französisches Gebet, und -- denn das hat man hier auch eingeführt, -- die Absolution; dann ward ein schöner französischer Gesang über den 19. Psalm, und auch recht schön, gesungen. Weil es die Melodie war: "Solt ich meinen Gett nicht lieben?" so sangen ihn die Deutschen, die kein Französisch verstanden, auch mit, und Baer, der den französischen Gesang allemahl an- kündigte, sagte auch den Deutschen jenes Lied. Man theilte auch beide Gesangbücher aus. Das bisherübli- che deutsche ist das Darmstädtische für die Grafschaft Hanau-Lichtenberg. Nach den 4. ersten Versen ward das französische Evangelium von der Kanzel verle- sen, denn nach der Absolution setzte sich Baer gleich auf die Kanzel, wie in Strasburg, und hatte eine Bibel in gros Folio bei sich. Nach dem Verlesen sang man wieder 4. Verse aus dem vorigen Liede, dann las er die Epistel Röm XI. 30. etc. und fing die Predigt mit dem lauten Notre pere etc. an, wobei alles aufstand. Im Eingang gab er folgenden Zusammenhang an: -- "die "Juden wären von Gott blos deswegen unterschieden ge- "wesen, damit die Genealogie des Messias solte erhalten "werden;" -- und dann kam er überhaupt auf die Dun- kelheiten bei den Wegen der Vorsehung, und auf die da- her entstandenen Irrthümer. Er predigte von der Vorse- hung; I) daß eine sei; II) unsre Pflichten dabei. Den ersten Theil nahm er aus den Worten: De lui, par lui, et pour lui sont toutes les choses etc. Er rech- nete zur Vorsehung, a) Schöpfung, dazu mußte sich das Wort de lui brauchen lassen, da wurde der Jude Spinoza herbeigeholt und abgefertigt. Er sagte auch, daß man ja die mosaische Schöpfungsgeschichte nicht von der ganzen Welt verstehen sollte. b) Erhaltung, das
lag
franzoͤſiſches Gebet, und — denn das hat man hier auch eingefuͤhrt, — die Abſolution; dann ward ein ſchoͤner franzoͤſiſcher Geſang uͤber den 19. Pſalm, und auch recht ſchoͤn, geſungen. Weil es die Melodie war: „Solt ich meinen Gett nicht lieben?“ ſo ſangen ihn die Deutſchen, die kein Franzoͤſiſch verſtanden, auch mit, und Baer, der den franzoͤſiſchen Geſang allemahl an- kuͤndigte, ſagte auch den Deutſchen jenes Lied. Man theilte auch beide Geſangbuͤcher aus. Das bisheruͤbli- che deutſche iſt das Darmſtaͤdtiſche fuͤr die Grafſchaft Hanau-Lichtenberg. Nach den 4. erſten Verſen ward das franzoͤſiſche Evangelium von der Kanzel verle- ſen, denn nach der Abſolution ſetzte ſich Baer gleich auf die Kanzel, wie in Strasburg, und hatte eine Bibel in gros Folio bei ſich. Nach dem Verleſen ſang man wieder 4. Verſe aus dem vorigen Liede, dann las er die Epiſtel Roͤm XI. 30. ꝛc. und fing die Predigt mit dem lauten Notre père etc. an, wobei alles aufſtand. Im Eingang gab er folgenden Zuſammenhang an: — „die „Juden waͤren von Gott blos deswegen unterſchieden ge- „weſen, damit die Genealogie des Meſſias ſolte erhalten „werden;“ — und dann kam er uͤberhaupt auf die Dun- kelheiten bei den Wegen der Vorſehung, und auf die da- her entſtandenen Irrthuͤmer. Er predigte von der Vorſe- hung; I) daß eine ſei; II) unſre Pflichten dabei. Den erſten Theil nahm er aus den Worten: De lui, par lui, et pour lui ſont toutes les choſes etc. Er rech- nete zur Vorſehung, a) Schoͤpfung, dazu mußte ſich das Wort de lui brauchen laſſen, da wurde der Jude Spinoza herbeigeholt und abgefertigt. Er ſagte auch, daß man ja die moſaiſche Schoͤpfungsgeſchichte nicht von der ganzen Welt verſtehen ſollte. b) Erhaltung, das
lag
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0090"n="66"/>
franzoͤſiſches Gebet, und — denn das hat man hier<lb/>
auch eingefuͤhrt, — die Abſolution; dann ward ein<lb/>ſchoͤner franzoͤſiſcher Geſang uͤber den 19. Pſalm, und auch<lb/>
recht ſchoͤn, geſungen. Weil es die Melodie war:<lb/>„Solt ich meinen Gett nicht lieben?“ſo ſangen ihn die<lb/>
Deutſchen, die kein Franzoͤſiſch verſtanden, auch mit,<lb/>
und <hirendition="#fr">Baer,</hi> der den franzoͤſiſchen Geſang allemahl an-<lb/>
kuͤndigte, ſagte auch den Deutſchen jenes Lied. Man<lb/>
theilte auch beide Geſangbuͤcher aus. Das bisheruͤbli-<lb/>
che deutſche iſt das <hirendition="#fr">Darmſtaͤdtiſche</hi> fuͤr die Grafſchaft<lb/><hirendition="#fr">Hanau-Lichtenberg.</hi> Nach den 4. erſten Verſen<lb/>
ward das franzoͤſiſche Evangelium von der Kanzel verle-<lb/>ſen, denn nach der Abſolution ſetzte ſich <hirendition="#fr">Baer</hi> gleich auf<lb/>
die Kanzel, wie in <hirendition="#fr">Strasburg,</hi> und hatte eine Bibel<lb/>
in gros Folio bei ſich. Nach dem Verleſen ſang man<lb/>
wieder 4. Verſe aus dem vorigen Liede, dann las er die<lb/>
Epiſtel Roͤm <hirendition="#aq">XI.</hi> 30. ꝛc. und fing die Predigt mit dem<lb/>
lauten <hirendition="#aq">Notre père etc.</hi> an, wobei alles aufſtand. Im<lb/>
Eingang gab er folgenden Zuſammenhang an: —„die<lb/>„Juden waͤren von Gott blos deswegen unterſchieden ge-<lb/>„weſen, damit die Genealogie des Meſſias ſolte erhalten<lb/>„werden;“— und dann kam er uͤberhaupt auf die Dun-<lb/>
kelheiten bei den Wegen der Vorſehung, und auf die da-<lb/>
her entſtandenen Irrthuͤmer. Er predigte von der Vorſe-<lb/>
hung; <hirendition="#aq">I)</hi> daß eine ſei; <hirendition="#aq">II)</hi> unſre Pflichten dabei. Den<lb/>
erſten Theil nahm er aus den Worten: <hirendition="#aq">De lui, par lui,<lb/>
et pour lui ſont toutes les choſes etc.</hi> Er rech-<lb/>
nete zur Vorſehung, <hirendition="#aq">a)</hi> Schoͤpfung, dazu mußte ſich<lb/>
das Wort <hirendition="#aq">de lui</hi> brauchen laſſen, da wurde der Jude<lb/><hirendition="#fr">Spinoza</hi> herbeigeholt und abgefertigt. Er ſagte auch,<lb/>
daß man ja die moſaiſche Schoͤpfungsgeſchichte nicht von<lb/>
der ganzen Welt verſtehen ſollte. <hirendition="#aq">b)</hi> Erhaltung, das<lb/><fwplace="bottom"type="catch">lag</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[66/0090]
franzoͤſiſches Gebet, und — denn das hat man hier
auch eingefuͤhrt, — die Abſolution; dann ward ein
ſchoͤner franzoͤſiſcher Geſang uͤber den 19. Pſalm, und auch
recht ſchoͤn, geſungen. Weil es die Melodie war:
„Solt ich meinen Gett nicht lieben?“ ſo ſangen ihn die
Deutſchen, die kein Franzoͤſiſch verſtanden, auch mit,
und Baer, der den franzoͤſiſchen Geſang allemahl an-
kuͤndigte, ſagte auch den Deutſchen jenes Lied. Man
theilte auch beide Geſangbuͤcher aus. Das bisheruͤbli-
che deutſche iſt das Darmſtaͤdtiſche fuͤr die Grafſchaft
Hanau-Lichtenberg. Nach den 4. erſten Verſen
ward das franzoͤſiſche Evangelium von der Kanzel verle-
ſen, denn nach der Abſolution ſetzte ſich Baer gleich auf
die Kanzel, wie in Strasburg, und hatte eine Bibel
in gros Folio bei ſich. Nach dem Verleſen ſang man
wieder 4. Verſe aus dem vorigen Liede, dann las er die
Epiſtel Roͤm XI. 30. ꝛc. und fing die Predigt mit dem
lauten Notre père etc. an, wobei alles aufſtand. Im
Eingang gab er folgenden Zuſammenhang an: — „die
„Juden waͤren von Gott blos deswegen unterſchieden ge-
„weſen, damit die Genealogie des Meſſias ſolte erhalten
„werden;“ — und dann kam er uͤberhaupt auf die Dun-
kelheiten bei den Wegen der Vorſehung, und auf die da-
her entſtandenen Irrthuͤmer. Er predigte von der Vorſe-
hung; I) daß eine ſei; II) unſre Pflichten dabei. Den
erſten Theil nahm er aus den Worten: De lui, par lui,
et pour lui ſont toutes les choſes etc. Er rech-
nete zur Vorſehung, a) Schoͤpfung, dazu mußte ſich
das Wort de lui brauchen laſſen, da wurde der Jude
Spinoza herbeigeholt und abgefertigt. Er ſagte auch,
daß man ja die moſaiſche Schoͤpfungsgeſchichte nicht von
der ganzen Welt verſtehen ſollte. b) Erhaltung, das
lag
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/90>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.