Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Unterredungen mit Gott. Viele meiner Lieben sind schon bey dir. Ach, daß Laß mich nie vergessen, daß manches in der Welt Leite mich durch diese Welt voll Betrug und Wind Verschließe mein Herz vor dem peinigenden Kum- Du kennest, o Gott! meine Verwandte, Freunde, Gön- Zu
Unterredungen mit Gott. Viele meiner Lieben ſind ſchon bey dir. Ach, daß Laß mich nie vergeſſen, daß manches in der Welt Leite mich durch dieſe Welt voll Betrug und Wind Verſchließe mein Herz vor dem peinigenden Kum- Du kenneſt, o Gott! meine Verwandte, Freunde, Gön- Zu
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0017" n="11"/> <fw place="top" type="header">Unterredungen mit Gott.</fw><lb/> <p>Viele meiner Lieben ſind ſchon bey dir. Ach, daß<lb/> die Zeit nicht mehr weit ſey, wo ich auch das Kleid der<lb/> Erde abwerfen, und unter den Verklärten wandeln werde!</p><lb/> <p>Laß mich nie vergeſſen, daß manches in der Welt<lb/> des Seufzers nicht werth iſt, der den geblendeten Thoren<lb/> täglich aus der Bruſt ſteigt.</p><lb/> <p>Leite mich durch dieſe Welt voll Betrug und Wind<lb/> zu deinem Genuß, und zur Herrlichkeit deiner Erwählten.</p><lb/> <p>Verſchließe mein Herz vor dem peinigenden Kum-<lb/> mer über betrogene Hoffnungen, und über vernichtete<lb/> Entwürfe. Bereite mich vor zu dem glänzenden Staat<lb/> der Unſterblichen und der vollendeten Gerechten. Laß<lb/> mich ihr Jauchzen hören, wenn das Hohngelächter der<lb/> Thoren hinter mir pfeift, und die Schlangenzunge des<lb/> Neides über meine ſchuldloſe Thätigkeit ziſcht.</p><lb/> <p>Du kenneſt, o Gott! meine Verwandte, Freunde, Gön-<lb/> ner, Lehrer, Wohlthäter und Beförderer in der Ferne. Ach,<lb/> wie ſind wir ſo zerſtreut, wir arme Wandrer in der Welt!<lb/> Aber für dich iſt unſer keiner in der Entfernung. Du<lb/> liebeſt alle, und biſt uns allen nahe. Berge und Wald,<lb/> Land und Meer trennen uns, aber am Ende der Wall-<lb/> fahrt laß uns auf dem Wege der Religion zuſammen-<lb/> kommen, und uns an deinem Thron umarmen! Laß<lb/> uns allen Gottſeligkeit, chriſtliche Tugend, und Men-<lb/> ſchenliebe mehr, als alles andre werth ſeyn. Verbinde<lb/> unſre Herzen in der Liebe zu dir, und zu deinem Sohn.<lb/> Sorge für uns alle, und für jeden insbeſondre. Ver-<lb/> gilt jedem guten Menſchen, was er an mir gethan hat.<lb/> Und wenn die nicht mehr leben, deren Haus mir offen<lb/> ſtand, deren Beyſpiel für mich lehrreich war, ſo laß es<lb/> den Jhrigen noch wohl gehen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Zu</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [11/0017]
Unterredungen mit Gott.
Viele meiner Lieben ſind ſchon bey dir. Ach, daß
die Zeit nicht mehr weit ſey, wo ich auch das Kleid der
Erde abwerfen, und unter den Verklärten wandeln werde!
Laß mich nie vergeſſen, daß manches in der Welt
des Seufzers nicht werth iſt, der den geblendeten Thoren
täglich aus der Bruſt ſteigt.
Leite mich durch dieſe Welt voll Betrug und Wind
zu deinem Genuß, und zur Herrlichkeit deiner Erwählten.
Verſchließe mein Herz vor dem peinigenden Kum-
mer über betrogene Hoffnungen, und über vernichtete
Entwürfe. Bereite mich vor zu dem glänzenden Staat
der Unſterblichen und der vollendeten Gerechten. Laß
mich ihr Jauchzen hören, wenn das Hohngelächter der
Thoren hinter mir pfeift, und die Schlangenzunge des
Neides über meine ſchuldloſe Thätigkeit ziſcht.
Du kenneſt, o Gott! meine Verwandte, Freunde, Gön-
ner, Lehrer, Wohlthäter und Beförderer in der Ferne. Ach,
wie ſind wir ſo zerſtreut, wir arme Wandrer in der Welt!
Aber für dich iſt unſer keiner in der Entfernung. Du
liebeſt alle, und biſt uns allen nahe. Berge und Wald,
Land und Meer trennen uns, aber am Ende der Wall-
fahrt laß uns auf dem Wege der Religion zuſammen-
kommen, und uns an deinem Thron umarmen! Laß
uns allen Gottſeligkeit, chriſtliche Tugend, und Men-
ſchenliebe mehr, als alles andre werth ſeyn. Verbinde
unſre Herzen in der Liebe zu dir, und zu deinem Sohn.
Sorge für uns alle, und für jeden insbeſondre. Ver-
gilt jedem guten Menſchen, was er an mir gethan hat.
Und wenn die nicht mehr leben, deren Haus mir offen
ſtand, deren Beyſpiel für mich lehrreich war, ſo laß es
den Jhrigen noch wohl gehen.
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