Sanders, Daniel: Brief an Adele Glaßbrenner. Altstrelitz, 24. September 1878.Frau Adele Peroni-Glaßbrenner in Berlin Meine verehrte theure Freundin, Es ist schöne alte Sitte, den Sterbetag theurer Verstorbe- Frau Adele Peroni-Glaßbrenner in Berlin Meine verehrte theure Freundin, Es ist schöne alte Sitte, den Sterbetag theurer Verstorbe- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0001" n="[1r]"/> <div type="letter" n="1"> <head>Frau <hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/116654430">Adele Peroni-Glaßbrenner</persName></hi> in <placeName ref="http://www.geonames.org/6547383">Berlin</placeName></head><lb/> <space dim="vertical"/> <opener> <salute>Meine verehrte theure Freundin,</salute> </opener><lb/> <space dim="vertical"/> <p>Es ist schöne alte Sitte, den Sterbetag theurer Verstorbe-<lb/> ner als einen Gedächtnistag zu begehen. Sie giebt mir, der<lb/> ich ohne besonderen Anlass kaum mehr zum Brief schreiben gelange, den<lb/> Anstoß, einmal wieder einige Zeile an Sie zu richten, um im ge-<lb/> meinsamen Gedächtnis an unsern verewigten <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118539698">Adolf</persName> Zeugnis<lb/> abzulegen für die treue Anhänglichkeit, mit der wir ihm und Ihnen<lb/> verbunden waren und bleiben. Es ist ja so natürlich und selbst-<lb/> verständlich, daß ein so iñiges au<del rendition="#s">f</del><add place="across">s</add> Geister- und Seelengemeinschaft<lb/> gespoñenes Band ein dauerndes und unauflösliches ist, dessen Fäden<lb/> sich unsichtbar fort- und weiterspiñen. Freilich es wäre schön, weñ es<lb/> uns vergönnt wäre, neue Einschlagsfäden in die Kette hinzuzu-<lb/> schlingen und bei persönlichem Zusammensein lebhafteren Austausch<lb/> des gemeinsamen Denkens und Fühlens zu gewiñen, und lassen<lb/> Sie mich gestehen, daß wir wenigstens auf die Möglichkeit ge-<lb/> hofft, Ihr Weg in die Som̃erfrische oder zurück könnte Sie uns<lb/> zuführen; aber freilich es war das nur ein zaghaftes Hoffen, da<lb/> wir selbst sehr wohl wissen, wie wenig Lockendes sonst<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [[1r]/0001]
Frau Adele Peroni-Glaßbrenner in Berlin
Meine verehrte theure Freundin,
Es ist schöne alte Sitte, den Sterbetag theurer Verstorbe-
ner als einen Gedächtnistag zu begehen. Sie giebt mir, der
ich ohne besonderen Anlass kaum mehr zum Brief schreiben gelange, den
Anstoß, einmal wieder einige Zeile an Sie zu richten, um im ge-
meinsamen Gedächtnis an unsern verewigten Adolf Zeugnis
abzulegen für die treue Anhänglichkeit, mit der wir ihm und Ihnen
verbunden waren und bleiben. Es ist ja so natürlich und selbst-
verständlich, daß ein so iñiges aus Geister- und Seelengemeinschaft
gespoñenes Band ein dauerndes und unauflösliches ist, dessen Fäden
sich unsichtbar fort- und weiterspiñen. Freilich es wäre schön, weñ es
uns vergönnt wäre, neue Einschlagsfäden in die Kette hinzuzu-
schlingen und bei persönlichem Zusammensein lebhafteren Austausch
des gemeinsamen Denkens und Fühlens zu gewiñen, und lassen
Sie mich gestehen, daß wir wenigstens auf die Möglichkeit ge-
hofft, Ihr Weg in die Som̃erfrische oder zurück könnte Sie uns
zuführen; aber freilich es war das nur ein zaghaftes Hoffen, da
wir selbst sehr wohl wissen, wie wenig Lockendes sonst
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