Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Zu Mittage war ich beim Buchhändler Hrn. Ge-
bauer
zu Gaste. Er ist ebenfalls Liebhaber der Natur-
geschichte, sammelt, besitzt auch bereits viel schöne Sa-
chen, und kostbare Bücher in diesem Fache.

Nach Tische besuchte ich folgende Gelehrte:

Hrn. Dr. Nösselt. Ein Gelehrter, den das viele
Studiren alt und mager gemacht hat, sonst aber ein ge-
lehrter, biedrer Mann.

Hrn. Prof. J. A. Eberhard, der ein aufgeklärter
Kopf und scharfsinniger Philosoph ist. Er wünscht die
Fortsetzung der Abhandlungen von der Aehnlichkeit der
Natur bei aller Unähnlichkeit etc. Vom seel. Martini
erzählte er mir, daß er zuweilen eine kleine Debauche ge-
macht habe, sei auch oft in 6. Wochen nicht aus seinem
Kasten gegangen.

Hr. Dr. Bahrdt sieht bräunlich und wild aus. Er
liest hier über die Beredsamkeit, hat auch Etwas darü-
ber drucken lassen, klagte sehr über akademischen Neid.
-- -- Er lebt von Vorlesungen, Schreiben und Sub-
skriptionen von Berlin. Jetzt ist er mit Basedow
gegen Semlern alliirt, und ist der Saame von allen
Uneinigkeiten. Ob er sich hier mainteniren werde, steht
zu erwarten. Noch immer nährt er seine Lieblingsidee
von einer allgemeinen Religion.

Hrn. Prof. Knappe fand ich nicht zu Hause.

Hr. Prof. Theol. Niemeier war mit mir über den
Hiob einig, und meinte auch, Wesley der Engelländer
habe abgeschmacktes Zeug darüber gesagt etc.

Hierauf
H 4

Zu Mittage war ich beim Buchhaͤndler Hrn. Ge-
bauer
zu Gaſte. Er iſt ebenfalls Liebhaber der Natur-
geſchichte, ſammelt, beſitzt auch bereits viel ſchoͤne Sa-
chen, und koſtbare Buͤcher in dieſem Fache.

Nach Tiſche beſuchte ich folgende Gelehrte:

Hrn. Dr. Noͤſſelt. Ein Gelehrter, den das viele
Studiren alt und mager gemacht hat, ſonſt aber ein ge-
lehrter, biedrer Mann.

Hrn. Prof. J. A. Eberhard, der ein aufgeklaͤrter
Kopf und ſcharfſinniger Philoſoph iſt. Er wuͤnſcht die
Fortſetzung der Abhandlungen von der Aehnlichkeit der
Natur bei aller Unaͤhnlichkeit ꝛc. Vom ſeel. Martini
erzaͤhlte er mir, daß er zuweilen eine kleine Debauche ge-
macht habe, ſei auch oft in 6. Wochen nicht aus ſeinem
Kaſten gegangen.

Hr. Dr. Bahrdt ſieht braͤunlich und wild aus. Er
lieſt hier uͤber die Beredſamkeit, hat auch Etwas daruͤ-
ber drucken laſſen, klagte ſehr uͤber akademiſchen Neid.
— — Er lebt von Vorleſungen, Schreiben und Sub-
ſkriptionen von Berlin. Jetzt iſt er mit Baſedow
gegen Semlern alliirt, und iſt der Saame von allen
Uneinigkeiten. Ob er ſich hier mainteniren werde, ſteht
zu erwarten. Noch immer naͤhrt er ſeine Lieblingsidee
von einer allgemeinen Religion.

Hrn. Prof. Knappe fand ich nicht zu Hauſe.

Hr. Prof. Theol. Niemeier war mit mir uͤber den
Hiob einig, und meinte auch, Wesley der Engellaͤnder
habe abgeſchmacktes Zeug daruͤber geſagt ꝛc.

Hierauf
H 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0157" n="119"/>
            <p>Zu <hi rendition="#fr">Mittage</hi> war ich beim Buchha&#x0364;ndler Hrn. <hi rendition="#fr">Ge-<lb/>
bauer</hi> zu Ga&#x017F;te. Er i&#x017F;t ebenfalls Liebhaber der Natur-<lb/>
ge&#x017F;chichte, &#x017F;ammelt, be&#x017F;itzt auch bereits viel &#x017F;cho&#x0364;ne Sa-<lb/>
chen, und ko&#x017F;tbare Bu&#x0364;cher in die&#x017F;em Fache.</p><lb/>
            <p>Nach Ti&#x017F;che be&#x017F;uchte ich folgende Gelehrte:</p><lb/>
            <p>Hrn. Dr. <hi rendition="#fr">No&#x0364;&#x017F;&#x017F;elt.</hi> Ein Gelehrter, den das viele<lb/>
Studiren alt und mager gemacht hat, &#x017F;on&#x017F;t aber ein ge-<lb/>
lehrter, biedrer Mann.</p><lb/>
            <p>Hrn. Prof. <hi rendition="#fr">J. A. Eberhard,</hi> der ein aufgekla&#x0364;rter<lb/>
Kopf und &#x017F;charf&#x017F;inniger Philo&#x017F;oph i&#x017F;t. Er wu&#x0364;n&#x017F;cht die<lb/>
Fort&#x017F;etzung der Abhandlungen von der Aehnlichkeit der<lb/>
Natur bei aller Una&#x0364;hnlichkeit &#xA75B;c. Vom &#x017F;eel. <hi rendition="#fr">Martini</hi><lb/>
erza&#x0364;hlte er mir, daß er zuweilen eine kleine Debauche ge-<lb/>
macht habe, &#x017F;ei auch oft in 6. Wochen nicht aus &#x017F;einem<lb/>
Ka&#x017F;ten gegangen.</p><lb/>
            <p>Hr. Dr. <hi rendition="#fr">Bahrdt</hi> &#x017F;ieht bra&#x0364;unlich und wild aus. Er<lb/>
lie&#x017F;t hier u&#x0364;ber die <hi rendition="#fr">Bered&#x017F;amkeit,</hi> hat auch Etwas daru&#x0364;-<lb/>
ber drucken la&#x017F;&#x017F;en, klagte &#x017F;ehr u&#x0364;ber akademi&#x017F;chen Neid.<lb/>
&#x2014; &#x2014; Er lebt von Vorle&#x017F;ungen, Schreiben und Sub-<lb/>
&#x017F;kriptionen von <hi rendition="#fr">Berlin.</hi> Jetzt i&#x017F;t er mit <hi rendition="#fr">Ba&#x017F;edow</hi><lb/>
gegen <hi rendition="#fr">Semlern</hi> alliirt, und i&#x017F;t der Saame von allen<lb/>
Uneinigkeiten. Ob er &#x017F;ich hier mainteniren werde, &#x017F;teht<lb/>
zu erwarten. Noch immer na&#x0364;hrt er &#x017F;eine Lieblingsidee<lb/>
von einer allgemeinen Religion.</p><lb/>
            <p>Hrn. Prof. <hi rendition="#fr">Knappe</hi> fand ich nicht zu Hau&#x017F;e.</p><lb/>
            <p>Hr. Prof. Theol. <hi rendition="#fr">Niemeier</hi> war mit mir u&#x0364;ber den<lb/><hi rendition="#fr">Hiob</hi> einig, und meinte auch, <hi rendition="#fr">Wesley</hi> der Engella&#x0364;nder<lb/>
habe abge&#x017F;chmacktes Zeug daru&#x0364;ber ge&#x017F;agt &#xA75B;c.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">H 4</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Hierauf</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0157] Zu Mittage war ich beim Buchhaͤndler Hrn. Ge- bauer zu Gaſte. Er iſt ebenfalls Liebhaber der Natur- geſchichte, ſammelt, beſitzt auch bereits viel ſchoͤne Sa- chen, und koſtbare Buͤcher in dieſem Fache. Nach Tiſche beſuchte ich folgende Gelehrte: Hrn. Dr. Noͤſſelt. Ein Gelehrter, den das viele Studiren alt und mager gemacht hat, ſonſt aber ein ge- lehrter, biedrer Mann. Hrn. Prof. J. A. Eberhard, der ein aufgeklaͤrter Kopf und ſcharfſinniger Philoſoph iſt. Er wuͤnſcht die Fortſetzung der Abhandlungen von der Aehnlichkeit der Natur bei aller Unaͤhnlichkeit ꝛc. Vom ſeel. Martini erzaͤhlte er mir, daß er zuweilen eine kleine Debauche ge- macht habe, ſei auch oft in 6. Wochen nicht aus ſeinem Kaſten gegangen. Hr. Dr. Bahrdt ſieht braͤunlich und wild aus. Er lieſt hier uͤber die Beredſamkeit, hat auch Etwas daruͤ- ber drucken laſſen, klagte ſehr uͤber akademiſchen Neid. — — Er lebt von Vorleſungen, Schreiben und Sub- ſkriptionen von Berlin. Jetzt iſt er mit Baſedow gegen Semlern alliirt, und iſt der Saame von allen Uneinigkeiten. Ob er ſich hier mainteniren werde, ſteht zu erwarten. Noch immer naͤhrt er ſeine Lieblingsidee von einer allgemeinen Religion. Hrn. Prof. Knappe fand ich nicht zu Hauſe. Hr. Prof. Theol. Niemeier war mit mir uͤber den Hiob einig, und meinte auch, Wesley der Engellaͤnder habe abgeſchmacktes Zeug daruͤber geſagt ꝛc. Hierauf H 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/157
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/157>, abgerufen am 21.11.2024.