Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.[Spaltenumbruch] würden/ wofern Raphaels Name nicht darunter stünde. Indem nun Raphael je länger je höher in der Kunst stiege/ und seine Werke des Lehrmeisters seinen vorgezogen wurden/ nahm ihn sein vertrauter Freund Bernardino Pinturicchio mit nach Siena, damit er daselbst ihm ein und andere angedingte Arbeit zeichnen möchte. Inzwischen hörte er/ daß Leonardo da Vinae zu Florenz einen sehr künstlichen Carton, mit vielen Pferden/ und diesen zu trotz einen andern Michael Angelo gemacht hätte/ solche zu sehen/ reiste er dahin/ und da ihm/ neben dieser Arbeit/ die schöne Stadt sehr wol gefiele/ blieb er zimlich lang daselbst/ und bekame einen Anhang von vielen jungen Mahlern/ die ihn und seine Kunst hoch ehrten. Unter andern Kunstliebenden/ nahme sich seiner Taddeo Taddei fleißig an/ und pflegte mit ihme sehr vertrauliche Freundschaft: Solches thate auch Lorenzo Nasi, dem Mahlet zu Florenz ein Marien-Bild. er ein Marienbild/ mit dem Kindlein auf dem Schoß gemahlt/ wie ihme der junge S. Gioann sehr freudig ein Vögelein gibt/ alles so wol colorirt/ daß man am Marien-Bild eine demütigfreundliche Majestät/ an den Kindern eine recht kindische Einfalt/ an allen fast natürliches Fleisch siehet/ über die dabey gebildte Landschaft aber sich wol verwundern kan. Nachdem ihm Vatter und Mutter gestorben/ kam er nach Urbino, seine Sachen in Richtigkeit zu bringen/ und mahlte für den Herzog zwey kleine Marien-Bilder sehr künstlich/ wie auch den HErrn Christum/ mit den dreyen Aposteln im Garten/ so fleißig und sorgfältig/ daß keine miniatur-Arbeit curioser kan verfärtiget werden: Von dannen zog er wieder nach Perugia, machte daselbst/ unter andern/ etliche Gesichter heiliger Jungfrauen/ mit sehr artlichen Haupt-Zierrahten/ und grosser Holdseligkeit/ worinnen er erwiese/ daß er zu Florenz guter Meistere Sachen gesehen hätte: Noch Ein geistliches Stuck. mahlte er ein Marien-Bild/ und wie das Christkindlein/ das von S. Elisabeth ihm zugeführte Knäblein S. Gioann freundlich empfängt: Joseph lehnet mit beyden Händen auf einem Stab/ und siehet/ neben den andern/ sein Haupt biegend/ mit Verwunderung an/ wie diese zween Vettere/ in so zarter Jugend/ einander mit solchem Verstand und Ehrerbietung begegneten: Alle Pinselstrich scheinen darinn rechtes Fleisch zu seyn/ und verdienet diß Gemähl wol eine sorgfältige Verwahrung: Nun sahe dieser Künstler/ daß die berühmte Mahlere Leonardo da Vince, und Michael Angelo der Manier des Masaccio nachahmten/ deßhalben zog er nach Florenz/ gedachten Künstlers Sachen bäßer abzusehen/ nahm auch augenscheinlich zu/ und kam unterdeß in vertrauliche Freundschaft mit dem Kunst-Mahler Baccio , bald kehrte er wieder um nach Perugien, und verfärtigte eine Capell zu S. Francisco , für den Attalanta Baglioni, zu welcher Arbeit er/ für seiner Reise nach Florenz/ die Zeichnung gemacht: Es Die Begräbnis Christi. ware die Begräbnis Christi/ in fresco so wol gebildet/ daß man meinen solte/ es wäre ganz frisch gemahlet/ dabey ist zu sehen die Traurigkeit der [Spaltenumbruch] Freunde/ die sie theils mit Weinen/ theils mit Zusammenschlagung der Hände entdecken; die wehklagende Mutter und reine Jungfer Maria singt in Unmacht/ alle sehen untersich/ und ist der große Fleiß/ an die Gesichter/ Gewände und das ganze Stuck gewendet/ nicht gnugsam zu beschreiben. Hierauf wurde Raphael von seinem Landsmann und Anverwandten Bramante, Papsts Julii II. Baumeister/ nach Rom beruffen/ daselbst unterschiedliche neue Zimmer zu mahlen/ deme zu folg zoge Raphael dahin/ wurde vom Papst freundlich empfangen/ weil er aber merkte/ daß ein Probstück zu machen würde nöhtig seyn/ weil er unterschiedliche Mahler daselbst fande/ die allbereit etliche Seine Werke zu Rom/ die Vereinigung der Theologia und Philosophia. Zimmer verfärtiget/ fieng er eine schöne Historie an in der Siegel-Cammer/ wie nämlich die Theologia mit der Philosophie, Astrologie und Poesie vereiniget wird; Darinn sind zu sehen die fürnehmste Heidnische Philosophi Aristoteles, Plato und andere mehr/ jeder mit einem Buch gebildet/ und von einem Hauffen Lehrlinge umgeben/ Diogenes ligt/ mit seiner hölzernen Trinkschüssel/ auf der Stiege/ dessen Bildnis mehr wegen darinn angewandten Fleißes/ als wegen des fantastischen originals zu beobachten. Auf einer Seiten machen etliche Astrologi mit sehr seltsammer Handthierung des Zirkels allerhand charactern auf Tafeln/ dieselbe/ durch schöne Engel/ den vier Evangelisten auszulegen sendende: Unter diesen ist ein sehr schöner Jüngling/ Herzogs Fridrichs von Mantua Contrafät vorstellend/ welcher mit niedergebogenen Haupt und Verwunderung die Arme öfnet: Ferner eine andere sich buckende Person/ mit einem Zirkel in Händen/ damit auf eine Tafel reissend/ welches des Bramante Contrafät seyn solle; neben ihm stehet Zoroastro mit der Himmels-Kugel in Händen von hinten zu sehen/ und dabey Raphael selbst mit einem sehr freundlichen Gesicht: Noch ist in diesem Stuck ein nach der Perspectiv-Kunst zierlich mit vielen Bildern gemahltes Gebäu/ alles mit treflicher invention und gar guter Ordonanze der Historien/ so daß der Künstler alsobald mit dieser Prob erwiese/ daß er es allen übrigen Meistern vorthun würde/ dannenhero der Papst Julius II. alles herunter reissen ließ/ was andere in übrigen Zimmern gemahlt/ es mochte alt oder neu seyn/ und dingte es/ von neuem zu machen/ unserm Raphael an/ welcher selbst allein der Compartementen und Grotteschen des Antonio von Vercelli verschonte/ und selbige in sein Werk fügte. Die vier Ronde gedachten Die Erkantnis aller Sachen. Zimmers bemahlte er solcher Gestalt: In den ersten setzte er als eine Frau/ in einem Sessel/ die Erkantnis oder Urtheilung über alle Dinge/ auf der Seiten die Göttin Cybele, mit ihren Brüsten/ auf die Manier/ wie bey den Alten die Diane Polymaste gebildet. Ihre Kleidung ist vierfärbig/ die vier Elementen ausbildend/ oberhalb des Gürtels roht/ das Feuer/ unterhalb desselben blau/ die Luft/ über den Knien grün/ die Erde/ an den Füßen liechtblau/ das Wasser bedeutend/ neben herum stehen unterschiedliche schöne Kinder. In den andern Die Poesie. Rond/ machte er für die Poesie die Polyhymnia, mit Lorbeer-Blättern gekrönet/ und in [Spaltenumbruch] würden/ wofern Raphaels Name nicht darunter stünde. Indem nun Raphael je länger je höher in der Kunst stiege/ und seine Werke des Lehrmeisters seinen vorgezogen wurden/ nahm ihn sein vertrauter Freund Bernardino Pinturicchio mit nach Siena, damit er daselbst ihm ein und andere angedingte Arbeit zeichnen möchte. Inzwischen hörte er/ daß Leonardo da Vinae zu Florenz einen sehr künstlichen Carton, mit vielen Pferden/ und diesen zu trotz einen andern Michael Angelo gemacht hätte/ solche zu sehen/ reiste er dahin/ und da ihm/ neben dieser Arbeit/ die schöne Stadt sehr wol gefiele/ blieb er zimlich lang daselbst/ und bekame einen Anhang von vielen jungen Mahlern/ die ihn und seine Kunst hoch ehrten. Unter andern Kunstliebenden/ nahme sich seiner Taddeo Taddei fleißig an/ und pflegte mit ihme sehr vertrauliche Freundschaft: Solches thate auch Lorenzo Nasi, dem Mahlet zu Florenz ein Marien-Bild. er ein Marienbild/ mit dem Kindlein auf dem Schoß gemahlt/ wie ihme der junge S. Gioann sehr freudig ein Vögelein gibt/ alles so wol colorirt/ daß man am Marien-Bild eine demütigfreundliche Majestät/ an den Kindern eine recht kindische Einfalt/ an allen fast natürliches Fleisch siehet/ über die dabey gebildte Landschaft aber sich wol verwundern kan. Nachdem ihm Vatter und Mutter gestorben/ kam er nach Urbino, seine Sachen in Richtigkeit zu bringen/ und mahlte für den Herzog zwey kleine Marien-Bilder sehr künstlich/ wie auch den HErrn Christum/ mit den dreyen Aposteln im Garten/ so fleißig und sorgfältig/ daß keine miniatur-Arbeit curioser kan verfärtiget werden: Von dannen zog er wieder nach Perugia, machte daselbst/ unter andern/ etliche Gesichter heiliger Jungfrauen/ mit sehr artlichen Haupt-Zierrahten/ und grosser Holdseligkeit/ worinnen er erwiese/ daß er zu Florenz guter Meistere Sachen gesehen hätte: Noch Ein geistliches Stuck. mahlte er ein Marien-Bild/ und wie das Christkindlein/ das von S. Elisabeth ihm zugeführte Knäblein S. Gioann freundlich empfängt: Joseph lehnet mit beyden Händen auf einem Stab/ und siehet/ neben den andern/ sein Haupt biegend/ mit Verwunderung an/ wie diese zween Vettere/ in so zarter Jugend/ einander mit solchem Verstand und Ehrerbietung begegneten: Alle Pinselstrich scheinen darinn rechtes Fleisch zu seyn/ und verdienet diß Gemähl wol eine sorgfältige Verwahrung: Nun sahe dieser Künstler/ daß die berühmte Mahlere Leonardo da Vince, und Michaël Angelo der Manier des Masaccio nachahmten/ deßhalben zog er nach Florenz/ gedachten Künstlers Sachen bäßer abzusehen/ nahm auch augenscheinlich zu/ und kam unterdeß in vertrauliche Freundschaft mit dem Kunst-Mahler Baccio , bald kehrte er wieder um nach Perugien, und verfärtigte eine Capell zu S. Francisco , für den Attalanta Baglioni, zu welcher Arbeit er/ für seiner Reise nach Florenz/ die Zeichnung gemacht: Es Die Begräbnis Christi. ware die Begräbnis Christi/ in fresco so wol gebildet/ daß man meinen solte/ es wäre ganz frisch gemahlet/ dabey ist zu sehen die Traurigkeit der [Spaltenumbruch] Freunde/ die sie theils mit Weinen/ theils mit Zusammenschlagung der Hände entdecken; die wehklagende Mutter und reine Jungfer Maria singt in Unmacht/ alle sehen untersich/ und ist der große Fleiß/ an die Gesichter/ Gewände und das ganze Stuck gewendet/ nicht gnugsam zu beschreiben. Hierauf wurde Raphael von seinem Landsmann und Anverwandten Bramante, Papsts Julii II. Baumeister/ nach Rom beruffen/ daselbst unterschiedliche neue Zimmer zu mahlen/ deme zu folg zoge Raphael dahin/ wurde vom Papst freundlich empfangen/ weil er aber merkte/ daß ein Probstück zu machen würde nöhtig seyn/ weil er unterschiedliche Mahler daselbst fande/ die allbereit etliche Seine Werke zu Rom/ die Vereinigung der Theologia und Philosophia. Zimmer verfärtiget/ fieng er eine schöne Historie an in der Siegel-Cammer/ wie nämlich die Theologia mit der Philosophie, Astrologie und Poësie vereiniget wird; Darinn sind zu sehen die fürnehmste Heidnische Philosophi Aristoteles, Plato und andere mehr/ jeder mit einem Buch gebildet/ und von einem Hauffen Lehrlinge umgeben/ Diogenes ligt/ mit seiner hölzernen Trinkschüssel/ auf der Stiege/ dessen Bildnis mehr wegen darinn angewandten Fleißes/ als wegen des fantastischen originals zu beobachten. Auf einer Seiten machen etliche Astrologi mit sehr seltsammer Handthierung des Zirkels allerhand charactern auf Tafeln/ dieselbe/ durch schöne Engel/ den vier Evangelisten auszulegen sendende: Unter diesen ist ein sehr schöner Jüngling/ Herzogs Fridrichs von Mantua Contrafät vorstellend/ welcher mit niedergebogenen Haupt und Verwunderung die Arme öfnet: Ferner eine andere sich buckende Person/ mit einem Zirkel in Händen/ damit auf eine Tafel reissend/ welches des Bramante Contrafät seyn solle; neben ihm stehet Zoroastro mit der Himmels-Kugel in Händen von hinten zu sehen/ und dabey Raphael selbst mit einem sehr freundlichen Gesicht: Noch ist in diesem Stuck ein nach der Perspectiv-Kunst zierlich mit vielen Bildern gemahltes Gebäu/ alles mit treflicher invention und gar guter Ordonanze der Historien/ so daß der Künstler alsobald mit dieser Prob erwiese/ daß er es allen übrigen Meistern vorthun würde/ dannenhero der Papst Julius II. alles herunter reissen ließ/ was andere in übrigen Zimmern gemahlt/ es mochte alt oder neu seyn/ und dingte es/ von neuem zu machen/ unserm Raphael an/ welcher selbst allein der Compartementen und Grotteschen des Antonio von Vercelli verschonte/ und selbige in sein Werk fügte. Die vier Ronde gedachten Die Erkantnis aller Sachen. Zimmers bemahlte er solcher Gestalt: In den ersten setzte er als eine Frau/ in einem Sessel/ die Erkantnis oder Urtheilung über alle Dinge/ auf der Seiten die Göttin Cybele, mit ihren Brüsten/ auf die Manier/ wie bey den Alten die Diane Polymaste gebildet. Ihre Kleidung ist vierfärbig/ die vier Elementen ausbildend/ oberhalb des Gürtels roht/ das Feuer/ unterhalb desselben blau/ die Luft/ über den Knien grün/ die Erde/ an den Füßen liechtblau/ das Wasser bedeutend/ neben herum stehen unterschiedliche schöne Kinder. In den andern Die Poësie. Rond/ machte er für die Poësie die Polyhymnia, mit Lorbeer-Blättern gekrönet/ und in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0121" xml:id="pb-303" n="[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 93]"/><cb/> würden/ wofern <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-446 http://d-nb.info/gnd/118597787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500023578 http://viaf.org/viaf/64055977">Raphaels</persName></hi> Name nicht darunter stünde.</p> <p>Indem nun <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-446 http://d-nb.info/gnd/118597787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500023578 http://viaf.org/viaf/64055977">Raphael</persName> je länger je höher in der Kunst stiege/ und seine Werke des Lehrmeisters seinen vorgezogen wurden/ nahm ihn sein vertrauter Freund <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1382 http://d-nb.info/gnd/118792261 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500023716 http://viaf.org/viaf/49378648">Bernardino Pinturicchio</persName></hi> mit nach <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-16 http://www.geonames.org/3166548/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7011179">Siena</placeName>,</hi> damit er daselbst ihm ein und andere angedingte Arbeit zeichnen möchte. Inzwischen hörte er/ daß <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-195 http://d-nb.info/gnd/118640445 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500010879 http://viaf.org/viaf/24604287">Leonardo da Vinae</persName></hi> zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-23 http://www.geonames.org/3176959/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7000457">Florenz</placeName> einen sehr künstlichen <hi rendition="#aq">Carton,</hi> mit vielen Pferden/ und diesen zu trotz einen andern <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-353 http://d-nb.info/gnd/118582143 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500010654 http://viaf.org/viaf/24585191">Michael Angelo</persName></hi> gemacht hätte/ solche zu sehen/ reiste er dahin/ und da ihm/ neben dieser Arbeit/ die schöne Stadt sehr wol gefiele/ blieb er zimlich lang daselbst/ und bekame einen Anhang von vielen jungen Mahlern/ die ihn und seine Kunst hoch ehrten. Unter andern Kunstliebenden/ nahme sich seiner <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1406">Taddeo Taddei</persName></hi> fleißig an/ und pflegte mit ihme sehr vertrauliche Freundschaft: Solches thate auch <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1383">Lorenzo Nasi</persName>,</hi> dem <note place="right">Mahlet zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-23 http://www.geonames.org/3176959/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7000457">Florenz</placeName> ein <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-203 http://d-nb.info/gnd/118640909 http://viaf.org/viaf/121008611">Marien</persName>-Bild.</note> er ein Marienbild/ mit dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-15 http://d-nb.info/gnd/118557513 http://viaf.org/viaf/73945424">Kindlein</persName> auf dem Schoß gemahlt/ wie ihme der junge <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-10 http://d-nb.info/gnd/118557858 http://viaf.org/viaf/98494815">S. Gioann</persName></hi> sehr freudig ein Vögelein gibt/ alles so wol <hi rendition="#aq">colo</hi>rirt/ daß man am <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-203 http://d-nb.info/gnd/118640909 http://viaf.org/viaf/121008611">Marien</persName>-Bild eine demütigfreundliche Majestät/ an den Kindern eine recht kindische Einfalt/ an allen fast natürliches Fleisch siehet/ über die dabey gebildte Landschaft aber sich wol verwundern kan.</p> <p>Nachdem ihm Vatter und Mutter gestorben/ kam er nach <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-80 http://www.geonames.org/3165035/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7003994">Urbino</placeName>,</hi> seine Sachen in Richtigkeit zu bringen/ und mahlte für den Herzog zwey kleine <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-203 http://d-nb.info/gnd/118640909 http://viaf.org/viaf/121008611">Marien</persName>-Bilder sehr künstlich/ wie auch den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-15 http://d-nb.info/gnd/118557513 http://viaf.org/viaf/73945424">HErrn Christum</persName>/ mit den dreyen Aposteln im Garten/ so fleißig und sorgfältig/ daß keine <hi rendition="#aq">miniatur</hi>-Arbeit <hi rendition="#aq">curioser</hi> kan verfärtiget werden: Von dannen zog er wieder nach <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-492 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7000526">Perugia</placeName>,</hi> machte daselbst/ unter andern/ etliche Gesichter heiliger Jungfrauen/ mit sehr artlichen Haupt-Zierrahten/ und grosser Holdseligkeit/ worinnen er erwiese/ daß er zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-23 http://www.geonames.org/3176959/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7000457">Florenz</placeName> guter Meistere Sachen gesehen hätte: Noch <note place="right">Ein geistliches Stuck.</note> mahlte er ein <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-203 http://d-nb.info/gnd/118640909 http://viaf.org/viaf/121008611">Marien</persName>-Bild/ und wie das <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-15 http://d-nb.info/gnd/118557513 http://viaf.org/viaf/73945424">Christkindlein</persName>/ das von <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2115 http://d-nb.info/gnd/118529862 http://viaf.org/viaf/42629178"><hi rendition="#aq">S</hi>. Elisabeth</persName> ihm zugeführte Knäblein <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-10 http://d-nb.info/gnd/118557858 http://viaf.org/viaf/98494815">S. Gioann</persName></hi> freundlich empfängt: <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-807 http://d-nb.info/gnd/118558382 http://viaf.org/viaf/48050874">Joseph</persName></hi> lehnet mit beyden Händen auf einem Stab/ und siehet/ neben den andern/ sein Haupt biegend/ mit Verwunderung an/ wie diese zween Vettere/ in so zarter Jugend/ einander mit solchem Verstand und Ehrerbietung begegneten: Alle Pinselstrich scheinen darinn rechtes Fleisch zu seyn/ und verdienet diß Gemähl wol eine sorgfältige Verwahrung:</p> <p>Nun sahe dieser Künstler/ daß die berühmte Mahlere <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-195 http://d-nb.info/gnd/118640445 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500010879 http://viaf.org/viaf/24604287">Leonardo da Vince</persName>,</hi> und <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-353 http://d-nb.info/gnd/118582143 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500010654 http://viaf.org/viaf/24585191">Michaël Angelo</persName></hi> der Manier des <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1081 http://d-nb.info/gnd/118578618 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500026649 http://viaf.org/viaf/7368513">Masaccio</persName></hi> nachahmten/ deßhalben zog er nach <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-23 http://www.geonames.org/3176959/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7000457">Florenz</placeName>/ gedachten Künstlers Sachen bäßer abzusehen/ nahm auch augenscheinlich zu/ und kam unterdeß in vertrauliche Freundschaft mit dem Kunst-Mahler <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1163 http://d-nb.info/gnd/118968580 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500115575 http://viaf.org/viaf/89128949">Baccio</persName></hi> , bald kehrte er wieder um nach <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-492 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7000526">Perugien</placeName>,</hi> und verfärtigte eine <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1978">Capell</placeName> zu <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-535">S. Francisco</placeName></hi> , für den <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4124">Attalanta Baglioni</persName>,</hi> zu welcher Arbeit er/ für seiner Reise nach <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-23 http://www.geonames.org/3176959/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7000457">Florenz</placeName>/ die Zeichnung gemacht: Es <note place="right">Die Begräbnis <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-15 http://d-nb.info/gnd/118557513 http://viaf.org/viaf/73945424">Christi</persName>.</note> ware die Begräbnis <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-15 http://d-nb.info/gnd/118557513 http://viaf.org/viaf/73945424">Christi</persName>/ <hi rendition="#aq">in fresco</hi> so wol gebildet/ daß man meinen solte/ es wäre ganz frisch gemahlet/ dabey ist zu sehen die Traurigkeit der <cb/> Freunde/ die sie theils mit Weinen/ theils mit Zusammenschlagung der Hände entdecken; die wehklagende Mutter und reine <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-203 http://d-nb.info/gnd/118640909 http://viaf.org/viaf/121008611">Jungfer Maria</persName> singt in Unmacht/ alle sehen untersich/ und ist der große Fleiß/ an die Gesichter/ Gewände und das ganze Stuck gewendet/ nicht gnugsam zu beschreiben.</p> <p>Hierauf wurde <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-446 http://d-nb.info/gnd/118597787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500023578 http://viaf.org/viaf/64055977">Raphael</persName></hi> von seinem Landsmann und Anverwandten <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-351 http://d-nb.info/gnd/11851427X http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500019098 http://viaf.org/viaf/79161779">Bramante</persName>,</hi> <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-352 http://d-nb.info/gnd/118714090 http://viaf.org/viaf/51697938">Papsts <hi rendition="#aq"><choice><sic>Julii III.</sic><corr>Julii II.</corr></choice></hi></persName> Baumeister/ nach <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-6 http://www.geonames.org/3169070/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7000874">Rom</placeName> beruffen/ daselbst unterschiedliche neue Zimmer zu mahlen/ deme zu folg zoge <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-446 http://d-nb.info/gnd/118597787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500023578 http://viaf.org/viaf/64055977">Raphael</persName></hi> dahin/ wurde vom Papst freundlich empfangen/ weil er aber merkte/ daß ein Probstück zu machen würde nöhtig seyn/ weil er unterschiedliche Mahler daselbst fande/ die allbereit etliche <note place="right">Seine Werke zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-6 http://www.geonames.org/3169070/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7000874">Rom</placeName>/ die Vereinigung der <hi rendition="#aq">Theologia</hi> und <hi rendition="#aq">Philosophia</hi>.</note> Zimmer verfärtiget/ fieng er eine schöne Historie an in der <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-561">Siegel-Cammer</placeName>/ wie nämlich die <hi rendition="#aq">Theologia</hi> mit der <hi rendition="#aq">Philosophie, Astrologie</hi> und <hi rendition="#aq">Poësie</hi> vereiniget wird; Darinn sind zu sehen die fürnehmste Heidnische <hi rendition="#aq">Philosophi <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-112 http://d-nb.info/gnd/118650130 http://viaf.org/viaf/7524651">Aristoteles</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-892 http://d-nb.info/gnd/118594893 http://viaf.org/viaf/79033288">Plato</persName></hi> und andere mehr/ jeder mit einem Buch gebildet/ und von einem Hauffen Lehrlinge umgeben/ <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-894 http://d-nb.info/gnd/118525867 http://viaf.org/viaf/90655192">Diogenes</persName></hi> ligt/ mit seiner hölzernen Trinkschüssel/ auf der Stiege/ dessen Bildnis mehr wegen darinn angewandten Fleißes/ als wegen des fantastischen <hi rendition="#aq">originals</hi> zu beobachten. Auf einer Seiten machen etliche <hi rendition="#aq">Astrologi</hi> mit sehr seltsammer Handthierung des Zirkels allerhand <hi rendition="#aq">charactern</hi> auf Tafeln/ dieselbe/ durch schöne Engel/ den vier Evangelisten auszulegen sendende: Unter diesen ist ein sehr schöner Jüngling/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1381 http://d-nb.info/gnd/119228130 http://viaf.org/viaf/59186552">Herzogs Fridrichs von <hi rendition="#aq">Mantua</hi></persName> <hi rendition="#aq">Contraf</hi>ät vorstellend/ welcher mit niedergebogenen Haupt und Verwunderung die Arme öfnet: Ferner eine andere sich buckende Person/ mit einem Zirkel in Händen/ damit auf eine Tafel reissend/ welches des <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-351 http://d-nb.info/gnd/11851427X http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500019098 http://viaf.org/viaf/79161779">Bramante</persName> Contraf</hi>ät seyn solle; neben ihm stehet <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1384 http://d-nb.info/gnd/12864155X http://viaf.org/viaf/42894956">Zoroastro</persName></hi> mit der Himmels-Kugel in Händen von hinten zu sehen/ und dabey <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-446 http://d-nb.info/gnd/118597787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500023578 http://viaf.org/viaf/64055977">Raphael</persName></hi> selbst mit einem sehr freundlichen Gesicht: Noch ist in diesem Stuck ein nach der <hi rendition="#aq">Perspectiv</hi>-Kunst zierlich mit vielen Bildern gemahltes Gebäu/ alles mit treflicher <hi rendition="#aq">invention</hi> und gar guter <hi rendition="#aq">Ordonanze</hi> der Historien/ so daß der Künstler alsobald mit dieser Prob erwiese/ daß er es allen übrigen Meistern vorthun würde/ dannenhero der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-352 http://d-nb.info/gnd/118714090 http://viaf.org/viaf/51697938">Papst <hi rendition="#aq"><choice><sic>Julius III.</sic><corr>Julius II.</corr></choice></hi></persName> alles herunter reissen ließ/ was andere in übrigen Zimmern gemahlt/ es mochte alt oder neu seyn/ und dingte es/ von neuem zu machen/ unserm <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-446 http://d-nb.info/gnd/118597787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500023578 http://viaf.org/viaf/64055977">Raphael</persName></hi> an/ welcher selbst allein der <hi rendition="#aq">Compartementen</hi> und <hi rendition="#aq">Grotte</hi>schen des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1408 http://d-nb.info/gnd/118797859 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500015183 http://viaf.org/viaf/76586951"><hi rendition="#aq">Antonio</hi> von <hi rendition="#aq">Vercelli</hi></persName> verschonte/ und selbige in sein Werk fügte. Die vier Ronde gedachten <note place="right">Die Erkantnis aller Sachen.</note> Zimmers bemahlte er solcher Gestalt: In den ersten setzte er als eine Frau/ in einem Sessel/ die Erkantnis oder Urtheilung über alle Dinge/ auf der Seiten die Göttin <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-492 http://d-nb.info/gnd/118640283 http://viaf.org/viaf/10639267">Cybele</persName>,</hi> mit ihren Brüsten/ auf die Manier/ wie bey den Alten die <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1409">Diane Polymaste</persName></hi> gebildet. Ihre Kleidung ist vierfärbig/ die vier Elementen ausbildend/ oberhalb des Gürtels roht/ das Feuer/ unterhalb desselben blau/ die Luft/ über den Knien grün/ die Erde/ an den Füßen liechtblau/ das Wasser bedeutend/ neben herum stehen unterschiedliche schöne Kinder. In den andern <note place="right">Die <hi rendition="#aq">Poësie</hi>.</note> Rond/ machte er für die <hi rendition="#aq">Poësie</hi> die <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1385 http://d-nb.info/gnd/124538533 http://viaf.org/viaf/32932697">Polyhymnia</persName>,</hi> mit Lorbeer-Blättern gekrönet/ und in </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 93]/0121]
würden/ wofern Raphaels Name nicht darunter stünde.
Indem nun Raphael je länger je höher in der Kunst stiege/ und seine Werke des Lehrmeisters seinen vorgezogen wurden/ nahm ihn sein vertrauter Freund Bernardino Pinturicchio mit nach Siena, damit er daselbst ihm ein und andere angedingte Arbeit zeichnen möchte. Inzwischen hörte er/ daß Leonardo da Vinae zu Florenz einen sehr künstlichen Carton, mit vielen Pferden/ und diesen zu trotz einen andern Michael Angelo gemacht hätte/ solche zu sehen/ reiste er dahin/ und da ihm/ neben dieser Arbeit/ die schöne Stadt sehr wol gefiele/ blieb er zimlich lang daselbst/ und bekame einen Anhang von vielen jungen Mahlern/ die ihn und seine Kunst hoch ehrten. Unter andern Kunstliebenden/ nahme sich seiner Taddeo Taddei fleißig an/ und pflegte mit ihme sehr vertrauliche Freundschaft: Solches thate auch Lorenzo Nasi, dem er ein Marienbild/ mit dem Kindlein auf dem Schoß gemahlt/ wie ihme der junge S. Gioann sehr freudig ein Vögelein gibt/ alles so wol colorirt/ daß man am Marien-Bild eine demütigfreundliche Majestät/ an den Kindern eine recht kindische Einfalt/ an allen fast natürliches Fleisch siehet/ über die dabey gebildte Landschaft aber sich wol verwundern kan.
Mahlet zu Florenz ein Marien-Bild. Nachdem ihm Vatter und Mutter gestorben/ kam er nach Urbino, seine Sachen in Richtigkeit zu bringen/ und mahlte für den Herzog zwey kleine Marien-Bilder sehr künstlich/ wie auch den HErrn Christum/ mit den dreyen Aposteln im Garten/ so fleißig und sorgfältig/ daß keine miniatur-Arbeit curioser kan verfärtiget werden: Von dannen zog er wieder nach Perugia, machte daselbst/ unter andern/ etliche Gesichter heiliger Jungfrauen/ mit sehr artlichen Haupt-Zierrahten/ und grosser Holdseligkeit/ worinnen er erwiese/ daß er zu Florenz guter Meistere Sachen gesehen hätte: Noch mahlte er ein Marien-Bild/ und wie das Christkindlein/ das von S. Elisabeth ihm zugeführte Knäblein S. Gioann freundlich empfängt: Joseph lehnet mit beyden Händen auf einem Stab/ und siehet/ neben den andern/ sein Haupt biegend/ mit Verwunderung an/ wie diese zween Vettere/ in so zarter Jugend/ einander mit solchem Verstand und Ehrerbietung begegneten: Alle Pinselstrich scheinen darinn rechtes Fleisch zu seyn/ und verdienet diß Gemähl wol eine sorgfältige Verwahrung:
Ein geistliches Stuck. Nun sahe dieser Künstler/ daß die berühmte Mahlere Leonardo da Vince, und Michaël Angelo der Manier des Masaccio nachahmten/ deßhalben zog er nach Florenz/ gedachten Künstlers Sachen bäßer abzusehen/ nahm auch augenscheinlich zu/ und kam unterdeß in vertrauliche Freundschaft mit dem Kunst-Mahler Baccio , bald kehrte er wieder um nach Perugien, und verfärtigte eine Capell zu S. Francisco , für den Attalanta Baglioni, zu welcher Arbeit er/ für seiner Reise nach Florenz/ die Zeichnung gemacht: Es ware die Begräbnis Christi/ in fresco so wol gebildet/ daß man meinen solte/ es wäre ganz frisch gemahlet/ dabey ist zu sehen die Traurigkeit der
Freunde/ die sie theils mit Weinen/ theils mit Zusammenschlagung der Hände entdecken; die wehklagende Mutter und reine Jungfer Maria singt in Unmacht/ alle sehen untersich/ und ist der große Fleiß/ an die Gesichter/ Gewände und das ganze Stuck gewendet/ nicht gnugsam zu beschreiben.
Die Begräbnis Christi. Hierauf wurde Raphael von seinem Landsmann und Anverwandten Bramante, Papsts Julii II. Baumeister/ nach Rom beruffen/ daselbst unterschiedliche neue Zimmer zu mahlen/ deme zu folg zoge Raphael dahin/ wurde vom Papst freundlich empfangen/ weil er aber merkte/ daß ein Probstück zu machen würde nöhtig seyn/ weil er unterschiedliche Mahler daselbst fande/ die allbereit etliche Zimmer verfärtiget/ fieng er eine schöne Historie an in der Siegel-Cammer/ wie nämlich die Theologia mit der Philosophie, Astrologie und Poësie vereiniget wird; Darinn sind zu sehen die fürnehmste Heidnische Philosophi Aristoteles, Plato und andere mehr/ jeder mit einem Buch gebildet/ und von einem Hauffen Lehrlinge umgeben/ Diogenes ligt/ mit seiner hölzernen Trinkschüssel/ auf der Stiege/ dessen Bildnis mehr wegen darinn angewandten Fleißes/ als wegen des fantastischen originals zu beobachten. Auf einer Seiten machen etliche Astrologi mit sehr seltsammer Handthierung des Zirkels allerhand charactern auf Tafeln/ dieselbe/ durch schöne Engel/ den vier Evangelisten auszulegen sendende: Unter diesen ist ein sehr schöner Jüngling/ Herzogs Fridrichs von Mantua Contrafät vorstellend/ welcher mit niedergebogenen Haupt und Verwunderung die Arme öfnet: Ferner eine andere sich buckende Person/ mit einem Zirkel in Händen/ damit auf eine Tafel reissend/ welches des Bramante Contrafät seyn solle; neben ihm stehet Zoroastro mit der Himmels-Kugel in Händen von hinten zu sehen/ und dabey Raphael selbst mit einem sehr freundlichen Gesicht: Noch ist in diesem Stuck ein nach der Perspectiv-Kunst zierlich mit vielen Bildern gemahltes Gebäu/ alles mit treflicher invention und gar guter Ordonanze der Historien/ so daß der Künstler alsobald mit dieser Prob erwiese/ daß er es allen übrigen Meistern vorthun würde/ dannenhero der Papst Julius II. alles herunter reissen ließ/ was andere in übrigen Zimmern gemahlt/ es mochte alt oder neu seyn/ und dingte es/ von neuem zu machen/ unserm Raphael an/ welcher selbst allein der Compartementen und Grotteschen des Antonio von Vercelli verschonte/ und selbige in sein Werk fügte. Die vier Ronde gedachten Zimmers bemahlte er solcher Gestalt: In den ersten setzte er als eine Frau/ in einem Sessel/ die Erkantnis oder Urtheilung über alle Dinge/ auf der Seiten die Göttin Cybele, mit ihren Brüsten/ auf die Manier/ wie bey den Alten die Diane Polymaste gebildet. Ihre Kleidung ist vierfärbig/ die vier Elementen ausbildend/ oberhalb des Gürtels roht/ das Feuer/ unterhalb desselben blau/ die Luft/ über den Knien grün/ die Erde/ an den Füßen liechtblau/ das Wasser bedeutend/ neben herum stehen unterschiedliche schöne Kinder. In den andern Rond/ machte er für die Poësie die Polyhymnia, mit Lorbeer-Blättern gekrönet/ und in
Seine Werke zu Rom/ die Vereinigung der Theologia und Philosophia.
Die Erkantnis aller Sachen.
Die Poësie.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI.
(2013-05-21T09:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Sandrart.net: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-05-21T09:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-05-21T09:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |