Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Von der wahren Größe Jesu Christi. Feldern, zwischen Wiesen Bäumen, Gärten und Hü-geln hinwandelte, in den Armen seines Freundes manche menschliche Wonne genoß, die kahlen Zänkereyen und die plumpen Spöttereyen seiner Gegner vergaß, das Herz, das sich in der Stadt, wenn nur Neugierige um ihn wa- ren, so oft verschliessen mußte, jezt in der Laube des Gar- tens, an manchem schönen Sommerabend wieder öffnete, brüderlich, innig, menschlich, sanft und liebevoll mit dem Freund und seinen Schwestern über alles, was ihm und ihnen vorgekommen war, sprach, die Freuden der Wahrheit, der Menschlichkeit, der Liebe und Freund- schaft genoß, ihnen ohne Zweifel oft den Gott der Liebe mit allen Ergießungen seines starken Gefühls, und mit den rührendsten Ausdrücken schilderte, und sie bald durch deutlichere, bald durch verstecktere Winke in die Zukunft wies, wo sie der Entwickelung seines Schicksals zusehen sollten. An dieser glücklichen Familie, die er so zärtlich liebte, erfuhr er auch, so wie wir, die Unbeständigkeit menschlicher Freuden, und den Wechsel aller irrdischen Dinge. Und auch dabey war er so ganz Mensch, wie andre, daß ihm der Tod seines Lieben nahe gieng. Ohne Zweifel wendete er damals seine Kraft, Todte zu erwe- cken, mit mehr Freude und Wonne des Herzens an, als sonst, weil er einen ihm besonders werthen und geliebten Menschen ins Leben zurückführen, und zwo würdigen Schwestern ihren beweinten Bruder wieder schenken konnte. Unbeschreiblich schön war seine schweigende Ma- jestät, wenn er sich an Lazarus Brust lehnte, und den Er- weckten in seine Seele sehen ließ, oder wenn er im Cirkel der würdigsten Freundinnen, die die holde Anmuth ihres Geschlechts durch jeden Reiz der Tugend erhöhten, sanfte Weisheit
Von der wahren Größe Jeſu Chriſti. Feldern, zwiſchen Wieſen Bäumen, Gärten und Hü-geln hinwandelte, in den Armen ſeines Freundes manche menſchliche Wonne genoß, die kahlen Zänkereyen und die plumpen Spöttereyen ſeiner Gegner vergaß, das Herz, das ſich in der Stadt, wenn nur Neugierige um ihn wa- ren, ſo oft verſchlieſſen mußte, jezt in der Laube des Gar- tens, an manchem ſchönen Sommerabend wieder öffnete, brüderlich, innig, menſchlich, ſanft und liebevoll mit dem Freund und ſeinen Schweſtern über alles, was ihm und ihnen vorgekommen war, ſprach, die Freuden der Wahrheit, der Menſchlichkeit, der Liebe und Freund- ſchaft genoß, ihnen ohne Zweifel oft den Gott der Liebe mit allen Ergießungen ſeines ſtarken Gefühls, und mit den rührendſten Ausdrücken ſchilderte, und ſie bald durch deutlichere, bald durch verſtecktere Winke in die Zukunft wies, wo ſie der Entwickelung ſeines Schickſals zuſehen ſollten. An dieſer glücklichen Familie, die er ſo zärtlich liebte, erfuhr er auch, ſo wie wir, die Unbeſtändigkeit menſchlicher Freuden, und den Wechſel aller irrdiſchen Dinge. Und auch dabey war er ſo ganz Menſch, wie andre, daß ihm der Tod ſeines Lieben nahe gieng. Ohne Zweifel wendete er damals ſeine Kraft, Todte zu erwe- cken, mit mehr Freude und Wonne des Herzens an, als ſonſt, weil er einen ihm beſonders werthen und geliebten Menſchen ins Leben zurückführen, und zwo würdigen Schweſtern ihren beweinten Bruder wieder ſchenken konnte. Unbeſchreiblich ſchön war ſeine ſchweigende Ma- jeſtät, wenn er ſich an Lazarus Bruſt lehnte, und den Er- weckten in ſeine Seele ſehen ließ, oder wenn er im Cirkel der würdigſten Freundinnen, die die holde Anmuth ihres Geſchlechts durch jeden Reiz der Tugend erhöhten, ſanfte Weisheit
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Von der wahren Größe Jeſu Chriſti.
Feldern, zwiſchen Wieſen Bäumen, Gärten und Hü-
geln hinwandelte, in den Armen ſeines Freundes manche
menſchliche Wonne genoß, die kahlen Zänkereyen und
die plumpen Spöttereyen ſeiner Gegner vergaß, das Herz,
das ſich in der Stadt, wenn nur Neugierige um ihn wa-
ren, ſo oft verſchlieſſen mußte, jezt in der Laube des Gar-
tens, an manchem ſchönen Sommerabend wieder öffnete,
brüderlich, innig, menſchlich, ſanft und liebevoll mit
dem Freund und ſeinen Schweſtern über alles, was ihm
und ihnen vorgekommen war, ſprach, die Freuden der
Wahrheit, der Menſchlichkeit, der Liebe und Freund-
ſchaft genoß, ihnen ohne Zweifel oft den Gott der Liebe
mit allen Ergießungen ſeines ſtarken Gefühls, und mit
den rührendſten Ausdrücken ſchilderte, und ſie bald durch
deutlichere, bald durch verſtecktere Winke in die Zukunft
wies, wo ſie der Entwickelung ſeines Schickſals zuſehen
ſollten. An dieſer glücklichen Familie, die er ſo zärtlich
liebte, erfuhr er auch, ſo wie wir, die Unbeſtändigkeit
menſchlicher Freuden, und den Wechſel aller irrdiſchen
Dinge. Und auch dabey war er ſo ganz Menſch, wie
andre, daß ihm der Tod ſeines Lieben nahe gieng. Ohne
Zweifel wendete er damals ſeine Kraft, Todte zu erwe-
cken, mit mehr Freude und Wonne des Herzens an, als
ſonſt, weil er einen ihm beſonders werthen und geliebten
Menſchen ins Leben zurückführen, und zwo würdigen
Schweſtern ihren beweinten Bruder wieder ſchenken
konnte. Unbeſchreiblich ſchön war ſeine ſchweigende Ma-
jeſtät, wenn er ſich an Lazarus Bruſt lehnte, und den Er-
weckten in ſeine Seele ſehen ließ, oder wenn er im Cirkel
der würdigſten Freundinnen, die die holde Anmuth ihres
Geſchlechts durch jeden Reiz der Tugend erhöhten, ſanfte
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