Gottesgelehrten lernen sollen. Auch die weltlichen Be- dienten des Fürsten ahmen seinen leutseligen, gefälligen, freigebigen und menschenfreundlichen Karakter nach, und man hört auch nicht, daß die Unterthanen murren oder klagen. Kurz, so wie ich vor einigen Jahren mich in der Abbaye St. Germain in Paris sehr wohl befun- den habe, so lebte ich auch hier in St. Blasien. Dies vorausgesetzt, will ich Ihnen nun allerlei vermischte Nach- richten, wie sie mir beifallen, mittheilen.
Ich hatte mich kaum angezogen, so durfte ich vor den Fürsten kommen, und fand das alles wahr, was ich von ihm gehört habe. Ungemein viel Gelehrsamkeit mit einem edlen Herzen, und mit einer liebenswürdigen Simplizität im Karakter verbunden. Man ist gleich bei ihm empfohlen und mit ihm bekannt. Man erkennt gleich in ihm den Mann, der viel gereiset, mit vielen Menschen umgegangen ist. Und welch ein Vergnügen, wenn zwei Personen beisammen sind, von denen man sa- gen kan: Multos hominum mores vidit et urbes! Nach den Angaben im Catalogus von St. Blasien ist Fürst Martin Gerbert gebohren zu Horb im Wür- tembergischen 1720. that Profeß 1737. ward Priester 1744, ward zum Abt erwählt im Oktober 1764. und an seinem Namenstag in eben dem Jahr eingeweiht. Er ist der sechs und vierzigste Prälat oder Abt im Blasier Kloster. Wir sprachen gleich den ersten Abend von sei- ner Lieblingswissenschaft, von alter deutscher Geographie und vaterländischer Geschichte. Bei den Alten hieß die Gegend um St. BlasienAlpegovia. Die Karten vom Schwarzwald, die wir von der Sorgfalt des Für- sten zu erwarten haben, werden die Sache sehr aufklären.
Die
Gottesgelehrten lernen ſollen. Auch die weltlichen Be- dienten des Fuͤrſten ahmen ſeinen leutſeligen, gefaͤlligen, freigebigen und menſchenfreundlichen Karakter nach, und man hoͤrt auch nicht, daß die Unterthanen murren oder klagen. Kurz, ſo wie ich vor einigen Jahren mich in der Abbaye St. Germain in Paris ſehr wohl befun- den habe, ſo lebte ich auch hier in St. Blaſien. Dies vorausgeſetzt, will ich Ihnen nun allerlei vermiſchte Nach- richten, wie ſie mir beifallen, mittheilen.
Ich hatte mich kaum angezogen, ſo durfte ich vor den Fuͤrſten kommen, und fand das alles wahr, was ich von ihm gehoͤrt habe. Ungemein viel Gelehrſamkeit mit einem edlen Herzen, und mit einer liebenswuͤrdigen Simplizitaͤt im Karakter verbunden. Man iſt gleich bei ihm empfohlen und mit ihm bekannt. Man erkennt gleich in ihm den Mann, der viel gereiſet, mit vielen Menſchen umgegangen iſt. Und welch ein Vergnuͤgen, wenn zwei Perſonen beiſammen ſind, von denen man ſa- gen kan: Multos hominum mores vidit et urbes! Nach den Angaben im Catalogus von St. Blaſien iſt Fuͤrſt Martin Gerbert gebohren zu Horb im Wuͤr- tembergiſchen 1720. that Profeß 1737. ward Prieſter 1744, ward zum Abt erwaͤhlt im Oktober 1764. und an ſeinem Namenstag in eben dem Jahr eingeweiht. Er iſt der ſechs und vierzigſte Praͤlat oder Abt im Blaſier Kloſter. Wir ſprachen gleich den erſten Abend von ſei- ner Lieblingswiſſenſchaft, von alter deutſcher Geographie und vaterlaͤndiſcher Geſchichte. Bei den Alten hieß die Gegend um St. BlaſienAlpegovia. Die Karten vom Schwarzwald, die wir von der Sorgfalt des Fuͤr- ſten zu erwarten haben, werden die Sache ſehr aufklaͤren.
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Gottesgelehrten lernen ſollen. Auch die weltlichen Be-
dienten des Fuͤrſten ahmen ſeinen leutſeligen, gefaͤlligen,
freigebigen und menſchenfreundlichen Karakter nach, und
man hoͤrt auch nicht, daß die Unterthanen murren oder
klagen. Kurz, ſo wie ich vor einigen Jahren mich in
der Abbaye St. Germain in Paris ſehr wohl befun-
den habe, ſo lebte ich auch hier in St. Blaſien. Dies
vorausgeſetzt, will ich Ihnen nun allerlei vermiſchte Nach-
richten, wie ſie mir beifallen, mittheilen.
Ich hatte mich kaum angezogen, ſo durfte ich vor
den Fuͤrſten kommen, und fand das alles wahr, was ich
von ihm gehoͤrt habe. Ungemein viel Gelehrſamkeit
mit einem edlen Herzen, und mit einer liebenswuͤrdigen
Simplizitaͤt im Karakter verbunden. Man iſt gleich bei
ihm empfohlen und mit ihm bekannt. Man erkennt
gleich in ihm den Mann, der viel gereiſet, mit vielen
Menſchen umgegangen iſt. Und welch ein Vergnuͤgen,
wenn zwei Perſonen beiſammen ſind, von denen man ſa-
gen kan: Multos hominum mores vidit et urbes!
Nach den Angaben im Catalogus von St. Blaſien
iſt Fuͤrſt Martin Gerbert gebohren zu Horb im Wuͤr-
tembergiſchen 1720. that Profeß 1737. ward Prieſter
1744, ward zum Abt erwaͤhlt im Oktober 1764. und an
ſeinem Namenstag in eben dem Jahr eingeweiht. Er
iſt der ſechs und vierzigſte Praͤlat oder Abt im Blaſier
Kloſter. Wir ſprachen gleich den erſten Abend von ſei-
ner Lieblingswiſſenſchaft, von alter deutſcher Geographie
und vaterlaͤndiſcher Geſchichte. Bei den Alten hieß die
Gegend um St. Blaſien Alpegovia. Die Karten
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/433>, abgerufen am 22.11.2024.
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