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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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an. *) Nach einigen Jahren kommt das Kapital mit
allen Zinsen wieder heraus. Das herrlichste Gras
wächst da, die Bauern haben das schönste Vieh, und
lassen es Tag und Nacht, und im Spätjahr so lange im
Felde, bis gegen Allerheiligen das ganze Land unter Was-
ser gesetzt wird.

Das Torfstechen ist hier jedem Bauer erlaubt. Wer
Land hat, kan, so wie man mir sagte, stechen, und ver-
kaufen. Ich besuchte so einen Torfbauer, und besah sei-
ne ganze Haushaltung. Edle Einfalt der Natur, wie
viel Süsses, wie viel Angenehmes hast du! der Mann
hatte ein schönes geräumiges Haus, alles unter einem
Stockwerk, aber hell, hoch, rein, geputzt, und wohlmeu-
blirt. Die Leute sind reich, sie tragen alte silberne holländi-
sche Münzen statt der Knöpfe in den Hosen. Dieser hat-
te eine silberne Uhr, eine reiche Kette, sein Porzellän,
seinen Toback, sein altes Bier, seine Butter und Käse.
Sein Hof war eingeschlossen, hatte grosse weite Schup-
pen, und war ringsherum mit Wasser umflossen. Er
war noch ledig, sprach viel, hatte viel natürlichen Witz,
und viel Muntres und Freies in seinem ganzen Betra-
gen. Den Statthalter nennen die Leute nur, ihren Wil-
helm,
ihren Prinz; sie sprechen sehr ungenirt mit ihm,
setzen den Hut auf, setzen sich zu ihm, erkundigen sich,
wie er und Frau und Kinder fahre, und rauchen ihre
Pfeifen fort. Von Gnade und Unterthänigkeit spricht
der holländische Bauer nicht. -- Vom Zustande der

Bauern
*) Ein solchergestalt eingedeichtes Stück Land heist
Polder.
Herausgeber.

an. *) Nach einigen Jahren kommt das Kapital mit
allen Zinſen wieder heraus. Das herrlichſte Gras
waͤchſt da, die Bauern haben das ſchoͤnſte Vieh, und
laſſen es Tag und Nacht, und im Spaͤtjahr ſo lange im
Felde, bis gegen Allerheiligen das ganze Land unter Waſ-
ſer geſetzt wird.

Das Torfſtechen iſt hier jedem Bauer erlaubt. Wer
Land hat, kan, ſo wie man mir ſagte, ſtechen, und ver-
kaufen. Ich beſuchte ſo einen Torfbauer, und beſah ſei-
ne ganze Haushaltung. Edle Einfalt der Natur, wie
viel Suͤſſes, wie viel Angenehmes haſt du! der Mann
hatte ein ſchoͤnes geraͤumiges Haus, alles unter einem
Stockwerk, aber hell, hoch, rein, geputzt, und wohlmeu-
blirt. Die Leute ſind reich, ſie tragen alte ſilberne hollaͤndi-
ſche Muͤnzen ſtatt der Knoͤpfe in den Hoſen. Dieſer hat-
te eine ſilberne Uhr, eine reiche Kette, ſein Porzellaͤn,
ſeinen Toback, ſein altes Bier, ſeine Butter und Kaͤſe.
Sein Hof war eingeſchloſſen, hatte groſſe weite Schup-
pen, und war ringsherum mit Waſſer umfloſſen. Er
war noch ledig, ſprach viel, hatte viel natuͤrlichen Witz,
und viel Muntres und Freies in ſeinem ganzen Betra-
gen. Den Statthalter nennen die Leute nur, ihren Wil-
helm,
ihren Prinz; ſie ſprechen ſehr ungenirt mit ihm,
ſetzen den Hut auf, ſetzen ſich zu ihm, erkundigen ſich,
wie er und Frau und Kinder fahre, und rauchen ihre
Pfeifen fort. Von Gnade und Unterthaͤnigkeit ſpricht
der hollaͤndiſche Bauer nicht. — Vom Zuſtande der

Bauern
*) Ein ſolchergeſtalt eingedeichtes Stuͤck Land heiſt
Polder.
Herausgeber.
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[509/0533] an. *) Nach einigen Jahren kommt das Kapital mit allen Zinſen wieder heraus. Das herrlichſte Gras waͤchſt da, die Bauern haben das ſchoͤnſte Vieh, und laſſen es Tag und Nacht, und im Spaͤtjahr ſo lange im Felde, bis gegen Allerheiligen das ganze Land unter Waſ- ſer geſetzt wird. Das Torfſtechen iſt hier jedem Bauer erlaubt. Wer Land hat, kan, ſo wie man mir ſagte, ſtechen, und ver- kaufen. Ich beſuchte ſo einen Torfbauer, und beſah ſei- ne ganze Haushaltung. Edle Einfalt der Natur, wie viel Suͤſſes, wie viel Angenehmes haſt du! der Mann hatte ein ſchoͤnes geraͤumiges Haus, alles unter einem Stockwerk, aber hell, hoch, rein, geputzt, und wohlmeu- blirt. Die Leute ſind reich, ſie tragen alte ſilberne hollaͤndi- ſche Muͤnzen ſtatt der Knoͤpfe in den Hoſen. Dieſer hat- te eine ſilberne Uhr, eine reiche Kette, ſein Porzellaͤn, ſeinen Toback, ſein altes Bier, ſeine Butter und Kaͤſe. Sein Hof war eingeſchloſſen, hatte groſſe weite Schup- pen, und war ringsherum mit Waſſer umfloſſen. Er war noch ledig, ſprach viel, hatte viel natuͤrlichen Witz, und viel Muntres und Freies in ſeinem ganzen Betra- gen. Den Statthalter nennen die Leute nur, ihren Wil- helm, ihren Prinz; ſie ſprechen ſehr ungenirt mit ihm, ſetzen den Hut auf, ſetzen ſich zu ihm, erkundigen ſich, wie er und Frau und Kinder fahre, und rauchen ihre Pfeifen fort. Von Gnade und Unterthaͤnigkeit ſpricht der hollaͤndiſche Bauer nicht. — Vom Zuſtande der Bauern *) Ein ſolchergeſtalt eingedeichtes Stuͤck Land heiſt Polder. Herausgeber.

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/533>, abgerufen am 24.11.2024.