliche, rechter Hand das nördliche Braband. Diesen artigen Einfall hat- ten zwei Italiäner. An der Wand unter dem Balda- chin hängt ein Gemälde, von der Kaiserin Maria
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Ideenaſſociation, oder iſts wirklich ſo? Die blinde Re- ligionswuth, die unmenſchliche Grauſamkeit, welche er die Niederlaͤnder erfahren lies, liegt in ſeinem Geſichte. Unter den Tapeten in den vier Zimmern gefielen mir vor- zuͤglich, Klodowich auf dem Todtenbette, macht ſein Teſtament. Das ſchon verfallne Geſicht iſt herr- lich ausgefuͤhrt. — Am Nebentiſch ſitzt einer und ſchreibt. Der Koͤnig ſtreckt den Arm gegen ihn aus; alles iſt ſehr redend. Le Brun hat die Zeichnung dazu gemacht. Es ſind auch noch andre Stuͤcke von dieſem Fuͤrſten da, als ſeine Taufe, Vermaͤhlung ꝛc. Ueber dem Ka- min in dieſem 3ten Zimmer haͤngt ein Gemaͤlde vom Maxim. von Oeſterreich und der Maria von Bur- gund, welche die Karte von den 17. Provinzen in der Hand haͤlt; zwei ſchoͤne junge Leute: er ſchielt ſo huͤbſch auf das Kind, und auf den herrlichen Brautſchatz hin ꝛc. Doch der Saal, worin die Staatsverſammlungen gehal- ten werden, iſt das ſchoͤnſte. Oben iſt ein Deckenſtuͤck, das geſehen zu werden verdient, ſo gut als die in Paris. Janſen, ein groſſer Maler aus dieſem Lande, hat die ganze Verſammlung der Goͤtter darin vorgeſtellt. Oben an im Saale ſteht der rothe praͤchtige Thronhimmel fuͤr den Souverain, darneben ſind zu beiden Seiten groſſe Spiegel, und vor dieſen ſtehen 2. ziemlich groſſe Tiſche mit ſchwarzem Marmor eingefaßt. Die Platten ſelbſt aber ſind von weiſſem Gyps, und man ſollte ſchwoͤren, daß es weiſſer natuͤrlicher Marmor waͤre. Auf dem Gyps ſind die Karten vom Herzogthum Brabant aller- liebſt abgezeichnet, linker Hand das ſuͤdliche, rechter Hand das noͤrdliche Braband. Dieſen artigen Einfall hat- ten zwei Italiaͤner. An der Wand unter dem Balda- chin haͤngt ein Gemaͤlde, von der Kaiſerin Maria
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Ideenaſſociation, oder iſts wirklich ſo? Die blinde Re-
ligionswuth, die unmenſchliche Grauſamkeit, welche er
die Niederlaͤnder erfahren lies, liegt in ſeinem Geſichte.
Unter den Tapeten in den vier Zimmern gefielen mir vor-
zuͤglich, Klodowich auf dem Todtenbette, macht
ſein Teſtament. Das ſchon verfallne Geſicht iſt herr-
lich ausgefuͤhrt. — Am Nebentiſch ſitzt einer und ſchreibt.
Der Koͤnig ſtreckt den Arm gegen ihn aus; alles iſt ſehr
redend. Le Brun hat die Zeichnung dazu gemacht.
Es ſind auch noch andre Stuͤcke von dieſem Fuͤrſten da,
als ſeine Taufe, Vermaͤhlung ꝛc. Ueber dem Ka-
min in dieſem 3ten Zimmer haͤngt ein Gemaͤlde vom
Maxim. von Oeſterreich und der Maria von Bur-
gund, welche die Karte von den 17. Provinzen in der
Hand haͤlt; zwei ſchoͤne junge Leute: er ſchielt ſo huͤbſch
auf das Kind, und auf den herrlichen Brautſchatz hin ꝛc.
Doch der Saal, worin die Staatsverſammlungen gehal-
ten werden, iſt das ſchoͤnſte. Oben iſt ein Deckenſtuͤck,
das geſehen zu werden verdient, ſo gut als die in Paris.
Janſen, ein groſſer Maler aus dieſem Lande, hat die
ganze Verſammlung der Goͤtter darin vorgeſtellt. Oben
an im Saale ſteht der rothe praͤchtige Thronhimmel fuͤr
den Souverain, darneben ſind zu beiden Seiten groſſe
Spiegel, und vor dieſen ſtehen 2. ziemlich groſſe Tiſche
mit ſchwarzem Marmor eingefaßt. Die Platten ſelbſt
aber ſind von weiſſem Gyps, und man ſollte ſchwoͤren,
daß es weiſſer natuͤrlicher Marmor waͤre. Auf dem
Gyps ſind die Karten vom Herzogthum Brabant aller-
liebſt abgezeichnet, linker Hand das ſuͤdliche, rechter Hand
das noͤrdliche Braband. Dieſen artigen Einfall hat-
ten zwei Italiaͤner. An der Wand unter dem Balda-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/456>, abgerufen am 22.11.2024.
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