chen lassen. Mit dem Karakter der Nation und ihrer Verfassung war er gar nicht zufrieden, und wünschte sie ganz umgestürzt zu sehen. Weil ich Morgen Weimar verlassen wollte, so nahm ich Abschied von dem herrlichen Kopf und seiner würdigen Familie.
Den 9ten Aug. Reise nach Jena.
Ich kam durch herrliche Fruchtfelder, über ein Dorf Frankendorf und Ketschau, wo ein Salzwerk ist, hierher.
Jena ist ein finstrer, enger, alter, winklichter Ort, hat aber doch einen schönen Markt, aber keinen gu- ten Gasthof. Ich logirte in der Sonne auf dem Mark- te. Es war grade das jährliche Vogelschiessen der Bür- ger und Studenten. Letztre halten viel Hunde, wie ich bemerkte. Ich machte gleich dem berühmten Zergliede- rer, dem Hrn. Hofr. und Prof. Loder, einen Besuch, und speiste auf seine freundschaftliche Einladung Mittags bei ihm in Gesellschaft des Hrn. Geheimterath Göthe. Nach Tische besah ich
Walch's, oder das nunmehrige Herzogl. Na- turalienkabinet. Es steht in 4. Zimmern auf dem Schlosse. Des Herzogs von Weimar Durchl. hat es (die Bibliotheck mit dazu gerechnet) der Wittwe des seel. Walchs 1779. abgekauft, und gibt ihr jährlich, so lan- ge sie lebt, 300. Thaler. Das kleine Kabinet, was der seel. Walch zu den Vorlesungen brauchte, kauste Hall- bauer. Hr. Hofr. Loder hat die Aufsicht darüber.
Hr.
chen laſſen. Mit dem Karakter der Nation und ihrer Verfaſſung war er gar nicht zufrieden, und wuͤnſchte ſie ganz umgeſtuͤrzt zu ſehen. Weil ich Morgen Weimar verlaſſen wollte, ſo nahm ich Abſchied von dem herrlichen Kopf und ſeiner wuͤrdigen Familie.
Den 9ten Aug. Reiſe nach Jena.
Ich kam durch herrliche Fruchtfelder, uͤber ein Dorf Frankendorf und Ketſchau, wo ein Salzwerk iſt, hierher.
Jena iſt ein finſtrer, enger, alter, winklichter Ort, hat aber doch einen ſchoͤnen Markt, aber keinen gu- ten Gaſthof. Ich logirte in der Sonne auf dem Mark- te. Es war grade das jaͤhrliche Vogelſchieſſen der Buͤr- ger und Studenten. Letztre halten viel Hunde, wie ich bemerkte. Ich machte gleich dem beruͤhmten Zergliede- rer, dem Hrn. Hofr. und Prof. Loder, einen Beſuch, und ſpeiſte auf ſeine freundſchaftliche Einladung Mittags bei ihm in Geſellſchaft des Hrn. Geheimterath Goͤthe. Nach Tiſche beſah ich
Walch’s, oder das nunmehrige Herzogl. Na- turalienkabinet. Es ſteht in 4. Zimmern auf dem Schloſſe. Des Herzogs von Weimar Durchl. hat es (die Bibliotheck mit dazu gerechnet) der Wittwe des ſeel. Walchs 1779. abgekauft, und gibt ihr jaͤhrlich, ſo lan- ge ſie lebt, 300. Thaler. Das kleine Kabinet, was der ſeel. Walch zu den Vorleſungen brauchte, kauſte Hall- bauer. Hr. Hofr. Loder hat die Aufſicht daruͤber.
Hr.
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chen laſſen. Mit dem Karakter der Nation und ihrer
Verfaſſung war er gar nicht zufrieden, und wuͤnſchte ſie
ganz umgeſtuͤrzt zu ſehen. Weil ich Morgen Weimar
verlaſſen wollte, ſo nahm ich Abſchied von dem herrlichen
Kopf und ſeiner wuͤrdigen Familie.
Den 9ten Aug.
Reiſe nach Jena.
Ich kam durch herrliche Fruchtfelder, uͤber ein Dorf
Frankendorf und Ketſchau, wo ein Salzwerk iſt,
hierher.
Jena iſt ein finſtrer, enger, alter, winklichter
Ort, hat aber doch einen ſchoͤnen Markt, aber keinen gu-
ten Gaſthof. Ich logirte in der Sonne auf dem Mark-
te. Es war grade das jaͤhrliche Vogelſchieſſen der Buͤr-
ger und Studenten. Letztre halten viel Hunde, wie ich
bemerkte. Ich machte gleich dem beruͤhmten Zergliede-
rer, dem Hrn. Hofr. und Prof. Loder, einen Beſuch,
und ſpeiſte auf ſeine freundſchaftliche Einladung Mittags
bei ihm in Geſellſchaft des Hrn. Geheimterath Goͤthe.
Nach Tiſche beſah ich
Walch’s, oder das nunmehrige Herzogl. Na-
turalienkabinet. Es ſteht in 4. Zimmern auf dem
Schloſſe. Des Herzogs von Weimar Durchl. hat es
(die Bibliotheck mit dazu gerechnet) der Wittwe des ſeel.
Walchs 1779. abgekauft, und gibt ihr jaͤhrlich, ſo lan-
ge ſie lebt, 300. Thaler. Das kleine Kabinet, was der
ſeel. Walch zu den Vorleſungen brauchte, kauſte Hall-
bauer. Hr. Hofr. Loder hat die Aufſicht daruͤber.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/148>, abgerufen am 24.11.2024.
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