Fracht im Schiffe auf dem Kanale bis vor das Haus. Man öfnet die Thüre auf dem Boden, auf welchem die Tonnen liegen sollen. Die beiden Seile werden an den Tonnen befestigt, oben bei der Welle steht ein Kerl, der treibt mit leichter Mühe das Rad herum, so windet sich der Strick um die Welle, und die Tonne wird herauf- gezogen. Ist sie abgenommen, so dreht er oben das Rad auf die entgegen stehende Seite, so geht der Strick wieder hinab, und so werden in einem Nachmittage ge- waltig viele Zentner heraufgezogen. Man weis keine Stadt, die eine so bequeme Einrichtung hätte, als Amsterdam, wiewohl dort auch Kanäle durch die Stadt gehen. Die Kanäle dienen überdies zur Reini- gung der Geräthschaften, zum Waschen, zu vielen Fa- briken, z. B. die Kattunmacher haben eine Stellage im Wasser, waschen da das Zeug, ehe es gedruckt wird, den ganzen Tag, und schlagen es mit Dreschflegeln -- so sieht man ganze Reihen an einem Kanal, aber es ist eine harte Arbeit. Die Einfassung der Kanäle zu beiden Seiten ist kostbar. Sie geschieht mit hölzernen Pfäh- len oder mit steinernen Säulen. Jeder Bürger muß das vor seinem Hause thun, und in baulichem Stande erhalten. Viele machen es mit Steinen, das kostet viel, es dauert aber auch länger. Das Korn wird bis an die Börse auf Schiffen gebracht und da verauktionirt, oder abgeladen. Eine Menge Korn kömmt aus Des- sau, und eben so viel als Kontrebande aus dem Mag- deburgischen, der strengen Befehle des Königs von Preussen ohngeachtet.
Die Börse ist der Sammelplatz der Kaufleute und Mäkler. Es ist ein grosses Gebäude, steht am Wasser, und
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Fracht im Schiffe auf dem Kanale bis vor das Haus. Man oͤfnet die Thuͤre auf dem Boden, auf welchem die Tonnen liegen ſollen. Die beiden Seile werden an den Tonnen befeſtigt, oben bei der Welle ſteht ein Kerl, der treibt mit leichter Muͤhe das Rad herum, ſo windet ſich der Strick um die Welle, und die Tonne wird herauf- gezogen. Iſt ſie abgenommen, ſo dreht er oben das Rad auf die entgegen ſtehende Seite, ſo geht der Strick wieder hinab, und ſo werden in einem Nachmittage ge- waltig viele Zentner heraufgezogen. Man weis keine Stadt, die eine ſo bequeme Einrichtung haͤtte, als Amſterdam, wiewohl dort auch Kanaͤle durch die Stadt gehen. Die Kanaͤle dienen uͤberdies zur Reini- gung der Geraͤthſchaften, zum Waſchen, zu vielen Fa- briken, z. B. die Kattunmacher haben eine Stellage im Waſſer, waſchen da das Zeug, ehe es gedruckt wird, den ganzen Tag, und ſchlagen es mit Dreſchflegeln — ſo ſieht man ganze Reihen an einem Kanal, aber es iſt eine harte Arbeit. Die Einfaſſung der Kanaͤle zu beiden Seiten iſt koſtbar. Sie geſchieht mit hoͤlzernen Pfaͤh- len oder mit ſteinernen Saͤulen. Jeder Buͤrger muß das vor ſeinem Hauſe thun, und in baulichem Stande erhalten. Viele machen es mit Steinen, das koſtet viel, es dauert aber auch laͤnger. Das Korn wird bis an die Boͤrſe auf Schiffen gebracht und da verauktionirt, oder abgeladen. Eine Menge Korn koͤmmt aus Deſ- ſau, und eben ſo viel als Kontrebande aus dem Mag- deburgiſchen, der ſtrengen Befehle des Koͤnigs von Preuſſen ohngeachtet.
Die Boͤrſe iſt der Sammelplatz der Kaufleute und Maͤkler. Es iſt ein groſſes Gebaͤude, ſteht am Waſſer, und
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Fracht im Schiffe auf dem Kanale bis vor das Haus.
Man oͤfnet die Thuͤre auf dem Boden, auf welchem die
Tonnen liegen ſollen. Die beiden Seile werden an den
Tonnen befeſtigt, oben bei der Welle ſteht ein Kerl, der
treibt mit leichter Muͤhe das Rad herum, ſo windet ſich
der Strick um die Welle, und die Tonne wird herauf-
gezogen. Iſt ſie abgenommen, ſo dreht er oben das
Rad auf die entgegen ſtehende Seite, ſo geht der Strick
wieder hinab, und ſo werden in einem Nachmittage ge-
waltig viele Zentner heraufgezogen. Man weis keine
Stadt, die eine ſo bequeme Einrichtung haͤtte, als
Amſterdam, wiewohl dort auch Kanaͤle durch die
Stadt gehen. Die Kanaͤle dienen uͤberdies zur Reini-
gung der Geraͤthſchaften, zum Waſchen, zu vielen Fa-
briken, z. B. die Kattunmacher haben eine Stellage im
Waſſer, waſchen da das Zeug, ehe es gedruckt wird,
den ganzen Tag, und ſchlagen es mit Dreſchflegeln —
ſo ſieht man ganze Reihen an einem Kanal, aber es iſt
eine harte Arbeit. Die Einfaſſung der Kanaͤle zu beiden
Seiten iſt koſtbar. Sie geſchieht mit hoͤlzernen Pfaͤh-
len oder mit ſteinernen Saͤulen. Jeder Buͤrger muß
das vor ſeinem Hauſe thun, und in baulichem Stande
erhalten. Viele machen es mit Steinen, das koſtet
viel, es dauert aber auch laͤnger. Das Korn wird bis
an die Boͤrſe auf Schiffen gebracht und da verauktionirt,
oder abgeladen. Eine Menge Korn koͤmmt aus Deſ-
ſau, und eben ſo viel als Kontrebande aus dem Mag-
deburgiſchen, der ſtrengen Befehle des Koͤnigs von
Preuſſen ohngeachtet.
Die Boͤrſe iſt der Sammelplatz der Kaufleute und
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/696>, abgerufen am 24.11.2024.
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