Man hat hier grosse Frachtschiffe oder Nachen, wie man sie nennt. Man hat schon drei Kutschen in ein Schiff gestellt, und drei Kerl arbeiteten sie hinüber. Die Schiffer fahren nicht in der Nacht. Licht, sagen sie, könne man dabei nicht brauchen. Im höchsten Nothfall, wenn ein Reisender gar nicht warten will, wer- den sie von eigenen dazu bestellten Wächtern aus dem Schlaf geweckt. Oft wird die Nacht über dem Strome sehr schwarz, dem Ansehen nach schwärzer, als auf dem Lande. Gar oft wird der Strom trübe. Ueberhaupt ist der Rhein in diesen Gegenden bei weitem nicht mehr so angenehm, so hell und klar, als in der Schweiz. Die vielen kleinen Wasser, die er aufnimmt, und die unzäh- ligen Giesbäche, die hineinfallen, haben ihm ganz seine eigene Farbe benommen. Die wildesten Pferde stehen still, wenn sie im Schiffe sind. Einige wollen fast im- mer beim Ueberfahren saufen, und fallen dabei in den Strom.
Der Weg von der Ueberfahrt nach der Stadt geht jetzt noch durch kleine Sümpfe, und Wildnisse. Man arbeitet aber wirklich daran, eine Chaussee zu machen. Prächtig zeigt sich die lang ausgedehnte Stadt von wei- tem, und herrlich sind die Gegenden am Rhein, beson- da, wo man nach Schwezingen und Mannheim reist. Es steht dort am Rhein ein Krahn zum Ausladen der Schiffe, den ein Bauverständiger aus der Reichsstadt angegeben und gebaut hat. Die Maschine ist sehr sim- pel, und hebt doch achtzig bis neunzig Zentner. Man tritt ihn alsdann mit zwei Rädern; wenn er nicht ange- schlossen ist, kan man ihn mit einer Hand drehen. Man hat das Modell davon schon nach Maynz kommen lassen.
Wenn
Man hat hier groſſe Frachtſchiffe oder Nachen, wie man ſie nennt. Man hat ſchon drei Kutſchen in ein Schiff geſtellt, und drei Kerl arbeiteten ſie hinuͤber. Die Schiffer fahren nicht in der Nacht. Licht, ſagen ſie, koͤnne man dabei nicht brauchen. Im hoͤchſten Nothfall, wenn ein Reiſender gar nicht warten will, wer- den ſie von eigenen dazu beſtellten Waͤchtern aus dem Schlaf geweckt. Oft wird die Nacht uͤber dem Strome ſehr ſchwarz, dem Anſehen nach ſchwaͤrzer, als auf dem Lande. Gar oft wird der Strom truͤbe. Ueberhaupt iſt der Rhein in dieſen Gegenden bei weitem nicht mehr ſo angenehm, ſo hell und klar, als in der Schweiz. Die vielen kleinen Waſſer, die er aufnimmt, und die unzaͤh- ligen Giesbaͤche, die hineinfallen, haben ihm ganz ſeine eigene Farbe benommen. Die wildeſten Pferde ſtehen ſtill, wenn ſie im Schiffe ſind. Einige wollen faſt im- mer beim Ueberfahren ſaufen, und fallen dabei in den Strom.
Der Weg von der Ueberfahrt nach der Stadt geht jetzt noch durch kleine Suͤmpfe, und Wildniſſe. Man arbeitet aber wirklich daran, eine Chauſſee zu machen. Praͤchtig zeigt ſich die lang ausgedehnte Stadt von wei- tem, und herrlich ſind die Gegenden am Rhein, beſon- da, wo man nach Schwezingen und Mannheim reiſt. Es ſteht dort am Rhein ein Krahn zum Ausladen der Schiffe, den ein Bauverſtaͤndiger aus der Reichsſtadt angegeben und gebaut hat. Die Maſchine iſt ſehr ſim- pel, und hebt doch achtzig bis neunzig Zentner. Man tritt ihn alsdann mit zwei Raͤdern; wenn er nicht ange- ſchloſſen iſt, kan man ihn mit einer Hand drehen. Man hat das Modell davon ſchon nach Maynz kommen laſſen.
Wenn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0338"n="300"/>
Man hat hier groſſe Frachtſchiffe oder <hirendition="#fr">Nachen,</hi> wie<lb/>
man ſie nennt. Man hat ſchon drei Kutſchen in ein<lb/>
Schiff geſtellt, und drei Kerl arbeiteten ſie hinuͤber.<lb/>
Die Schiffer fahren nicht in der Nacht. Licht, ſagen<lb/>ſie, koͤnne man dabei nicht brauchen. Im hoͤchſten<lb/>
Nothfall, wenn ein Reiſender gar nicht warten will, wer-<lb/>
den ſie von eigenen dazu beſtellten Waͤchtern aus dem<lb/>
Schlaf geweckt. Oft wird die Nacht uͤber dem Strome<lb/>ſehr ſchwarz, dem Anſehen nach ſchwaͤrzer, als auf dem<lb/>
Lande. Gar oft wird der Strom truͤbe. Ueberhaupt iſt<lb/>
der <hirendition="#fr">Rhein</hi> in dieſen Gegenden bei weitem nicht mehr ſo<lb/>
angenehm, ſo hell und klar, als in der <hirendition="#fr">Schweiz.</hi> Die<lb/>
vielen kleinen Waſſer, die er aufnimmt, und die unzaͤh-<lb/>
ligen Giesbaͤche, die hineinfallen, haben ihm ganz ſeine<lb/>
eigene Farbe benommen. Die wildeſten Pferde ſtehen<lb/>ſtill, wenn ſie im Schiffe ſind. Einige wollen faſt im-<lb/>
mer beim Ueberfahren ſaufen, und fallen dabei in den<lb/>
Strom.</p><lb/><p>Der Weg von der Ueberfahrt nach der Stadt geht<lb/>
jetzt noch durch kleine Suͤmpfe, und Wildniſſe. Man<lb/>
arbeitet aber wirklich daran, eine Chauſſee zu machen.<lb/>
Praͤchtig zeigt ſich die lang ausgedehnte Stadt von wei-<lb/>
tem, und herrlich ſind die Gegenden am <hirendition="#fr">Rhein,</hi> beſon-<lb/>
da, wo man nach <hirendition="#fr">Schwezingen</hi> und <hirendition="#fr">Mannheim</hi> reiſt.<lb/>
Es ſteht dort am <hirendition="#fr">Rhein</hi> ein <hirendition="#fr">Krahn</hi> zum Ausladen der<lb/>
Schiffe, den ein Bauverſtaͤndiger aus der Reichsſtadt<lb/>
angegeben und gebaut hat. Die Maſchine iſt ſehr ſim-<lb/>
pel, und hebt doch achtzig bis neunzig Zentner. Man<lb/>
tritt ihn alsdann mit zwei Raͤdern; wenn er nicht ange-<lb/>ſchloſſen iſt, kan man ihn mit einer Hand drehen. Man<lb/>
hat das Modell davon ſchon nach <hirendition="#fr">Maynz</hi> kommen laſſen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wenn</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[300/0338]
Man hat hier groſſe Frachtſchiffe oder Nachen, wie
man ſie nennt. Man hat ſchon drei Kutſchen in ein
Schiff geſtellt, und drei Kerl arbeiteten ſie hinuͤber.
Die Schiffer fahren nicht in der Nacht. Licht, ſagen
ſie, koͤnne man dabei nicht brauchen. Im hoͤchſten
Nothfall, wenn ein Reiſender gar nicht warten will, wer-
den ſie von eigenen dazu beſtellten Waͤchtern aus dem
Schlaf geweckt. Oft wird die Nacht uͤber dem Strome
ſehr ſchwarz, dem Anſehen nach ſchwaͤrzer, als auf dem
Lande. Gar oft wird der Strom truͤbe. Ueberhaupt iſt
der Rhein in dieſen Gegenden bei weitem nicht mehr ſo
angenehm, ſo hell und klar, als in der Schweiz. Die
vielen kleinen Waſſer, die er aufnimmt, und die unzaͤh-
ligen Giesbaͤche, die hineinfallen, haben ihm ganz ſeine
eigene Farbe benommen. Die wildeſten Pferde ſtehen
ſtill, wenn ſie im Schiffe ſind. Einige wollen faſt im-
mer beim Ueberfahren ſaufen, und fallen dabei in den
Strom.
Der Weg von der Ueberfahrt nach der Stadt geht
jetzt noch durch kleine Suͤmpfe, und Wildniſſe. Man
arbeitet aber wirklich daran, eine Chauſſee zu machen.
Praͤchtig zeigt ſich die lang ausgedehnte Stadt von wei-
tem, und herrlich ſind die Gegenden am Rhein, beſon-
da, wo man nach Schwezingen und Mannheim reiſt.
Es ſteht dort am Rhein ein Krahn zum Ausladen der
Schiffe, den ein Bauverſtaͤndiger aus der Reichsſtadt
angegeben und gebaut hat. Die Maſchine iſt ſehr ſim-
pel, und hebt doch achtzig bis neunzig Zentner. Man
tritt ihn alsdann mit zwei Raͤdern; wenn er nicht ange-
ſchloſſen iſt, kan man ihn mit einer Hand drehen. Man
hat das Modell davon ſchon nach Maynz kommen laſſen.
Wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/338>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.