ihm in seine Chaise setzen, und so hielt ich in seiner lieben Gesellschaft meinen Einzug in Leipzig. Mein Lands- mann, Hr. Sicherer aus Heilbronn, der hier studirt, war auch mit von der Parthie.
Den 16ten Aug.
Leipzig. Ich muste bei meinem Freunde Jako- bäer auf der Reichsstrasse logiren. Er wollte es nun nicht anders. Mein erster Besuch heute war zuerst bei
Hrn. Jakobäer, dem Vater, schon in Jahren, aber noch thätig, ganz für seine Kunst eingenommen, und ein ächter Biedermann. Ich besah seine Druckerei, die sehr wohl eingerichtet ist. Sie haben immer 7. Pressen ge- hen und können jede Woche an 50,000. Bogen drucken. Das Haus, welches er bewohnt, heist das grosse Für- stenkollegium oder das schwarze Bret. Neben ihm wohnte ehemals Gellert. Man wies wir seine Woh- nung. Hier war es also, dacht' ich, wo dieser Weise in einem stillen Winkel so unendlich Gutes für die Welt wirkte, wo er in das Herz so vieler Jünglinge von nahe und fern Religion und Tugend pflanzte, ihren Geschmack bildete, und Früchte schafte, deren Nutzen sich auf Tau- sende verbreitete.
Drauf besah ich verschiedene Hör- und Disputati- onssäle der Universität, die Wahlzimmer, das Konvik- torium, das neue Juristenfakultätsgebäude etc. Die Universität hat viele weitläuftige, zum Theil schöne Ge- bäude. Dann ging ich, um
Hrn. Dr. Platner lesen zu hören. Er hat sehr viel Beifall. Ich kam in eine Stunde, wo er über die Diä-
tetik
ihm in ſeine Chaiſe ſetzen, und ſo hielt ich in ſeiner lieben Geſellſchaft meinen Einzug in Leipzig. Mein Lands- mann, Hr. Sicherer aus Heilbronn, der hier ſtudirt, war auch mit von der Parthie.
Den 16ten Aug.
Leipzig. Ich muſte bei meinem Freunde Jako- baͤer auf der Reichsſtraſſe logiren. Er wollte es nun nicht anders. Mein erſter Beſuch heute war zuerſt bei
Hrn. Jakobaͤer, dem Vater, ſchon in Jahren, aber noch thaͤtig, ganz fuͤr ſeine Kunſt eingenommen, und ein aͤchter Biedermann. Ich beſah ſeine Druckerei, die ſehr wohl eingerichtet iſt. Sie haben immer 7. Preſſen ge- hen und koͤnnen jede Woche an 50,000. Bogen drucken. Das Haus, welches er bewohnt, heiſt das groſſe Fuͤr- ſtenkollegium oder das ſchwarze Bret. Neben ihm wohnte ehemals Gellert. Man wies wir ſeine Woh- nung. Hier war es alſo, dacht’ ich, wo dieſer Weiſe in einem ſtillen Winkel ſo unendlich Gutes fuͤr die Welt wirkte, wo er in das Herz ſo vieler Juͤnglinge von nahe und fern Religion und Tugend pflanzte, ihren Geſchmack bildete, und Fruͤchte ſchafte, deren Nutzen ſich auf Tau- ſende verbreitete.
Drauf beſah ich verſchiedene Hoͤr- und Disputati- onsſaͤle der Univerſitaͤt, die Wahlzimmer, das Konvik- torium, das neue Juriſtenfakultaͤtsgebaͤude ꝛc. Die Univerſitaͤt hat viele weitlaͤuftige, zum Theil ſchoͤne Ge- baͤude. Dann ging ich, um
Hrn. Dr. Platner leſen zu hoͤren. Er hat ſehr viel Beifall. Ich kam in eine Stunde, wo er uͤber die Diaͤ-
tetik
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ihm in ſeine Chaiſe ſetzen, und ſo hielt ich in ſeiner lieben
Geſellſchaft meinen Einzug in Leipzig. Mein Lands-
mann, Hr. Sicherer aus Heilbronn, der hier ſtudirt,
war auch mit von der Parthie.
Den 16ten Aug.
Leipzig. Ich muſte bei meinem Freunde Jako-
baͤer auf der Reichsſtraſſe logiren. Er wollte es nun
nicht anders. Mein erſter Beſuch heute war zuerſt bei
Hrn. Jakobaͤer, dem Vater, ſchon in Jahren, aber
noch thaͤtig, ganz fuͤr ſeine Kunſt eingenommen, und ein
aͤchter Biedermann. Ich beſah ſeine Druckerei, die ſehr
wohl eingerichtet iſt. Sie haben immer 7. Preſſen ge-
hen und koͤnnen jede Woche an 50,000. Bogen drucken.
Das Haus, welches er bewohnt, heiſt das groſſe Fuͤr-
ſtenkollegium oder das ſchwarze Bret. Neben ihm
wohnte ehemals Gellert. Man wies wir ſeine Woh-
nung. Hier war es alſo, dacht’ ich, wo dieſer Weiſe in
einem ſtillen Winkel ſo unendlich Gutes fuͤr die Welt
wirkte, wo er in das Herz ſo vieler Juͤnglinge von nahe
und fern Religion und Tugend pflanzte, ihren Geſchmack
bildete, und Fruͤchte ſchafte, deren Nutzen ſich auf Tau-
ſende verbreitete.
Drauf beſah ich verſchiedene Hoͤr- und Disputati-
onsſaͤle der Univerſitaͤt, die Wahlzimmer, das Konvik-
torium, das neue Juriſtenfakultaͤtsgebaͤude ꝛc. Die
Univerſitaͤt hat viele weitlaͤuftige, zum Theil ſchoͤne Ge-
baͤude. Dann ging ich, um
Hrn. Dr. Platner leſen zu hoͤren. Er hat ſehr viel
Beifall. Ich kam in eine Stunde, wo er uͤber die Diaͤ-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/164>, abgerufen am 21.11.2024.
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