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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Gegen die selbsterfundene Religion.
Vernunft und Tugend in die Höhe; alles, was Gott und
göttliche Dinge angeht, ist manchem so leicht, so verächt-
lich, so unbedeutend -- der öffentliche Unterricht schmeckt
uns nicht, wie eine alte Speise -- Man sagt es frey-
lich nicht gerade heraus, man gesteht es sich vielleicht sel-
ber nicht, aber kann man oft die Handlungen dieser Men-
schen anders übersetzen? kann man anders urtheilen von
dem, was täglich geschieht, und täglich unterlassen wird?
Schreckliche Verblendung von Menschen, die es wissen,
daß ihr Aufenthalt in der Welt kurz, und das Gericht,
das einst gehalten werden soll, scharf und unbestechbar
seyn wird!

Unser Erlöser hat auch bereits überEs ist Unge-
horsam gegen
den Erlöser.

alle Bemühungen der Menschen, sich selbst
eine Religion zu bilden, mit vielem Nach-
druck geurtheilt. Man lese doch die merkwürdigen
Worte: Wenn ich nicht gekommen wäre, und hätte
es ihnen gesagt, daß ich der Messias sey, so hätten sie
keine Sünde. Nun aber können sie nichts vor-
wenden, ihre Sünde zu entschuldigen.
(Joh. 15, 22.)
Wer fühlet nicht das ganze Gewicht dieser Worte, und
wem sollten sie nicht die Majestät Jesu Christi predigen?
Sollten sie nicht der unbescheidenen Freyheit im Denken
und Reden, und der Leichtigkeit, womit man jezt alles
dahin giebt, was sonst der edelste Theil der Menschen für
wahr und gut gehalten hat, Einhalt thun? Sollten sie
nicht den Aberwitz der Thoren beschämen, ihre ungegrün-
dete Meynungen in Religionssachen niederschlagen,
den Stolz des menschlichen Herzens, das sich so ungern
unter Gott und seine Gesetze demüthigt, beugen, und

alle
G 2

Gegen die ſelbſterfundene Religion.
Vernunft und Tugend in die Höhe; alles, was Gott und
göttliche Dinge angeht, iſt manchem ſo leicht, ſo verächt-
lich, ſo unbedeutend — der öffentliche Unterricht ſchmeckt
uns nicht, wie eine alte Speiſe — Man ſagt es frey-
lich nicht gerade heraus, man geſteht es ſich vielleicht ſel-
ber nicht, aber kann man oft die Handlungen dieſer Men-
ſchen anders überſetzen? kann man anders urtheilen von
dem, was täglich geſchieht, und täglich unterlaſſen wird?
Schreckliche Verblendung von Menſchen, die es wiſſen,
daß ihr Aufenthalt in der Welt kurz, und das Gericht,
das einſt gehalten werden ſoll, ſcharf und unbeſtechbar
ſeyn wird!

Unſer Erlöſer hat auch bereits überEs iſt Unge-
horſam gegen
den Erlöſer.

alle Bemühungen der Menſchen, ſich ſelbſt
eine Religion zu bilden, mit vielem Nach-
druck geurtheilt. Man leſe doch die merkwürdigen
Worte: Wenn ich nicht gekommen wäre, und hätte
es ihnen geſagt, daß ich der Meſſias ſey, ſo hätten ſie
keine Sünde. Nun aber können ſie nichts vor-
wenden, ihre Sünde zu entſchuldigen.
(Joh. 15, 22.)
Wer fühlet nicht das ganze Gewicht dieſer Worte, und
wem ſollten ſie nicht die Majeſtät Jeſu Chriſti predigen?
Sollten ſie nicht der unbeſcheidenen Freyheit im Denken
und Reden, und der Leichtigkeit, womit man jezt alles
dahin giebt, was ſonſt der edelſte Theil der Menſchen für
wahr und gut gehalten hat, Einhalt thun? Sollten ſie
nicht den Aberwitz der Thoren beſchämen, ihre ungegrün-
dete Meynungen in Religionsſachen niederſchlagen,
den Stolz des menſchlichen Herzens, das ſich ſo ungern
unter Gott und ſeine Geſetze demüthigt, beugen, und

alle
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[99/0105] Gegen die ſelbſterfundene Religion. Vernunft und Tugend in die Höhe; alles, was Gott und göttliche Dinge angeht, iſt manchem ſo leicht, ſo verächt- lich, ſo unbedeutend — der öffentliche Unterricht ſchmeckt uns nicht, wie eine alte Speiſe — Man ſagt es frey- lich nicht gerade heraus, man geſteht es ſich vielleicht ſel- ber nicht, aber kann man oft die Handlungen dieſer Men- ſchen anders überſetzen? kann man anders urtheilen von dem, was täglich geſchieht, und täglich unterlaſſen wird? Schreckliche Verblendung von Menſchen, die es wiſſen, daß ihr Aufenthalt in der Welt kurz, und das Gericht, das einſt gehalten werden ſoll, ſcharf und unbeſtechbar ſeyn wird! Unſer Erlöſer hat auch bereits über alle Bemühungen der Menſchen, ſich ſelbſt eine Religion zu bilden, mit vielem Nach- druck geurtheilt. Man leſe doch die merkwürdigen Worte: Wenn ich nicht gekommen wäre, und hätte es ihnen geſagt, daß ich der Meſſias ſey, ſo hätten ſie keine Sünde. Nun aber können ſie nichts vor- wenden, ihre Sünde zu entſchuldigen. (Joh. 15, 22.) Wer fühlet nicht das ganze Gewicht dieſer Worte, und wem ſollten ſie nicht die Majeſtät Jeſu Chriſti predigen? Sollten ſie nicht der unbeſcheidenen Freyheit im Denken und Reden, und der Leichtigkeit, womit man jezt alles dahin giebt, was ſonſt der edelſte Theil der Menſchen für wahr und gut gehalten hat, Einhalt thun? Sollten ſie nicht den Aberwitz der Thoren beſchämen, ihre ungegrün- dete Meynungen in Religionsſachen niederſchlagen, den Stolz des menſchlichen Herzens, das ſich ſo ungern unter Gott und ſeine Geſetze demüthigt, beugen, und alle Es iſt Unge- horſam gegen den Erlöſer. G 2

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/105>, abgerufen am 21.11.2024.