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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Ueber die Erzählung vom Sämann.
und seine Gnade. Verlangt nicht von ihnen, daß sie
Gott über alles, und ihren Nächsten als sich selber, lie-
ben sollen. Sagt ihnen nichts von der Tödtung des al-
ten Menschen, die der Geist Gottes fordert, nichts von
der Selbstverläugnung, und von der christlichen Mäßi-
gung der Weltliebe und der Sorgen für diese Welt.
Sie ziehen über alles einen freundlichen Schleyer, lä-
cheln zur Sorglosigkeit, rühmen sich ihrer Edelmüthig-
keit, und sind die Kaltsinnigsten gegen Gott. Dringet
nicht in die Bewegungsgründe ihrer frommen und guten
Handlungen ein. Fragt nicht, ob Gottes Wort und
Bibel ihnen über alles theuer und werth sey? Davids
Sprache klingt lächerlich in ihren Ohren. Erkundigt euch
nicht nach ihren Uebungen des Gebets, ob es demüthig, ob
es andächtig, ob es täglich und gewissenhaft geschieht? Su-
chet hier keine rechtschaffene Früchte der Buße, keine
wahre Werke des Glaubens. Man hält es vielleicht,
wenn ihr euch darnach erkundigt, für eine Schwachheit,
für ein Ueberbleibsel einer scheinheiligen Erziehung, das
euch im Umgang mit der großen und feinen Welt schon
noch abgeschliffen werden wird. Prüfet ihre Vergnügun-
gen nicht -- Da ist nicht der Adel des Menschen, nicht
das Bedürfniß des unsterblichen Geistes, nicht die Ge-
sundheit des Körpers, nicht die Regelmäßigkeit in den
Berufsarbeiten, nicht die Gewissenhaftigkeit in der Ord-
nung ihrer Ausgaben, nicht die billige, und durch das
Christenthum zur Pflicht erhöhte Rücksicht auf andre, die
dadurch geärgert und verführt werden könnten; da ist nicht
die Furcht, selber verschlimmert, üppiger, leichtsinniger,
zerstreuter, wollüstiger, müßiger, der Empfindungen der
Ehrfurcht und der Demuth gegen Gott entwöhnt zu wer-

den;
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Ueber die Erzählung vom Sämann.
und ſeine Gnade. Verlangt nicht von ihnen, daß ſie
Gott über alles, und ihren Nächſten als ſich ſelber, lie-
ben ſollen. Sagt ihnen nichts von der Tödtung des al-
ten Menſchen, die der Geiſt Gottes fordert, nichts von
der Selbſtverläugnung, und von der chriſtlichen Mäßi-
gung der Weltliebe und der Sorgen für dieſe Welt.
Sie ziehen über alles einen freundlichen Schleyer, lä-
cheln zur Sorgloſigkeit, rühmen ſich ihrer Edelmüthig-
keit, und ſind die Kaltſinnigſten gegen Gott. Dringet
nicht in die Bewegungsgründe ihrer frommen und guten
Handlungen ein. Fragt nicht, ob Gottes Wort und
Bibel ihnen über alles theuer und werth ſey? Davids
Sprache klingt lächerlich in ihren Ohren. Erkundigt euch
nicht nach ihren Uebungen des Gebets, ob es demüthig, ob
es andächtig, ob es täglich und gewiſſenhaft geſchieht? Su-
chet hier keine rechtſchaffene Früchte der Buße, keine
wahre Werke des Glaubens. Man hält es vielleicht,
wenn ihr euch darnach erkundigt, für eine Schwachheit,
für ein Ueberbleibſel einer ſcheinheiligen Erziehung, das
euch im Umgang mit der großen und feinen Welt ſchon
noch abgeſchliffen werden wird. Prüfet ihre Vergnügun-
gen nicht — Da iſt nicht der Adel des Menſchen, nicht
das Bedürfniß des unſterblichen Geiſtes, nicht die Ge-
ſundheit des Körpers, nicht die Regelmäßigkeit in den
Berufsarbeiten, nicht die Gewiſſenhaftigkeit in der Ord-
nung ihrer Ausgaben, nicht die billige, und durch das
Chriſtenthum zur Pflicht erhöhte Rückſicht auf andre, die
dadurch geärgert und verführt werden könnten; da iſt nicht
die Furcht, ſelber verſchlimmert, üppiger, leichtſinniger,
zerſtreuter, wollüſtiger, müßiger, der Empfindungen der
Ehrfurcht und der Demuth gegen Gott entwöhnt zu wer-

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[179/0185] Ueber die Erzählung vom Sämann. und ſeine Gnade. Verlangt nicht von ihnen, daß ſie Gott über alles, und ihren Nächſten als ſich ſelber, lie- ben ſollen. Sagt ihnen nichts von der Tödtung des al- ten Menſchen, die der Geiſt Gottes fordert, nichts von der Selbſtverläugnung, und von der chriſtlichen Mäßi- gung der Weltliebe und der Sorgen für dieſe Welt. Sie ziehen über alles einen freundlichen Schleyer, lä- cheln zur Sorgloſigkeit, rühmen ſich ihrer Edelmüthig- keit, und ſind die Kaltſinnigſten gegen Gott. Dringet nicht in die Bewegungsgründe ihrer frommen und guten Handlungen ein. Fragt nicht, ob Gottes Wort und Bibel ihnen über alles theuer und werth ſey? Davids Sprache klingt lächerlich in ihren Ohren. Erkundigt euch nicht nach ihren Uebungen des Gebets, ob es demüthig, ob es andächtig, ob es täglich und gewiſſenhaft geſchieht? Su- chet hier keine rechtſchaffene Früchte der Buße, keine wahre Werke des Glaubens. Man hält es vielleicht, wenn ihr euch darnach erkundigt, für eine Schwachheit, für ein Ueberbleibſel einer ſcheinheiligen Erziehung, das euch im Umgang mit der großen und feinen Welt ſchon noch abgeſchliffen werden wird. Prüfet ihre Vergnügun- gen nicht — Da iſt nicht der Adel des Menſchen, nicht das Bedürfniß des unſterblichen Geiſtes, nicht die Ge- ſundheit des Körpers, nicht die Regelmäßigkeit in den Berufsarbeiten, nicht die Gewiſſenhaftigkeit in der Ord- nung ihrer Ausgaben, nicht die billige, und durch das Chriſtenthum zur Pflicht erhöhte Rückſicht auf andre, die dadurch geärgert und verführt werden könnten; da iſt nicht die Furcht, ſelber verſchlimmert, üppiger, leichtſinniger, zerſtreuter, wollüſtiger, müßiger, der Empfindungen der Ehrfurcht und der Demuth gegen Gott entwöhnt zu wer- den; M 2

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/185>, abgerufen am 21.11.2024.