Sanders, Daniel: Brief an Ernst Ziel. Altstrelitz, 24. März 1886.Mein lieber, sehr geehrter Landsmann, Es hat mich gefreut, von Ihnen einmal wieder ein unmittelbares *) Siehe mein Ergänzungs-Wörterbuch S. 370a: "ungenannt" - v. Wesen, die man zu nennen sich scheut, weil man dadurch sie herbeizurufen sich fürchtet. Mein lieber, sehr geehrter Landsmañ, Es hat mich gefreut, von Ihnen einmal wieder ein unmittelbares *) Siehe mein Ergänzungs-Wörterbuch S. 370a: „ungenañt“ – v. Wesen, die man zu neñen sich scheut, weil man dadurch sie herbeizurufen sich fürchtet. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0002" n="[1v]"/> <opener> <salute>Mein lieber, sehr geehrter Landsmañ,</salute> </opener><lb/> <p>Es hat mich gefreut, von Ihnen einmal wieder ein unmittelbares<lb/> Lebenszeichen zu erhalten; ich wünsche <choice><abbr>u</abbr><expan>und</expan></choice> hoffe, daß es Ihnen <choice><abbr>u</abbr><expan>und</expan></choice> den<lb/> Ihrigen wohl ergeht. Auf Ihre Anfrage kañ ich Ihnen leider keine bestim̃te<lb/> Auskunft geben. Mir sind freilich – wie sicher nicht minder<lb/> Ihnen – Stellen genug zur Empfehlung des Schweigens bekañt, in so fern<lb/> durch Stim̃ung der (<choice><abbr>od.</abbr><expan>oder</expan></choice> das) Böse herbeigerufen wird (: Weñ man den <gap reason="illegible" unit="words" quantity="1"/><lb/> , kom̃t er <gap reason="illegible" unit="words" quantity="1"/> <choice><orig>p</orig><reg>pp.</reg></choice> <add place="superlinear">*)</add>), dagegen durch Brechen des Schweigens das<lb/> Gewünschte verscheucht wird (z.b. beim Schätzegraben <choice><orig>p</orig><reg>pp.</reg></choice>). Aber mir ist<lb/> nicht bekañt – oder fällt wenigstens augenblicklich nicht bei – daß<lb/> dies Letztere in einem Spruch – als für Gottheiten geltend<lb/> hingestellt worden ist. Im Gegentheil pflegen z.b. doch die Dichter<lb/> beim Begiñ ihrer Dichtung die Musen namentlich an- u.<lb/> als Helferiñen herbeizurufen u.Ä.m. Freilich köñte ich mir<lb/> wohl denken, daß ein Dichter im Geist der <choice><abbr>griech.</abbr><expan>griechischen</expan></choice> Anthologie<lb/> den Vers geschrieben hätte:<lb/> „<quote rendition="#et">Wisse, Eintretender, dies hier ist des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/1073606619">Harpokrates</persName> Tempel!<lb/> Schweigend verehre den Gott. Neñst du den Gott, er ent-<add place="sublinear">flieht</add></quote>“<lb/> Aber das ist doch eben nur ein Einfall von mir <choice><abbr>u</abbr><expan>und</expan></choice> nicht eben<lb/> ein wirklich vorhandener „bekañter“ Spruch.</p><lb/> <closer> <salute>Mit bestem Gruß aus der Heimat Ihr getreulich<lb/> ergebenster<lb/></salute> <signed> <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119242044">Dan. Sanders.</persName> </signed><lb/> <dateline><placeName ref="http://www.geonames.org/2825922/">Altstrelitz</placeName> 24.3.86.</dateline><lb/> </closer> <postscript> <p>*) <choice><abbr>S.</abbr><expan>Siehe</expan></choice> mein <choice><abbr>Ergänz.-Wörterb.</abbr><expan>Ergänzungs-Wörterbuch</expan></choice> <note type="editorial"><bibl>Sanders, Daniel: Ergänzungs-Wörterbuch der deutschen Sprache. Eine Vervollständigung und Erweiterung aller bisher erschienen deutsch-sprachlichen Wörterbücher (einschließlich des Grimm'schen). Mit Belegen von Luther bis auf die neueste Gegenwart. Berlin 1885. <ref target="https://archive.org/details/bub_gb_mBQ9AAAAYAAJ_2#page/n9/mode/2up">Online verfügbar: Internet Archive, abgerufen am 07.12.2017</ref></bibl></note> S. 370a: „ungenañt“ – v. Wesen, die man</p> <p>zu neñen sich scheut, weil man dadurch sie herbeizurufen sich fürchtet.</p> </postscript> </div> </body> </text> </TEI> [[1v]/0002]
Mein lieber, sehr geehrter Landsmañ,
Es hat mich gefreut, von Ihnen einmal wieder ein unmittelbares
Lebenszeichen zu erhalten; ich wünsche u hoffe, daß es Ihnen u den
Ihrigen wohl ergeht. Auf Ihre Anfrage kañ ich Ihnen leider keine bestim̃te
Auskunft geben. Mir sind freilich – wie sicher nicht minder
Ihnen – Stellen genug zur Empfehlung des Schweigens bekañt, in so fern
durch Stim̃ung der (od. das) Böse herbeigerufen wird (: Weñ man den _
, kom̃t er _ p *)), dagegen durch Brechen des Schweigens das
Gewünschte verscheucht wird (z.b. beim Schätzegraben p). Aber mir ist
nicht bekañt – oder fällt wenigstens augenblicklich nicht bei – daß
dies Letztere in einem Spruch – als für Gottheiten geltend
hingestellt worden ist. Im Gegentheil pflegen z.b. doch die Dichter
beim Begiñ ihrer Dichtung die Musen namentlich an- u.
als Helferiñen herbeizurufen u.Ä.m. Freilich köñte ich mir
wohl denken, daß ein Dichter im Geist der griech. Anthologie
den Vers geschrieben hätte:
„Wisse, Eintretender, dies hier ist des Harpokrates Tempel!
Schweigend verehre den Gott. Neñst du den Gott, er ent-flieht“
Aber das ist doch eben nur ein Einfall von mir u nicht eben
ein wirklich vorhandener „bekañter“ Spruch.
Mit bestem Gruß aus der Heimat Ihr getreulich
ergebenster
Dan. Sanders.
Altstrelitz 24.3.86.
*) S. mein Ergänz.-Wörterb. S. 370a: „ungenañt“ – v. Wesen, die man
zu neñen sich scheut, weil man dadurch sie herbeizurufen sich fürchtet.
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(2017-11-06T15:02:54Z)
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