Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,1. Nürnberg, 1675.

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        <p xml:id="p15.1"><pb facs="#f0028" xml:id="pb-16" n="[I, Vorrede, S. 5]"/><cb/>
der andern von mir vorgezogen wird/ außer wie ferne ein Künstler den andern in Kunst <note place="right">Der Vorzug bestehet allein in der Künstlere Vortreflichkeit.</note> und Vortreflichkeit übersteiget. Und obschon eine der andern in einem Stuck vorschläget oder den Preiß benimmet/ so hat doch die andere wieder in etwas anders die Ehre: daher sie/ gegen einander in die Wage gelegt/ eine gleiche <hi rendition="#aq">Perfection</hi> und Vollkommenheit haben/ und also beyde Leiber wie von einer Seele belebet werden. Sie sind auch nicht <note place="right">Viel Künstler sind zugleich Bildhauer und Mahlere gewesen: absonderlich <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-353 http://d-nb.info/gnd/118582143 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500010654 http://viaf.org/viaf/24585191"><hi rendition="#aq">Michaël Angelo Buonaroti</hi></persName>;</note> füglich von einander zu scheiden: wie dann mehrmals die Probe bewähret hat/ und viel Mahlere/ welche auch <hi rendition="#aq">Statu</hi>en <hi rendition="#aq">formi</hi>ret/ und hingegen viel <hi rendition="#aq">Statua</hi>rii zu finden gewesen/ denen die Mahlerey-Kunst sonders beliebet; wie von <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-195 http://d-nb.info/gnd/118640445 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500010879 http://viaf.org/viaf/24604287"><hi rendition="#aq">Leonardo da Vince</hi></persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-196 http://d-nb.info/gnd/118638696 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500013242 http://viaf.org/viaf/79398580"><hi rendition="#aq">Antonio Polaivolo</hi></persName>, und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-353 http://d-nb.info/gnd/118582143 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500010654 http://viaf.org/viaf/24585191"><hi rendition="#aq">Michaël Angelo Buonaroti</hi></persName>, in ihrem Leben/ zu lesen ist. Insonderheit ist der letztere in diesen Künsten so hoch gestiegen/ daß alle Mahler über seine Kunststucke gestutzet/ und alle Bildhauere seine Werke mit demütiger Neigung verehret haben. Es hat ihme auch die Natur/ ohn einigen Lehrmeister/ alle Reguln der <hi rendition="#aq">Architectur</hi> eingeflösset/ also daß er die <hi rendition="#aq">formi</hi>rte <hi rendition="#aq">Statu</hi>en/ in gebürlicher Größe und Art/ zu stellen gewust/ und er billich/ als ein <hi rendition="#aq">perfecter</hi> Baumeister/ künstlicher Mahler und übernatürlicher Bildhauer/ mögen gepriesen werden.</p>
        <p><note place="right">und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-12 http://d-nb.info/gnd/11852786X http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500115493 http://viaf.org/viaf/54146999">Albrecht Dürer</persName>/</note>Also hat auch der hochberümte <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-12 http://d-nb.info/gnd/11852786X http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500115493 http://viaf.org/viaf/54146999">Albrecht Dürer</persName>/ nachdem die <hi rendition="#aq">Excellenza</hi> seiner Kunst in dem Mahlen genugsam erschollen/ ferner nicht allein des Kupferstechens/ sondern auch absonderlich der Bildhauerey sich beflissen/ und in weniger Zeit/ ohn sonders-große Bemühung/ so sehr darinn zugenommen/ und es damit so weit hinaus gebracht/ daß damals keiner/ von der <hi rendition="#aq">Profession</hi> des Bildhauens/ ihme gleich geschätzet worden: Da hingegen/ daß einiger Bildhauer in der Mahlerey zu solcher <hi rendition="#aq">Perfection</hi> gestiegen sey/ mit keinem Exempel wird können erwiesen werden. Woraus dann zu schließen ist/ wie sonderbar der Geist eines <hi rendition="#aq">excellent</hi>en Mahlers <hi rendition="#aq">qualific</hi>irt seyn müße. So ist auch der noch-lebende <hi rendition="#aq">Cavallier,</hi> <note place="right">auch <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-29 http://d-nb.info/gnd/118509926 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500032022 http://viaf.org/viaf/73850000"><hi rendition="#aq">Lorenzo Bernini</hi></persName>.</note> <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-29 http://d-nb.info/gnd/118509926 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500032022 http://viaf.org/viaf/73850000"><hi rendition="#aq">Lorenzo Bernin</hi></persName>, zugleich ein trefflicher Bildhauer/ <hi rendition="#aq">Architetto</hi> und Mahler: Jedoch/ wiewol er in den beyden ersten den höchsten Grad erreichet/ so hat sein schöner Geist ihm die <hi rendition="#aq">qualit</hi>ät des letzten versaget/ daß er nichts sonders fürtrefliches darinn ausrichten können. Damit <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> aber nun zu dem Zweck trete/ so soll in diesem Buch/ nach einem <hi rendition="#aq">Discurs</hi> von ermeldten dreyen Künsten/ angeführet werden/ welche Künstlere/ von des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-147 http://d-nb.info/gnd/119138883 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500016284 http://viaf.org/viaf/42641544"><hi rendition="#aq">Cimabue</hi></persName> Zeiten an/ in denselben berümt <note place="right">Bildhauer- und Mahlerey/ war in der ersten Kirche ganz abgekommen.</note> und vollkommen gewesen. Dann vorhero war die Kunst der Bildhauerey/ samt der Mahlerey/ völlig aufgehebt/ abgothan und verboten/ also gar/ daß fast kein rechtes Bild in den Münz-Geprägen zu sehen gewesen. Dieses Verbot hat gleich mit der ersten Christlichen Kirche/ zu Zeiten <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-198 http://d-nb.info/gnd/11855896X http://viaf.org/viaf/90633546">Käysers <hi rendition="#aq">Justiniani</hi></persName>,<cb/>
angefangen/ und ist lang in <hi rendition="#aq">observanz</hi> geblieben/ da alle Bilder vertilgt und verbrant worden. Endlich hat das <hi rendition="#aq">Concilium</hi> zu <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-404 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7032024">Nicaea</placeName></hi> verwilligt und gebilligt/ daß beyde Künste wieder eingeführet worden: <note place="right">Wird wieder eingeführet.</note> Da dann <date when="1240"><hi rendition="#aq">A. C.</hi> 1240.</date> zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-23 http://www.geonames.org/3176959/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000457">Florenz</placeName>/ bemeldter <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-147 http://d-nb.info/gnd/119138883 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500016284 http://viaf.org/viaf/42641544"><hi rendition="#aq">Cimabue</hi></persName> sich herfür gethan/ welcher/ durch sonderbare Kunst und Vortreflichkeit/ hohen Preiß erworben.</p>
        <p>Im Vorsatze nun/ durch diese meine Bemühung allen Edlen Kunst-Liebhabern nicht allein sonders zu nutzen/ sondern auch <note place="right">Vorhaben und Vortrag des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836"><hi rendition="#aq">Autoris</hi></persName>.</note> sie damit zu ergetzen/ werde <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> anfahen/ von der allgemeinen <hi rendition="#aq">Architectur</hi> und Bau-Kunst/ und dabey einführen/ die unterschiedliche <hi rendition="#aq">Varietät</hi> der Steine/ die Art und Weise/ den Bau zu führen/ auch die <hi rendition="#aq">Proportion</hi> und Maß zu nemen/ und wie die Vollkommenheit eines Gebäudes zu erkennen sey. Hiernächst werde <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> von der <hi rendition="#aq">Scultur</hi> handlen/ und darbey melden/ wie die <hi rendition="#aq">Statuen</hi> zu arbeiten/ auch vorstellen die Gestalt/<hi rendition="#aq">Proportion,</hi> Gleichheit und Maß/ so hierzu gehörig/ samt allen verborgnen Meister-Handgriffen/ so viel <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">mir</persName> davon bewust/ auch aus der Erfahrung bekant worden. Letzlich soll von der <hi rendition="#aq">Pictur</hi> oder Mahlerey sonders ausführlich/ nämlich von allen ihren Reguln und Zugehörnußen/ von Abriß- und Zeichnen/ von <hi rendition="#aq">Temperi</hi>rung der Farben/ von Art der Mahlerey/ von der <hi rendition="#aq">Invention</hi> und <hi rendition="#aq">Ordonanz,</hi> von des Bilds Wolstand/ von <hi rendition="#aq">Miniatur</hi>en und andern Stücken gehandelt werden.</p>
        <p><note place="right">Verhoffter Nutz und Frucht dieses Werks.</note><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> verhoffe gänzlich/ daß diese meine Arbeit/ denen/ so hiervon <hi rendition="#aq">Profession</hi> machen/behülflich/ und andern/ so es lesen/ ergetzlich seyn werde. Dann zu deme/ daß sie/ durch vor Augen gelegte Manier und Weise/ jede Kunst anzugreiffen/ und darvon zu <hi rendition="#aq">judici</hi>ren lernen können/ werden sie auch/ aus dem Leben der sonderbaren Künstler/ ersehen/ wo dero rare und seltsame Kunststucke in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-352 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=1000080">Italien</placeName>/ <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-257 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000084">Teutschland</placeName>/ <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-355 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7002445">Engeland</placeName> und <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-127 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7016845">Niederland</placeName> anzutreffen/ damit sie/ auf ihren Reisen/ in selbigen/ als in einem Kunst-Spiegel/ sich ersehen mögen. Weil mit dergleichen Beschreibung/ insonderheit unserer Teutschen Nation/ niemals von selbst-erfahrner Hand genugsame Beyhülfe geschehen/ als habe <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName>/ deren zu Ehren/ und den Kunstliebenden zu Dienste/ diese Mühwaltung über <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">mich</persName> nehmen wollen. Es ist ja nichts löblichers/ als wann Kunst und Tugend/ Hoheit und Geschicklichkeit/ Ehre und Verdienst/ einträchtig bey einander wohnen: und kan solches ein allgemeiner Stachel und Antrieb seyn/ so wol durch Kunst und Geschicklichkeit/ als durch löblichen Tugend Wandel/ ein gleiches Ehren-Ziel zu erreichen.</p>
        <p><note place="right">Entschuldigung des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836"><hi rendition="#aq">Authoris</hi></persName>, wegen der Red-Art hierinnen.</note> Der günstige Leser wird hierbey von <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">mir</persName> dienst-freundlich ersuchet/ nicht ungütlich aufzunemen/ daß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> hierinnen nicht lauter Teutsche Wörter gebrauchet/ oder die Rede
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