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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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hundertfältigen Getümmel des Volks. Es geht einer
dabei herum mit einer Glocke, und läutet immer Still-
schweigen, aber der Lärm wird immer grösser. -- So
entweihen sie Deine Religion, grosser und weisheitsvol-
ler Lehrer!

Wir sahen auch die Zurüstungen zu einer Prozes-
sion,
die wegen der Fronleichnamswoche heute Abend
um 8. Uhr noch in Gondeln gehalten werden sollte. Man
behing die Brücken, unter welchen der Zug durchgehen
sollte, mit den kostbarsten Tapeten, man brachte ein
Schiff voll junger umgehauener Haselnußbäume, und
pflanzte diese in die Kanäle an beiden Seiten, man hing
oben zu den Häusern seidene Tücher, wie Fahnen her-
aus, in welche das Wappen von Venedig gestickt war;
man rüstete eine Menge Lampen und Oelkessel -- und
was am Sonderbarsten ist; bei allen Prozessionen ba-
cken sie öffentlich auf der Strasse eine Menge kleiner Küch-
lein, deren Geruch oft nicht übel war. Aber die vielen
Oellampen stinken.

Um Mittag war Regen und ein kleines Donner-
wetter
in der Stadt, worauf es so kühl wurde, daß man
über den dünnen Kleidern den dicksten Ueberrock leiden
konnte.

Ich bekam heute auch Besuch von einigen Herren
auf dem Reckischen Comtoir. Sie gestehen alle gern,
daß ihnen Trieste, Livorno, Ancona etc. Schaden
thue. Die meisten Deutschen wünschen sich nach etlichen
Jahren wieder zurück, weil hier nichts ist als Seeluft,
und jedes Vergnügen schon Kosten und Mühe erfordert.
Die Kleidung ist auch hier sehr kostbar, man muß 2.

Alltags-

hundertfaͤltigen Getuͤmmel des Volks. Es geht einer
dabei herum mit einer Glocke, und laͤutet immer Still-
ſchweigen, aber der Laͤrm wird immer groͤſſer. — So
entweihen ſie Deine Religion, groſſer und weisheitsvol-
ler Lehrer!

Wir ſahen auch die Zuruͤſtungen zu einer Prozeſ-
ſion,
die wegen der Fronleichnamswoche heute Abend
um 8. Uhr noch in Gondeln gehalten werden ſollte. Man
behing die Bruͤcken, unter welchen der Zug durchgehen
ſollte, mit den koſtbarſten Tapeten, man brachte ein
Schiff voll junger umgehauener Haſelnußbaͤume, und
pflanzte dieſe in die Kanaͤle an beiden Seiten, man hing
oben zu den Haͤuſern ſeidene Tuͤcher, wie Fahnen her-
aus, in welche das Wappen von Venedig geſtickt war;
man ruͤſtete eine Menge Lampen und Oelkeſſel — und
was am Sonderbarſten iſt; bei allen Prozeſſionen ba-
cken ſie oͤffentlich auf der Straſſe eine Menge kleiner Kuͤch-
lein, deren Geruch oft nicht uͤbel war. Aber die vielen
Oellampen ſtinken.

Um Mittag war Regen und ein kleines Donner-
wetter
in der Stadt, worauf es ſo kuͤhl wurde, daß man
uͤber den duͤnnen Kleidern den dickſten Ueberrock leiden
konnte.

Ich bekam heute auch Beſuch von einigen Herren
auf dem Reckiſchen Comtoir. Sie geſtehen alle gern,
daß ihnen Trieſte, Livorno, Ancona ꝛc. Schaden
thue. Die meiſten Deutſchen wuͤnſchen ſich nach etlichen
Jahren wieder zuruͤck, weil hier nichts iſt als Seeluft,
und jedes Vergnuͤgen ſchon Koſten und Muͤhe erfordert.
Die Kleidung iſt auch hier ſehr koſtbar, man muß 2.

Alltags-
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[630/0668] hundertfaͤltigen Getuͤmmel des Volks. Es geht einer dabei herum mit einer Glocke, und laͤutet immer Still- ſchweigen, aber der Laͤrm wird immer groͤſſer. — So entweihen ſie Deine Religion, groſſer und weisheitsvol- ler Lehrer! Wir ſahen auch die Zuruͤſtungen zu einer Prozeſ- ſion, die wegen der Fronleichnamswoche heute Abend um 8. Uhr noch in Gondeln gehalten werden ſollte. Man behing die Bruͤcken, unter welchen der Zug durchgehen ſollte, mit den koſtbarſten Tapeten, man brachte ein Schiff voll junger umgehauener Haſelnußbaͤume, und pflanzte dieſe in die Kanaͤle an beiden Seiten, man hing oben zu den Haͤuſern ſeidene Tuͤcher, wie Fahnen her- aus, in welche das Wappen von Venedig geſtickt war; man ruͤſtete eine Menge Lampen und Oelkeſſel — und was am Sonderbarſten iſt; bei allen Prozeſſionen ba- cken ſie oͤffentlich auf der Straſſe eine Menge kleiner Kuͤch- lein, deren Geruch oft nicht uͤbel war. Aber die vielen Oellampen ſtinken. Um Mittag war Regen und ein kleines Donner- wetter in der Stadt, worauf es ſo kuͤhl wurde, daß man uͤber den duͤnnen Kleidern den dickſten Ueberrock leiden konnte. Ich bekam heute auch Beſuch von einigen Herren auf dem Reckiſchen Comtoir. Sie geſtehen alle gern, daß ihnen Trieſte, Livorno, Ancona ꝛc. Schaden thue. Die meiſten Deutſchen wuͤnſchen ſich nach etlichen Jahren wieder zuruͤck, weil hier nichts iſt als Seeluft, und jedes Vergnuͤgen ſchon Koſten und Muͤhe erfordert. Die Kleidung iſt auch hier ſehr koſtbar, man muß 2. Alltags-

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/668>, abgerufen am 27.11.2024.