Zu Mittage war ich beim Buchhändler Hrn. Ge- bauer zu Gaste. Er ist ebenfalls Liebhaber der Natur- geschichte, sammelt, besitzt auch bereits viel schöne Sa- chen, und kostbare Bücher in diesem Fache.
Nach Tische besuchte ich folgende Gelehrte:
Hrn. Dr. Nösselt. Ein Gelehrter, den das viele Studiren alt und mager gemacht hat, sonst aber ein ge- lehrter, biedrer Mann.
Hrn. Prof. J. A. Eberhard, der ein aufgeklärter Kopf und scharfsinniger Philosoph ist. Er wünscht die Fortsetzung der Abhandlungen von der Aehnlichkeit der Natur bei aller Unähnlichkeit etc. Vom seel. Martini erzählte er mir, daß er zuweilen eine kleine Debauche ge- macht habe, sei auch oft in 6. Wochen nicht aus seinem Kasten gegangen.
Hr. Dr. Bahrdt sieht bräunlich und wild aus. Er liest hier über die Beredsamkeit, hat auch Etwas darü- ber drucken lassen, klagte sehr über akademischen Neid. -- -- Er lebt von Vorlesungen, Schreiben und Sub- skriptionen von Berlin. Jetzt ist er mit Basedow gegen Semlern alliirt, und ist der Saame von allen Uneinigkeiten. Ob er sich hier mainteniren werde, steht zu erwarten. Noch immer nährt er seine Lieblingsidee von einer allgemeinen Religion.
Hrn. Prof. Knappe fand ich nicht zu Hause.
Hr. Prof. Theol. Niemeier war mit mir über den Hiob einig, und meinte auch, Wesley der Engelländer habe abgeschmacktes Zeug darüber gesagt etc.
Hierauf
H 4
Zu Mittage war ich beim Buchhaͤndler Hrn. Ge- bauer zu Gaſte. Er iſt ebenfalls Liebhaber der Natur- geſchichte, ſammelt, beſitzt auch bereits viel ſchoͤne Sa- chen, und koſtbare Buͤcher in dieſem Fache.
Nach Tiſche beſuchte ich folgende Gelehrte:
Hrn. Dr. Noͤſſelt. Ein Gelehrter, den das viele Studiren alt und mager gemacht hat, ſonſt aber ein ge- lehrter, biedrer Mann.
Hrn. Prof. J. A. Eberhard, der ein aufgeklaͤrter Kopf und ſcharfſinniger Philoſoph iſt. Er wuͤnſcht die Fortſetzung der Abhandlungen von der Aehnlichkeit der Natur bei aller Unaͤhnlichkeit ꝛc. Vom ſeel. Martini erzaͤhlte er mir, daß er zuweilen eine kleine Debauche ge- macht habe, ſei auch oft in 6. Wochen nicht aus ſeinem Kaſten gegangen.
Hr. Dr. Bahrdt ſieht braͤunlich und wild aus. Er lieſt hier uͤber die Beredſamkeit, hat auch Etwas daruͤ- ber drucken laſſen, klagte ſehr uͤber akademiſchen Neid. — — Er lebt von Vorleſungen, Schreiben und Sub- ſkriptionen von Berlin. Jetzt iſt er mit Baſedow gegen Semlern alliirt, und iſt der Saame von allen Uneinigkeiten. Ob er ſich hier mainteniren werde, ſteht zu erwarten. Noch immer naͤhrt er ſeine Lieblingsidee von einer allgemeinen Religion.
Hrn. Prof. Knappe fand ich nicht zu Hauſe.
Hr. Prof. Theol. Niemeier war mit mir uͤber den Hiob einig, und meinte auch, Wesley der Engellaͤnder habe abgeſchmacktes Zeug daruͤber geſagt ꝛc.
Hierauf
H 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0157"n="119"/><p>Zu <hirendition="#fr">Mittage</hi> war ich beim Buchhaͤndler Hrn. <hirendition="#fr">Ge-<lb/>
bauer</hi> zu Gaſte. Er iſt ebenfalls Liebhaber der Natur-<lb/>
geſchichte, ſammelt, beſitzt auch bereits viel ſchoͤne Sa-<lb/>
chen, und koſtbare Buͤcher in dieſem Fache.</p><lb/><p>Nach Tiſche beſuchte ich folgende Gelehrte:</p><lb/><p>Hrn. Dr. <hirendition="#fr">Noͤſſelt.</hi> Ein Gelehrter, den das viele<lb/>
Studiren alt und mager gemacht hat, ſonſt aber ein ge-<lb/>
lehrter, biedrer Mann.</p><lb/><p>Hrn. Prof. <hirendition="#fr">J. A. Eberhard,</hi> der ein aufgeklaͤrter<lb/>
Kopf und ſcharfſinniger Philoſoph iſt. Er wuͤnſcht die<lb/>
Fortſetzung der Abhandlungen von der Aehnlichkeit der<lb/>
Natur bei aller Unaͤhnlichkeit ꝛc. Vom ſeel. <hirendition="#fr">Martini</hi><lb/>
erzaͤhlte er mir, daß er zuweilen eine kleine Debauche ge-<lb/>
macht habe, ſei auch oft in 6. Wochen nicht aus ſeinem<lb/>
Kaſten gegangen.</p><lb/><p>Hr. Dr. <hirendition="#fr">Bahrdt</hi>ſieht braͤunlich und wild aus. Er<lb/>
lieſt hier uͤber die <hirendition="#fr">Beredſamkeit,</hi> hat auch Etwas daruͤ-<lb/>
ber drucken laſſen, klagte ſehr uͤber akademiſchen Neid.<lb/>—— Er lebt von Vorleſungen, Schreiben und Sub-<lb/>ſkriptionen von <hirendition="#fr">Berlin.</hi> Jetzt iſt er mit <hirendition="#fr">Baſedow</hi><lb/>
gegen <hirendition="#fr">Semlern</hi> alliirt, und iſt der Saame von allen<lb/>
Uneinigkeiten. Ob er ſich hier mainteniren werde, ſteht<lb/>
zu erwarten. Noch immer naͤhrt er ſeine Lieblingsidee<lb/>
von einer allgemeinen Religion.</p><lb/><p>Hrn. Prof. <hirendition="#fr">Knappe</hi> fand ich nicht zu Hauſe.</p><lb/><p>Hr. Prof. Theol. <hirendition="#fr">Niemeier</hi> war mit mir uͤber den<lb/><hirendition="#fr">Hiob</hi> einig, und meinte auch, <hirendition="#fr">Wesley</hi> der Engellaͤnder<lb/>
habe abgeſchmacktes Zeug daruͤber geſagt ꝛc.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">H 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Hierauf</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[119/0157]
Zu Mittage war ich beim Buchhaͤndler Hrn. Ge-
bauer zu Gaſte. Er iſt ebenfalls Liebhaber der Natur-
geſchichte, ſammelt, beſitzt auch bereits viel ſchoͤne Sa-
chen, und koſtbare Buͤcher in dieſem Fache.
Nach Tiſche beſuchte ich folgende Gelehrte:
Hrn. Dr. Noͤſſelt. Ein Gelehrter, den das viele
Studiren alt und mager gemacht hat, ſonſt aber ein ge-
lehrter, biedrer Mann.
Hrn. Prof. J. A. Eberhard, der ein aufgeklaͤrter
Kopf und ſcharfſinniger Philoſoph iſt. Er wuͤnſcht die
Fortſetzung der Abhandlungen von der Aehnlichkeit der
Natur bei aller Unaͤhnlichkeit ꝛc. Vom ſeel. Martini
erzaͤhlte er mir, daß er zuweilen eine kleine Debauche ge-
macht habe, ſei auch oft in 6. Wochen nicht aus ſeinem
Kaſten gegangen.
Hr. Dr. Bahrdt ſieht braͤunlich und wild aus. Er
lieſt hier uͤber die Beredſamkeit, hat auch Etwas daruͤ-
ber drucken laſſen, klagte ſehr uͤber akademiſchen Neid.
— — Er lebt von Vorleſungen, Schreiben und Sub-
ſkriptionen von Berlin. Jetzt iſt er mit Baſedow
gegen Semlern alliirt, und iſt der Saame von allen
Uneinigkeiten. Ob er ſich hier mainteniren werde, ſteht
zu erwarten. Noch immer naͤhrt er ſeine Lieblingsidee
von einer allgemeinen Religion.
Hrn. Prof. Knappe fand ich nicht zu Hauſe.
Hr. Prof. Theol. Niemeier war mit mir uͤber den
Hiob einig, und meinte auch, Wesley der Engellaͤnder
habe abgeſchmacktes Zeug daruͤber geſagt ꝛc.
Hierauf
H 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/157>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.