Päbstlichen waren nur Abdrücke in Zinn, und schon vom Pabst BenediktXIV. sind keine mehr da. -- An Mit- teln fehlt es in München nicht, aber die Anwendung, der Nutzen, der dadurch gestiftet wird, ist zur Zeit noch klein. Es ist bei Hof eine Bibliothek, aber sie wird nicht zum allgemeinen Gebrauch eröfnet.
Den andern Tag fuhr ich nach Nymphenburg. Der Weg dahin ist eine halbe Meile durch eine Allee von Fruchtba[e]umen mit schiffbaren Kanälen von der Ammer zu beiden Seiten. Das Schlos ist, wie alle in Bayern, gros, weitläuftig, und hat eine herrliche Treppe, die noch der letztverstorbene Churfürst gebaut hat. Inwendig sieht man Familiengemälde von Horemanns; herrliche Statuen von Elfenbein und Holz, die ein Bauer verfer- tigt hat; Proben von Nymphenburger Porcellan, das aus Passauer Erde gemacht wird; sehr reiche Betten; ein Gemälde von Kaiser JosephI. der leider! früh ster- ben muste; sehr kühne Figuren von Wink; hundertjäh- rige Platfonds, deren Kolorit sich sehr wohl erhalten hat. In einem chinesischen Zimmer eine vortrefliche Aussicht in den Lustgarten; im Speisesaal Mosaiken von einem Zimmermann, der Maler und Stukkaturer zugleich war, und dies ist ein Zimmer, woran man 3. Jahre ge- arbeitet hat, weil aber die Farben mit Zuckerwasser ange- macht waren, so konnte man vor den vielen Fliegen und Schnacken da gar nicht mehr speisen, bis man sie mit Leimruthen fing. Ein herrliches Frauenzimmer von Vandyck; ein Kabinetchen von lauter grün lakirten Kupferstichen; in einer andern Gallerie Gemälde von al- len Städten und Schlössern des Landes; ein Tisch, der in Florenz aus Agat, Lasurstein, Karneols, und Jaspis
zusam-
Paͤbſtlichen waren nur Abdruͤcke in Zinn, und ſchon vom Pabſt BenediktXIV. ſind keine mehr da. — An Mit- teln fehlt es in Muͤnchen nicht, aber die Anwendung, der Nutzen, der dadurch geſtiftet wird, iſt zur Zeit noch klein. Es iſt bei Hof eine Bibliothek, aber ſie wird nicht zum allgemeinen Gebrauch eroͤfnet.
Den andern Tag fuhr ich nach Nymphenburg. Der Weg dahin iſt eine halbe Meile durch eine Allee von Fruchtba[ͤ]umen mit ſchiffbaren Kanaͤlen von der Ammer zu beiden Seiten. Das Schlos iſt, wie alle in Bayern, gros, weitlaͤuftig, und hat eine herrliche Treppe, die noch der letztverſtorbene Churfuͤrſt gebaut hat. Inwendig ſieht man Familiengemaͤlde von Horemanns; herrliche Statuen von Elfenbein und Holz, die ein Bauer verfer- tigt hat; Proben von Nymphenburger Porcellan, das aus Paſſauer Erde gemacht wird; ſehr reiche Betten; ein Gemaͤlde von Kaiſer JoſephI. der leider! fruͤh ſter- ben muſte; ſehr kuͤhne Figuren von Wink; hundertjaͤh- rige Platfonds, deren Kolorit ſich ſehr wohl erhalten hat. In einem chineſiſchen Zimmer eine vortrefliche Ausſicht in den Luſtgarten; im Speiſeſaal Moſaiken von einem Zimmermann, der Maler und Stukkaturer zugleich war, und dies iſt ein Zimmer, woran man 3. Jahre ge- arbeitet hat, weil aber die Farben mit Zuckerwaſſer ange- macht waren, ſo konnte man vor den vielen Fliegen und Schnacken da gar nicht mehr ſpeiſen, bis man ſie mit Leimruthen fing. Ein herrliches Frauenzimmer von Vandyck; ein Kabinetchen von lauter gruͤn lakirten Kupferſtichen; in einer andern Gallerie Gemaͤlde von al- len Staͤdten und Schloͤſſern des Landes; ein Tiſch, der in Florenz aus Agat, Laſurſtein, Karneols, und Jaſpis
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Paͤbſtlichen waren nur Abdruͤcke in Zinn, und ſchon vom
Pabſt Benedikt XIV. ſind keine mehr da. — An Mit-
teln fehlt es in Muͤnchen nicht, aber die Anwendung,
der Nutzen, der dadurch geſtiftet wird, iſt zur Zeit noch
klein. Es iſt bei Hof eine Bibliothek, aber ſie wird nicht
zum allgemeinen Gebrauch eroͤfnet.
Den andern Tag fuhr ich nach Nymphenburg.
Der Weg dahin iſt eine halbe Meile durch eine Allee von
Fruchtbaͤumen mit ſchiffbaren Kanaͤlen von der Ammer
zu beiden Seiten. Das Schlos iſt, wie alle in Bayern,
gros, weitlaͤuftig, und hat eine herrliche Treppe, die noch
der letztverſtorbene Churfuͤrſt gebaut hat. Inwendig
ſieht man Familiengemaͤlde von Horemanns; herrliche
Statuen von Elfenbein und Holz, die ein Bauer verfer-
tigt hat; Proben von Nymphenburger Porcellan, das
aus Paſſauer Erde gemacht wird; ſehr reiche Betten;
ein Gemaͤlde von Kaiſer Joſeph I. der leider! fruͤh ſter-
ben muſte; ſehr kuͤhne Figuren von Wink; hundertjaͤh-
rige Platfonds, deren Kolorit ſich ſehr wohl erhalten hat.
In einem chineſiſchen Zimmer eine vortrefliche Ausſicht
in den Luſtgarten; im Speiſeſaal Moſaiken von einem
Zimmermann, der Maler und Stukkaturer zugleich
war, und dies iſt ein Zimmer, woran man 3. Jahre ge-
arbeitet hat, weil aber die Farben mit Zuckerwaſſer ange-
macht waren, ſo konnte man vor den vielen Fliegen und
Schnacken da gar nicht mehr ſpeiſen, bis man ſie mit
Leimruthen fing. Ein herrliches Frauenzimmer von
Vandyck; ein Kabinetchen von lauter gruͤn lakirten
Kupferſtichen; in einer andern Gallerie Gemaͤlde von al-
len Staͤdten und Schloͤſſern des Landes; ein Tiſch, der
in Florenz aus Agat, Laſurſtein, Karneols, und Jaſpis
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/82>, abgerufen am 21.11.2024.
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