Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

daß mancher den Boden für gewixt ansehen sollte. Man
macht auch einerlei Muster mit verschiedenen Farben etc.
Solche Tapeten sind hier zu Lande beinahe in allen mittel-
mässigen Häusern. Es wird überhaupt hier splendider
gebaut, als im Reich. So viele Naturprodukte hat
man hier nicht, aber es ist unstreitig mehr Geld im Lan-
de, als in jenen Gegenden.

Die Salpetersiederei, -- hat Hr. Apotheker An-
dreä
angefangen. Er läßt für ein geringes Geld den
Stadtkoth auf den Gassen sammeln. Eben so sammelt
er auch den Urin auf dem Königl. Schlosse, und in gros-
sen Häusern. Den Koth häuft er auf einen Haufen in
freier Luft unter einem Dache, begießt ihn mit dem schar-
fen Wasser, kocht ihn dann ab, das Wasser zieht den
Salpeter heraus, nun schüttet er es wieder hinaus, läßt
ihn etliche Jahre liegen, kehrts oft um etc.

Montbrillant und Herrenhausen, 2. Königl.
Lusthäuser und Schlösser, haben eben nichts Besonders,
sind aber doch angenehm. In dem Garten bei dem letz-
tern sind viele Fontainen, die durch Druckwerke, -- denn
das Wasser hat nirgends einen Fall, es ist blos das Was-
ser aus der Leine -- das Wasser wohl 180. Fuß hoch
treiben, wenn alle Räder durch 5, 6. Mann in Bewe-
gung gesetzt werden. Die Röhren sind von Blei, greu-
lich dick zum Theil, und gehen im ganzen Garten her-
um. Die Franzosen mußten sie verschonen, und durften
nicht, wie in Cassel, alles verderben, weil in der Kon-
vention von Kloster Seven ausbedungen war, alle
Königl. Gebäude zu verschonen. Man sieht den Ort,
wo der König im Garten öffentlich Komödie halten lies.

Wer

daß mancher den Boden fuͤr gewixt anſehen ſollte. Man
macht auch einerlei Muſter mit verſchiedenen Farben ꝛc.
Solche Tapeten ſind hier zu Lande beinahe in allen mittel-
maͤſſigen Haͤuſern. Es wird uͤberhaupt hier ſplendider
gebaut, als im Reich. So viele Naturprodukte hat
man hier nicht, aber es iſt unſtreitig mehr Geld im Lan-
de, als in jenen Gegenden.

Die Salpeterſiederei, — hat Hr. Apotheker An-
dreaͤ
angefangen. Er laͤßt fuͤr ein geringes Geld den
Stadtkoth auf den Gaſſen ſammeln. Eben ſo ſammelt
er auch den Urin auf dem Koͤnigl. Schloſſe, und in groſ-
ſen Haͤuſern. Den Koth haͤuft er auf einen Haufen in
freier Luft unter einem Dache, begießt ihn mit dem ſchar-
fen Waſſer, kocht ihn dann ab, das Waſſer zieht den
Salpeter heraus, nun ſchuͤttet er es wieder hinaus, laͤßt
ihn etliche Jahre liegen, kehrts oft um ꝛc.

Montbrillant und Herrenhauſen, 2. Koͤnigl.
Luſthaͤuſer und Schloͤſſer, haben eben nichts Beſonders,
ſind aber doch angenehm. In dem Garten bei dem letz-
tern ſind viele Fontainen, die durch Druckwerke, — denn
das Waſſer hat nirgends einen Fall, es iſt blos das Waſ-
ſer aus der Leine — das Waſſer wohl 180. Fuß hoch
treiben, wenn alle Raͤder durch 5, 6. Mann in Bewe-
gung geſetzt werden. Die Roͤhren ſind von Blei, greu-
lich dick zum Theil, und gehen im ganzen Garten her-
um. Die Franzoſen mußten ſie verſchonen, und durften
nicht, wie in Caſſel, alles verderben, weil in der Kon-
vention von Kloſter Seven ausbedungen war, alle
Koͤnigl. Gebaͤude zu verſchonen. Man ſieht den Ort,
wo der Koͤnig im Garten oͤffentlich Komoͤdie halten lies.

Wer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0688" n="650"/>
daß mancher den Boden fu&#x0364;r gewixt an&#x017F;ehen &#x017F;ollte. Man<lb/>
macht auch einerlei Mu&#x017F;ter mit ver&#x017F;chiedenen Farben &#xA75B;c.<lb/>
Solche Tapeten &#x017F;ind hier zu Lande beinahe in allen mittel-<lb/>
ma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Ha&#x0364;u&#x017F;ern. Es wird u&#x0364;berhaupt hier &#x017F;plendider<lb/>
gebaut, als im Reich. So viele Naturprodukte hat<lb/>
man hier nicht, aber es i&#x017F;t un&#x017F;treitig mehr Geld im Lan-<lb/>
de, als in jenen Gegenden.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Salpeter&#x017F;iederei,</hi> &#x2014; hat Hr. Apotheker <hi rendition="#fr">An-<lb/>
drea&#x0364;</hi> angefangen. Er la&#x0364;ßt fu&#x0364;r ein geringes Geld den<lb/>
Stadtkoth auf den Ga&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ammeln. Eben &#x017F;o &#x017F;ammelt<lb/>
er auch den Urin auf dem Ko&#x0364;nigl. Schlo&#x017F;&#x017F;e, und in gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Ha&#x0364;u&#x017F;ern. Den Koth ha&#x0364;uft er auf einen Haufen in<lb/>
freier Luft unter einem Dache, begießt ihn mit dem &#x017F;char-<lb/>
fen Wa&#x017F;&#x017F;er, kocht ihn dann ab, das Wa&#x017F;&#x017F;er zieht den<lb/>
Salpeter heraus, nun &#x017F;chu&#x0364;ttet er es wieder hinaus, la&#x0364;ßt<lb/>
ihn etliche Jahre liegen, kehrts oft um &#xA75B;c.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Montbrillant</hi> und <hi rendition="#fr">Herrenhau&#x017F;en,</hi> 2. Ko&#x0364;nigl.<lb/>
Lu&#x017F;tha&#x0364;u&#x017F;er und Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, haben eben nichts Be&#x017F;onders,<lb/>
&#x017F;ind aber doch angenehm. In dem Garten bei dem letz-<lb/>
tern &#x017F;ind viele Fontainen, die durch Druckwerke, &#x2014; denn<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er hat nirgends einen Fall, es i&#x017F;t blos das Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er aus der <hi rendition="#fr">Leine</hi> &#x2014; das Wa&#x017F;&#x017F;er wohl 180. Fuß hoch<lb/>
treiben, wenn alle Ra&#x0364;der durch 5, 6. Mann in Bewe-<lb/>
gung ge&#x017F;etzt werden. Die Ro&#x0364;hren &#x017F;ind von Blei, greu-<lb/>
lich dick zum Theil, und gehen im ganzen Garten her-<lb/>
um. Die Franzo&#x017F;en mußten &#x017F;ie ver&#x017F;chonen, und durften<lb/>
nicht, wie in <hi rendition="#fr">Ca&#x017F;&#x017F;el,</hi> alles verderben, weil in der Kon-<lb/>
vention von <hi rendition="#fr">Klo&#x017F;ter Seven</hi> ausbedungen war, alle<lb/>
Ko&#x0364;nigl. Geba&#x0364;ude zu ver&#x017F;chonen. Man &#x017F;ieht den Ort,<lb/>
wo der Ko&#x0364;nig im Garten o&#x0364;ffentlich Komo&#x0364;die halten lies.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Wer</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[650/0688] daß mancher den Boden fuͤr gewixt anſehen ſollte. Man macht auch einerlei Muſter mit verſchiedenen Farben ꝛc. Solche Tapeten ſind hier zu Lande beinahe in allen mittel- maͤſſigen Haͤuſern. Es wird uͤberhaupt hier ſplendider gebaut, als im Reich. So viele Naturprodukte hat man hier nicht, aber es iſt unſtreitig mehr Geld im Lan- de, als in jenen Gegenden. Die Salpeterſiederei, — hat Hr. Apotheker An- dreaͤ angefangen. Er laͤßt fuͤr ein geringes Geld den Stadtkoth auf den Gaſſen ſammeln. Eben ſo ſammelt er auch den Urin auf dem Koͤnigl. Schloſſe, und in groſ- ſen Haͤuſern. Den Koth haͤuft er auf einen Haufen in freier Luft unter einem Dache, begießt ihn mit dem ſchar- fen Waſſer, kocht ihn dann ab, das Waſſer zieht den Salpeter heraus, nun ſchuͤttet er es wieder hinaus, laͤßt ihn etliche Jahre liegen, kehrts oft um ꝛc. Montbrillant und Herrenhauſen, 2. Koͤnigl. Luſthaͤuſer und Schloͤſſer, haben eben nichts Beſonders, ſind aber doch angenehm. In dem Garten bei dem letz- tern ſind viele Fontainen, die durch Druckwerke, — denn das Waſſer hat nirgends einen Fall, es iſt blos das Waſ- ſer aus der Leine — das Waſſer wohl 180. Fuß hoch treiben, wenn alle Raͤder durch 5, 6. Mann in Bewe- gung geſetzt werden. Die Roͤhren ſind von Blei, greu- lich dick zum Theil, und gehen im ganzen Garten her- um. Die Franzoſen mußten ſie verſchonen, und durften nicht, wie in Caſſel, alles verderben, weil in der Kon- vention von Kloſter Seven ausbedungen war, alle Koͤnigl. Gebaͤude zu verſchonen. Man ſieht den Ort, wo der Koͤnig im Garten oͤffentlich Komoͤdie halten lies. Wer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/688
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/688>, abgerufen am 25.11.2024.