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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Menschenliebe des Erlösers.
sich seine Seele, dann schimmerte ihm das Gesicht, wie
es dem Engel glänzt, wenn er am Throne steht, dann
pries er laut, und schämte sich seiner Wonne nicht! den
Gott, der ihm die Gelegenheit dazu gab, und fand in sich
die Belohnung. Er war dafür bekannt, daß jeder Miß-
müthige zu ihm Vertrauen fassen konnte, weil er zu kei-
ner Leiche kam, wo er nicht mitempfand, und auf alles
aufmerksam war, was um ihn herum geschah. Beym
freundlichen Essen hielt er die geheimen Ränke der Bos-
heit durch seine zuvorkommende Güte im Zaum, war
gerne munter, erzählte, redete frey, war gar ein unge-
künstelter natürlicher Mann; wer Gottes Willen mit
Freuden that, den nahm er in seine Arme; den Blinden,
der ihn nicht sehen konnte, bemerkte er: so ganz, wie sein
Vater im Himmel, barmherzig, gütig, wohlthätig,
langmüthig, geduldig -- lebte er so fort, bis er das
Haupt fallen lassen mußte, und gab unter unaussteh-
lichen Schmerzen ein Leben her, das von seinem ersten
Anfang an weise und gut, rein und mild, wie ein Licht-
stral gewesen war. Christen! wir sind alle berufen,
seine Nachfolger zu seyn. Es ist unsre Pflicht durch
einen liebreichen, sanftmüthigen und verträglichen Cha-
rakter der Welt zu zeigen, daß wir diesen Erlöser, als
den Grund unsers Glücks ansehen, und sein Leben, als
den wahren und vollkommnen Abdruck des Willens Got-
tes verehren. Das königliche Gesetz: (Jacobi 2, 8.)
Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst,
geht uns alle an; und ach! daß wir doch weise wären,
und sorgten mehr für unsre Ruhe, als für den Puppen-
tand der Erde! Ach, daß wir alle überzeugt wären, wie
nöthig es ist, das Herz von Bitterkeit, Haß, Neid,

Rach-

Menſchenliebe des Erlöſers.
ſich ſeine Seele, dann ſchimmerte ihm das Geſicht, wie
es dem Engel glänzt, wenn er am Throne ſteht, dann
pries er laut, und ſchämte ſich ſeiner Wonne nicht! den
Gott, der ihm die Gelegenheit dazu gab, und fand in ſich
die Belohnung. Er war dafür bekannt, daß jeder Miß-
müthige zu ihm Vertrauen faſſen konnte, weil er zu kei-
ner Leiche kam, wo er nicht mitempfand, und auf alles
aufmerkſam war, was um ihn herum geſchah. Beym
freundlichen Eſſen hielt er die geheimen Ränke der Bos-
heit durch ſeine zuvorkommende Güte im Zaum, war
gerne munter, erzählte, redete frey, war gar ein unge-
künſtelter natürlicher Mann; wer Gottes Willen mit
Freuden that, den nahm er in ſeine Arme; den Blinden,
der ihn nicht ſehen konnte, bemerkte er: ſo ganz, wie ſein
Vater im Himmel, barmherzig, gütig, wohlthätig,
langmüthig, geduldig — lebte er ſo fort, bis er das
Haupt fallen laſſen mußte, und gab unter unausſteh-
lichen Schmerzen ein Leben her, das von ſeinem erſten
Anfang an weiſe und gut, rein und mild, wie ein Licht-
ſtral geweſen war. Chriſten! wir ſind alle berufen,
ſeine Nachfolger zu ſeyn. Es iſt unſre Pflicht durch
einen liebreichen, ſanftmüthigen und verträglichen Cha-
rakter der Welt zu zeigen, daß wir dieſen Erlöſer, als
den Grund unſers Glücks anſehen, und ſein Leben, als
den wahren und vollkommnen Abdruck des Willens Got-
tes verehren. Das königliche Geſetz: (Jacobi 2, 8.)
Du ſollſt deinen Nächſten lieben als dich ſelbſt,
geht uns alle an; und ach! daß wir doch weiſe wären,
und ſorgten mehr für unſre Ruhe, als für den Puppen-
tand der Erde! Ach, daß wir alle überzeugt wären, wie
nöthig es iſt, das Herz von Bitterkeit, Haß, Neid,

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[136/0142] Menſchenliebe des Erlöſers. ſich ſeine Seele, dann ſchimmerte ihm das Geſicht, wie es dem Engel glänzt, wenn er am Throne ſteht, dann pries er laut, und ſchämte ſich ſeiner Wonne nicht! den Gott, der ihm die Gelegenheit dazu gab, und fand in ſich die Belohnung. Er war dafür bekannt, daß jeder Miß- müthige zu ihm Vertrauen faſſen konnte, weil er zu kei- ner Leiche kam, wo er nicht mitempfand, und auf alles aufmerkſam war, was um ihn herum geſchah. Beym freundlichen Eſſen hielt er die geheimen Ränke der Bos- heit durch ſeine zuvorkommende Güte im Zaum, war gerne munter, erzählte, redete frey, war gar ein unge- künſtelter natürlicher Mann; wer Gottes Willen mit Freuden that, den nahm er in ſeine Arme; den Blinden, der ihn nicht ſehen konnte, bemerkte er: ſo ganz, wie ſein Vater im Himmel, barmherzig, gütig, wohlthätig, langmüthig, geduldig — lebte er ſo fort, bis er das Haupt fallen laſſen mußte, und gab unter unausſteh- lichen Schmerzen ein Leben her, das von ſeinem erſten Anfang an weiſe und gut, rein und mild, wie ein Licht- ſtral geweſen war. Chriſten! wir ſind alle berufen, ſeine Nachfolger zu ſeyn. Es iſt unſre Pflicht durch einen liebreichen, ſanftmüthigen und verträglichen Cha- rakter der Welt zu zeigen, daß wir dieſen Erlöſer, als den Grund unſers Glücks anſehen, und ſein Leben, als den wahren und vollkommnen Abdruck des Willens Got- tes verehren. Das königliche Geſetz: (Jacobi 2, 8.) Du ſollſt deinen Nächſten lieben als dich ſelbſt, geht uns alle an; und ach! daß wir doch weiſe wären, und ſorgten mehr für unſre Ruhe, als für den Puppen- tand der Erde! Ach, daß wir alle überzeugt wären, wie nöthig es iſt, das Herz von Bitterkeit, Haß, Neid, Rach-

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/142>, abgerufen am 24.11.2024.