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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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Breßlau, nach Eroberung dieses Orts, in der Kirche
gewesen, sonst nie. Der Prinz von Preussen kommu-
nizirt des Jahrs einmahl. Der König räumt den Ein-
fluß der Religion aufs Volk ein, und setzt sie doch oft vor
Offiziers und Pagen herab. Blutschande, Sodomite-
rei etc. nennt er Peccadilles, und Hurerei menschliche
Schwachheit. Man solle den Bauer nicht noch mehr
von Geld enerviren, lieber ein Paar Monat Festungs-
bau. Nach jedem Kriege will man bemerkt haben, daß
er etwas härter geworden.

Es liegen ohngefähr 8000. Mann Garnison hier.
Die Soldaten vom ersten Bataillon der Leibgarde zu Fuß
müssen immer in Parade seyn, dürfen nicht arbeiten, und
haben wöchentlich einen Gulden. Die Soldaten sind
alle im 2ten Stock einquartirt. Mancher Bürger hat 8.
bis 10. Mann, mancher 6, alle aber 4. Mann. Der
Bürger muß ihnen auch kochen, und das Essen auf die
Wache schicken. Die Klafter Holz kostet hier über 2.
Thaler, der König verkauft aber jedem Bürger 6. Klaf-
tern für 1. Thaler 6. Groschen, aber das Fuhrlohn bezahlt
der Bürger. Die Soldaten dürfen es nicht einmahl
spalten. Es sind noch einige Soldaten vom vorigen Kö-
nige hier, z. B. der Flügelmann vom ersten Bataillon.
Er mißt 18. Zoll über 5. Schuh, ist eine schreckliche Ma-
schine, geht aber schon gebückt. Auch von der Kolliner
Bataille sind noch welche hier. Diese bekommen zu ih-
rem Traktament 1. Gulden Zulage *). Jene vom 1sten

Bataillon
*) Vor Kurzem lebte in Berlin noch ein Jude, der Sol-
dat,
und am Sonnabend, als seinem Schabbes, frei
war. Er war recht stolz auf seine Montur, und trug
sie beständig.

Breßlau, nach Eroberung dieſes Orts, in der Kirche
geweſen, ſonſt nie. Der Prinz von Preuſſen kommu-
nizirt des Jahrs einmahl. Der Koͤnig raͤumt den Ein-
fluß der Religion aufs Volk ein, und ſetzt ſie doch oft vor
Offiziers und Pagen herab. Blutſchande, Sodomite-
rei ꝛc. nennt er Peccadilles, und Hurerei menſchliche
Schwachheit. Man ſolle den Bauer nicht noch mehr
von Geld enerviren, lieber ein Paar Monat Feſtungs-
bau. Nach jedem Kriege will man bemerkt haben, daß
er etwas haͤrter geworden.

Es liegen ohngefaͤhr 8000. Mann Garniſon hier.
Die Soldaten vom erſten Bataillon der Leibgarde zu Fuß
muͤſſen immer in Parade ſeyn, duͤrfen nicht arbeiten, und
haben woͤchentlich einen Gulden. Die Soldaten ſind
alle im 2ten Stock einquartirt. Mancher Buͤrger hat 8.
bis 10. Mann, mancher 6, alle aber 4. Mann. Der
Buͤrger muß ihnen auch kochen, und das Eſſen auf die
Wache ſchicken. Die Klafter Holz koſtet hier uͤber 2.
Thaler, der Koͤnig verkauft aber jedem Buͤrger 6. Klaf-
tern fuͤr 1. Thaler 6. Groſchen, aber das Fuhrlohn bezahlt
der Buͤrger. Die Soldaten duͤrfen es nicht einmahl
ſpalten. Es ſind noch einige Soldaten vom vorigen Koͤ-
nige hier, z. B. der Fluͤgelmann vom erſten Bataillon.
Er mißt 18. Zoll uͤber 5. Schuh, iſt eine ſchreckliche Ma-
ſchine, geht aber ſchon gebuͤckt. Auch von der Kolliner
Bataille ſind noch welche hier. Dieſe bekommen zu ih-
rem Traktament 1. Gulden Zulage *). Jene vom 1ſten

Bataillon
*) Vor Kurzem lebte in Berlin noch ein Jude, der Sol-
dat,
und am Sonnabend, als ſeinem Schabbes, frei
war. Er war recht ſtolz auf ſeine Montur, und trug
ſie beſtaͤndig.
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[210/0248] Breßlau, nach Eroberung dieſes Orts, in der Kirche geweſen, ſonſt nie. Der Prinz von Preuſſen kommu- nizirt des Jahrs einmahl. Der Koͤnig raͤumt den Ein- fluß der Religion aufs Volk ein, und ſetzt ſie doch oft vor Offiziers und Pagen herab. Blutſchande, Sodomite- rei ꝛc. nennt er Peccadilles, und Hurerei menſchliche Schwachheit. Man ſolle den Bauer nicht noch mehr von Geld enerviren, lieber ein Paar Monat Feſtungs- bau. Nach jedem Kriege will man bemerkt haben, daß er etwas haͤrter geworden. Es liegen ohngefaͤhr 8000. Mann Garniſon hier. Die Soldaten vom erſten Bataillon der Leibgarde zu Fuß muͤſſen immer in Parade ſeyn, duͤrfen nicht arbeiten, und haben woͤchentlich einen Gulden. Die Soldaten ſind alle im 2ten Stock einquartirt. Mancher Buͤrger hat 8. bis 10. Mann, mancher 6, alle aber 4. Mann. Der Buͤrger muß ihnen auch kochen, und das Eſſen auf die Wache ſchicken. Die Klafter Holz koſtet hier uͤber 2. Thaler, der Koͤnig verkauft aber jedem Buͤrger 6. Klaf- tern fuͤr 1. Thaler 6. Groſchen, aber das Fuhrlohn bezahlt der Buͤrger. Die Soldaten duͤrfen es nicht einmahl ſpalten. Es ſind noch einige Soldaten vom vorigen Koͤ- nige hier, z. B. der Fluͤgelmann vom erſten Bataillon. Er mißt 18. Zoll uͤber 5. Schuh, iſt eine ſchreckliche Ma- ſchine, geht aber ſchon gebuͤckt. Auch von der Kolliner Bataille ſind noch welche hier. Dieſe bekommen zu ih- rem Traktament 1. Gulden Zulage *). Jene vom 1ſten Bataillon *) Vor Kurzem lebte in Berlin noch ein Jude, der Sol- dat, und am Sonnabend, als ſeinem Schabbes, frei war. Er war recht ſtolz auf ſeine Montur, und trug ſie beſtaͤndig.

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/248>, abgerufen am 24.11.2024.