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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.

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Ist ein guter Poet. Er achtete hoch die verständige und gelehrte Personen/ lase auch gerne Italianische Poeten/ und machte selbst viel Sinn-reiche Verse/ Madrigalien undSonneten/denPetrarcham und Dantem hat er schier ganz in ein Compendium gebracht/ er sandte Gedichte und empfienge hinwieder von der Durchleuchtigen Marggräfin von Piscara, weil sie beyde in die Kunst verliebt waren/ so daß sie oftmalen von Viterbo nach Rom ihn zu besuchen kame. Derselben hat er gezeichnet eine Pieta mit zweyen Engeln/ und Christum an dem Creutz mit erhebtem Haupt/ wie auch das Samaritanische Weiblein bey dem Bronnen. Die heilige Schrift durchlase er/ und ware ein guter Christ/ dannenhero mir fast für unglaublich vorkommt/ daß er einsmals/ um ein Crucifix zu mahlen/ einen armen Mann nackend an ein Creuz gebunden/ und damit er die Zuckung der Musculen/ Abbleichung des Leibes/ und den letzten Streit des Lebens und Todes/ recht natürlich abbilden möchte/ selbigen mit seinem Degen in der Seite durchstochen haben solle: Sintemal dieses allzu grausam für einen Christen-Menschen/ und wo es geschehen wäre/ müste damals die Begierde zur Kunst unsers Künstlers Liebe zur Gottseligkeit/ unverantwortlicher Weise/ übertroffen haben. Hatte auch in großem Wehrt die Schriften von Bruder Hieronymo Savonarola, weiln er ihn auf dem Predigt-Stul oftmalen persönlich gehört. Er befliße sich sehr/ die Schönheit der menschlichen Leichnamen zu unterscheiden/ als welches ihm zu seiner Kunst sehr fürderlich war/ und ohne welches man kein Ding vollkommen machen kan/ dabey aber hatte er keinen Sinn nach unkeuscher und unehrlicher Liebe/ welches er mit seinem Lebens-Wandel wol erwiesen.

Ist gespar- und arbeitsam. In seiner Jugend ware er mit wenig Brod und Wein zufrieden/ und behielte auch diese Gewonheit biß in sein Alter/ dann ob er schon reich ware/ lebte er doch weder verschwenderisch noch zu karg/ sondern ehrlich/ und wie sichs gebührt/ diese Mässigkeit aber beförderte seine Wachsamkeit/ dannenhero er vielmals zu Nacht aufstunde/ um mit dem Meißel zu arbeiten/ worzu er einen papiernen Helm gefärtiget/ auf selbige die Kerzen/ die er von Geiß-Schmeer bereiten ließe/ zu stellen. Sehr oft entschlieff er ermüdet in seinem Kleid an der Arbeit/ um des andern Tags keine Zeit mit Anziehen zu Seine Mildigkeit. verlieren; daß er nicht geitzig/ wie ihm etliche fälschlich nachgesaget/ gewesen/ hat er mit seiner grossen Mildigkeit/ in Austheilung seiner Güter und Kunstwerke/ erwiesen. Viel kostbare Zeichnungen gabe er M. Thomas Cavallieri, Messer Bindo, und Bruder Bastian del Piombo, andere an seinen Discipel Antonio Mini die Leda und mehrere/ wie allbereit gemeldet worden/ seine zween Gefangene an S. Strozzi, welche noch zu Equan drey Meil von Paris sind/ an Francisco Bandini die zerbrochne Pieta, welches lauter solche Sachen waren/ die man um etlich tausend Cronen verkauffen mögen. Er unterhielte auch mit seinem eignen Geld viel Arme/ und machte fast alle seine Diener/ und die ihme arbeiten helffen/ reich; Einsmals fragte er seinen Diener Urbino, was wolt ihr thun/ wann ich einst sterben [Spaltenumbruch] werde? Dieser sagte/ ich muß mir alsdann um einen andern Dienst sehen; Michäel Angelo aber sprach! Ich will euren Elend vorkommen/ und verehrte ihme 2000. Gold-Cronen. Einer seiner Basen gab er izt 3000. dann 4000. und endlich 10000. Cronen.

Er hatte eine überaus köstliche Gedächtnis/ wie dann/ als einsmals unter etlichen Mahlern ein Gewett geschehen/ welcher unter ihnen ein Abendmal von den wenigsten Figuren machen könte/ das mit allen nicht übereinstimme/ er sich erinnert auf eins/ das er in seiner Jugend gesehen/ welches er von Strich zu Strich so artlich nachgemacht/ als ob er das Original noch für Augen hätte. In allen seinen Dingen war er manierlich und verständig/ in seinen Reden vorsichtig/ im Antworten vernünftig/ unterweilen spitzfindig beissend/ unterweilen auch süß und mild nachgebend; hiervon etliche Reden anzuführen/ so sagte einsmals einer seiner Seine kluge Reden. Freund zu ihm: Ob es ihm nicht leid wäre/ daß er sterben müsse/ weil er sein Lebenlang so viel gearbeitet/ und grosses Ungemach erlitten hätte/ um zu solcher hohen Kunst zu gelangen ? Diesem antwortete er: Er frage nichts darnach/ dann deme beliebig seye gewesen zu leben/ deme müß es auch nicht mißfallen zu sterben/ weil es das Werk eines Meisters wäre. Ein Mahler fragte ihn von einerPieta, die er mit grosser Mühe gemahlet/ deme antwortete er: Es seye wol eine Pieta, das ist/ ein barmherziges Werk. Als er gehört/ daß Sebastian del Piombo in eine Capelle von S. Pietro Montorio zu machen hatte einen Mönch/ sagte er zu ihme: Daß er das Werk verderben solle/ und als er um die Ursach befraget worden/ gabe er solche: weil die Mönche die gantze Welt verderben/ die doch so groß ist/ so werden sie ja auch eine Capelle verderben können/ die so klein ist. Ihme wurde erzehlt von einem/ der sehr wol die Antiche contrafätete und ihrer Manier nachfolgte/ von diesem sagte er: Der jenige/ so allezeit nur einem andern nachfolgt/ und niemalen vorkomt/ oder etwas von sich selbst macht/ wird sich übel mit anderer Leut Arbeit behelffen.

Als ein Mahler in einem Werk einen Ochsen Noch mehr andere. überaus wol gemacht/ fragte Michael Angelo, wie er doch diesen Ochsen über alle andere Dinge so lebend getroffen? Und da es niemand wuste/ antwortete er an seine statt: Weil alle Mahlere sich selbsten zum bästen treffen können. Er gienge einsmals ein Werk von runden Bildern zu besehen/ welches man an seinen Platz stellen solte/ und als der Bildhauer sich sehr bemühte/ dasselbe in das Fenster zu stellen/ daß es gut Liecht haben möchte/ sagte Michael Angelo: Macht euch keine Mühe/ dann das beste Liecht ist auf dem Mark/ meinende/ daß die Dinge/ welche offentlich auf dem Mark stehen/ für gut und bös von dem Volk geurtheilt würden. Er sahe ein Gemähl/ welches ganz aus andern genommen war/ und wurde befragt/ was er darvon hielte/ da gab er zur Antwort: Es ist gut; doch weiß ich/ wann jeder Leichnam sein Glied wieder solte abfordern und zu sich nehmen/ welches hieher kommen/ daß diese Historie übel bestehen/ und hier nichts überbleiben würde; darum ist es viel löblicher/ daß man sich gewöhne/ etwas von sich selbst

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Ist ein guter Poët. Er achtete hoch die verständige und gelehrte Personen/ lase auch gerne Italianische Poeten/ und machte selbst viel Sinn-reiche Verse/ Madrigalien undSonneten/denPetrarcham und Dantem hat er schier ganz in ein Compendium gebracht/ er sandte Gedichte und empfienge hinwieder von der Durchleuchtigen Marggräfin von Piscara, weil sie beyde in die Kunst verliebt waren/ so daß sie oftmalen von Viterbo nach Rom ihn zu besuchen kame. Derselben hat er gezeichnet eine Pieta mit zweyen Engeln/ und Christum an dem Creutz mit erhebtem Haupt/ wie auch das Samaritanische Weiblein bey dem Bronnen. Die heilige Schrift durchlase er/ und ware ein guter Christ/ dannenhero mir fast für unglaublich vorkommt/ daß er einsmals/ um ein Crucifix zu mahlen/ einen armen Mann nackend an ein Creuz gebunden/ und damit er die Zuckung der Musculen/ Abbleichung des Leibes/ und den letzten Streit des Lebens und Todes/ recht natürlich abbilden möchte/ selbigen mit seinem Degen in der Seite durchstochen haben solle: Sintemal dieses allzu grausam für einen Christen-Menschen/ und wo es geschehen wäre/ müste damals die Begierde zur Kunst unsers Künstlers Liebe zur Gottseligkeit/ unverantwortlicher Weise/ übertroffen haben. Hatte auch in großem Wehrt die Schriften von Bruder Hieronymo Savonarola, weiln er ihn auf dem Predigt-Stul oftmalen persönlich gehört. Er befliße sich sehr/ die Schönheit der menschlichen Leichnamen zu unterscheiden/ als welches ihm zu seiner Kunst sehr fürderlich war/ und ohne welches man kein Ding vollkommen machen kan/ dabey aber hatte er keinen Sinn nach unkeuscher und unehrlicher Liebe/ welches er mit seinem Lebens-Wandel wol erwiesen.

Ist gespar- und arbeitsam. In seiner Jugend ware er mit wenig Brod und Wein zufrieden/ und behielte auch diese Gewonheit biß in sein Alter/ dann ob er schon reich ware/ lebte er doch weder verschwenderisch noch zu karg/ sondern ehrlich/ und wie sichs gebührt/ diese Mässigkeit aber beförderte seine Wachsamkeit/ dannenhero er vielmals zu Nacht aufstunde/ um mit dem Meißel zu arbeiten/ worzu er einen papiernen Helm gefärtiget/ auf selbige die Kerzen/ die er von Geiß-Schmeer bereiten ließe/ zu stellen. Sehr oft entschlieff er ermüdet in seinem Kleid an der Arbeit/ um des andern Tags keine Zeit mit Anziehen zu Seine Mildigkeit. verlieren; daß er nicht geitzig/ wie ihm etliche fälschlich nachgesaget/ gewesen/ hat er mit seiner grossen Mildigkeit/ in Austheilung seiner Güter und Kunstwerke/ erwiesen. Viel kostbare Zeichnungen gabe er M. Thomas Cavallieri, Messer Bindo, und Bruder Bastian del Piombo, andere an seinen Discipel Antonio Mini die Leda und mehrere/ wie allbereit gemeldet worden/ seine zween Gefangene an S. Strozzi, welche noch zu Equan drey Meil von Paris sind/ an Francisco Bandini die zerbrochne Pieta, welches lauter solche Sachen waren/ die man um etlich tausend Cronen verkauffen mögen. Er unterhielte auch mit seinem eignen Geld viel Arme/ und machte fast alle seine Diener/ und die ihme arbeiten helffen/ reich; Einsmals fragte er seinen Diener Urbino, was wolt ihr thun/ wann ich einst sterben [Spaltenumbruch] werde? Dieser sagte/ ich muß mir alsdann um einen andern Dienst sehen; Michäel Angelo aber sprach! Ich will euren Elend vorkommen/ und verehrte ihme 2000. Gold-Cronen. Einer seiner Basen gab er izt 3000. dann 4000. und endlich 10000. Cronen.

Er hatte eine überaus köstliche Gedächtnis/ wie dann/ als einsmals unter etlichen Mahlern ein Gewett geschehen/ welcher unter ihnen ein Abendmal von den wenigsten Figuren machen könte/ das mit allen nicht übereinstimme/ er sich erinnert auf eins/ das er in seiner Jugend gesehen/ welches er von Strich zu Strich so artlich nachgemacht/ als ob er das Original noch für Augen hätte. In allen seinen Dingen war er manierlich und verständig/ in seinen Reden vorsichtig/ im Antworten vernünftig/ unterweilen spitzfindig beissend/ unterweilen auch süß und mild nachgebend; hiervon etliche Reden anzuführen/ so sagte einsmals einer seiner Seine kluge Reden. Freund zu ihm: Ob es ihm nicht leid wäre/ daß er sterben müsse/ weil er sein Lebenlang so viel gearbeitet/ und grosses Ungemach erlitten hätte/ um zu solcher hohen Kunst zu gelangen ? Diesem antwortete er: Er frage nichts darnach/ dann deme beliebig seye gewesen zu leben/ deme müß es auch nicht mißfallen zu sterben/ weil es das Werk eines Meisters wäre. Ein Mahler fragte ihn von einerPieta, die er mit grosser Mühe gemahlet/ deme antwortete er: Es seye wol eine Pieta, das ist/ ein barmherziges Werk. Als er gehört/ daß Sebastian del Piombo in eine Capelle von S. Pietro Montorio zu machen hatte einen Mönch/ sagte er zu ihme: Daß er das Werk verderben solle/ und als er um die Ursach befraget worden/ gabe er solche: weil die Mönche die gantze Welt verderben/ die doch so groß ist/ so werden sie ja auch eine Capelle verderben können/ die so klein ist. Ihme wurde erzehlt von einem/ der sehr wol die Antiche contrafätete und ihrer Manier nachfolgte/ von diesem sagte er: Der jenige/ so allezeit nur einem andern nachfolgt/ und niemalen vorkomt/ oder etwas von sich selbst macht/ wird sich übel mit anderer Leut Arbeit behelffen.

Als ein Mahler in einem Werk einen Ochsen Noch mehr andere. überaus wol gemacht/ fragte Michael Angelo, wie er doch diesen Ochsen über alle andere Dinge so lebend getroffen? Und da es niemand wuste/ antwortete er an seine statt: Weil alle Mahlere sich selbsten zum bästen treffen können. Er gienge einsmals ein Werk von runden Bildern zu besehen/ welches man an seinen Platz stellen solte/ und als der Bildhauer sich sehr bemühte/ dasselbe in das Fenster zu stellen/ daß es gut Liecht haben möchte/ sagte Michael Angelo: Macht euch keine Mühe/ dann das beste Liecht ist auf dem Mark/ meinende/ daß die Dinge/ welche offentlich auf dem Mark stehen/ für gut und bös von dem Volk geurtheilt würden. Er sahe ein Gemähl/ welches ganz aus andern genommen war/ und wurde befragt/ was er darvon hielte/ da gab er zur Antwort: Es ist gut; doch weiß ich/ wann jeder Leichnam sein Glied wieder solte abfordern und zu sich nehmen/ welches hieher kommen/ daß diese Historie übel bestehen/ und hier nichts überbleiben würde; darum ist es viel löblicher/ daß man sich gewöhne/ etwas von sich selbst

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          <p><note place="right">Ist gespar- und arbeitsam.</note> In seiner Jugend ware er mit wenig Brod und Wein zufrieden/ und behielte auch diese Gewonheit biß in sein Alter/ dann ob er schon reich ware/ lebte er doch weder verschwenderisch noch zu karg/ sondern ehrlich/ und wie sichs gebührt/ diese Mässigkeit aber beförderte seine Wachsamkeit/ dannenhero er vielmals zu Nacht aufstunde/ um mit dem Meißel zu arbeiten/ worzu er einen papiernen Helm gefärtiget/ auf selbige die Kerzen/ die er von Geiß-Schmeer bereiten ließe/ zu stellen. Sehr oft entschlieff er ermüdet in seinem Kleid an der Arbeit/ um des andern Tags keine Zeit mit Anziehen zu <note place="right">Seine Mildigkeit.</note> verlieren; daß er nicht geitzig/ wie ihm etliche fälschlich nachgesaget/ gewesen/ hat er mit seiner grossen Mildigkeit/ in Austheilung seiner Güter und Kunstwerke/ erwiesen. Viel kostbare Zeichnungen gabe er <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2294 http://d-nb.info/gnd/118519786 http://viaf.org/viaf/47553441">M. Thomas Cavallieri</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2295 http://d-nb.info/gnd/124713491 http://viaf.org/viaf/121582284">Messer Bindo</persName>,</hi> und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1365 http://d-nb.info/gnd/118795937 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500032554 http://viaf.org/viaf/34727713">Bruder <hi rendition="#aq">Bastian del Piombo</hi></persName>, andere an seinen <hi rendition="#aq">Discipel <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2228 http://d-nb.info/gnd/122820371 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500031219">Antonio Mini</persName></hi> die <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-476 http://d-nb.info/gnd/118832611 http://viaf.org/viaf/25399567">Leda</persName></hi> und mehrere/ wie allbereit gemeldet worden/ seine zween Gefangene an <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2297 http://d-nb.info/gnd/129072001 http://viaf.org/viaf/67535573">S. Strozzi</persName>,</hi> welche noch zu <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-902 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7008036">Equan</placeName></hi> drey Meil von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-228 http://www.geonames.org/2988507/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7008038">Paris</placeName> sind/ an <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2426">Francisco Bandini</persName></hi> die zerbrochne <hi rendition="#aq">Pieta,</hi> welches lauter solche Sachen waren/ die man um etlich tausend Cronen verkauffen mögen. Er unterhielte auch mit seinem eignen Geld viel Arme/ und machte fast alle seine Diener/ und die ihme arbeiten helffen/ reich; Einsmals fragte er seinen Diener <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2298 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500094263 http://viaf.org/viaf/96372741">Urbino</persName>,</hi> was wolt ihr thun/ wann ich einst sterben <cb/>
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          <p>Er hatte eine überaus köstliche Gedächtnis/ wie dann/ als einsmals unter etlichen Mahlern ein Gewett geschehen/ welcher unter ihnen ein Abendmal von den wenigsten Figuren machen könte/ das mit allen nicht übereinstimme/ er sich erinnert auf eins/ das er in seiner Jugend gesehen/ welches er von Strich zu Strich so artlich nachgemacht/ als ob er das <hi rendition="#aq">Original</hi> noch für Augen hätte. In allen seinen Dingen war er manierlich und verständig/ in seinen Reden vorsichtig/ im Antworten vernünftig/ unterweilen spitzfindig beissend/ unterweilen auch süß und mild nachgebend; hiervon etliche Reden anzuführen/ so sagte einsmals einer seiner <note place="right">Seine kluge Reden.</note> Freund zu ihm: Ob es ihm nicht leid wäre/ daß er sterben müsse/ weil er sein Lebenlang so viel gearbeitet/ und grosses Ungemach erlitten hätte/ um zu solcher hohen Kunst zu gelangen ? Diesem antwortete er: Er frage nichts darnach/ dann deme beliebig seye gewesen zu leben/ deme müß es auch nicht mißfallen zu sterben/ weil es das Werk eines Meisters wäre. Ein Mahler fragte ihn von einer<hi rendition="#aq">Pieta,</hi> die er mit grosser Mühe gemahlet/ deme antwortete er: Es seye wol eine <hi rendition="#aq">Pieta,</hi> das ist/ ein barmherziges Werk. Als er gehört/ daß <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1365 http://d-nb.info/gnd/118795937 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500032554 http://viaf.org/viaf/34727713">Sebastian del Piombo</persName></hi> in eine Capelle von <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-522">S. Pietro Montorio</placeName></hi> zu machen hatte einen Mönch/ sagte er zu ihme: Daß er das Werk verderben solle/ und als er um die Ursach befraget worden/ gabe er solche: weil die Mönche die gantze Welt verderben/ die doch so groß ist/ so werden sie ja auch eine Capelle verderben können/ die so klein ist. Ihme wurde erzehlt von einem/ der sehr wol die <hi rendition="#aq">Antiche contraf</hi>ätete und ihrer Manier nachfolgte/ von diesem sagte er: Der jenige/ so allezeit nur einem andern nachfolgt/ und niemalen vorkomt/ oder etwas von sich selbst macht/ wird sich übel mit anderer Leut Arbeit behelffen.</p>
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[[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 155]/0187] Er achtete hoch die verständige und gelehrte Personen/ lase auch gerne Italianische Poeten/ und machte selbst viel Sinn-reiche Verse/ Madrigalien undSonneten/denPetrarcham und Dantem hat er schier ganz in ein Compendium gebracht/ er sandte Gedichte und empfienge hinwieder von der Durchleuchtigen Marggräfin von Piscara, weil sie beyde in die Kunst verliebt waren/ so daß sie oftmalen von Viterbo nach Rom ihn zu besuchen kame. Derselben hat er gezeichnet eine Pieta mit zweyen Engeln/ und Christum an dem Creutz mit erhebtem Haupt/ wie auch das Samaritanische Weiblein bey dem Bronnen. Die heilige Schrift durchlase er/ und ware ein guter Christ/ dannenhero mir fast für unglaublich vorkommt/ daß er einsmals/ um ein Crucifix zu mahlen/ einen armen Mann nackend an ein Creuz gebunden/ und damit er die Zuckung der Musculen/ Abbleichung des Leibes/ und den letzten Streit des Lebens und Todes/ recht natürlich abbilden möchte/ selbigen mit seinem Degen in der Seite durchstochen haben solle: Sintemal dieses allzu grausam für einen Christen-Menschen/ und wo es geschehen wäre/ müste damals die Begierde zur Kunst unsers Künstlers Liebe zur Gottseligkeit/ unverantwortlicher Weise/ übertroffen haben. Hatte auch in großem Wehrt die Schriften von Bruder Hieronymo Savonarola, weiln er ihn auf dem Predigt-Stul oftmalen persönlich gehört. Er befliße sich sehr/ die Schönheit der menschlichen Leichnamen zu unterscheiden/ als welches ihm zu seiner Kunst sehr fürderlich war/ und ohne welches man kein Ding vollkommen machen kan/ dabey aber hatte er keinen Sinn nach unkeuscher und unehrlicher Liebe/ welches er mit seinem Lebens-Wandel wol erwiesen. Ist ein guter Poët. In seiner Jugend ware er mit wenig Brod und Wein zufrieden/ und behielte auch diese Gewonheit biß in sein Alter/ dann ob er schon reich ware/ lebte er doch weder verschwenderisch noch zu karg/ sondern ehrlich/ und wie sichs gebührt/ diese Mässigkeit aber beförderte seine Wachsamkeit/ dannenhero er vielmals zu Nacht aufstunde/ um mit dem Meißel zu arbeiten/ worzu er einen papiernen Helm gefärtiget/ auf selbige die Kerzen/ die er von Geiß-Schmeer bereiten ließe/ zu stellen. Sehr oft entschlieff er ermüdet in seinem Kleid an der Arbeit/ um des andern Tags keine Zeit mit Anziehen zu verlieren; daß er nicht geitzig/ wie ihm etliche fälschlich nachgesaget/ gewesen/ hat er mit seiner grossen Mildigkeit/ in Austheilung seiner Güter und Kunstwerke/ erwiesen. Viel kostbare Zeichnungen gabe er M. Thomas Cavallieri, Messer Bindo, und Bruder Bastian del Piombo, andere an seinen Discipel Antonio Mini die Leda und mehrere/ wie allbereit gemeldet worden/ seine zween Gefangene an S. Strozzi, welche noch zu Equan drey Meil von Paris sind/ an Francisco Bandini die zerbrochne Pieta, welches lauter solche Sachen waren/ die man um etlich tausend Cronen verkauffen mögen. Er unterhielte auch mit seinem eignen Geld viel Arme/ und machte fast alle seine Diener/ und die ihme arbeiten helffen/ reich; Einsmals fragte er seinen Diener Urbino, was wolt ihr thun/ wann ich einst sterben werde? Dieser sagte/ ich muß mir alsdann um einen andern Dienst sehen; Michäel Angelo aber sprach! Ich will euren Elend vorkommen/ und verehrte ihme 2000. Gold-Cronen. Einer seiner Basen gab er izt 3000. dann 4000. und endlich 10000. Cronen. Ist gespar- und arbeitsam. Seine Mildigkeit. Er hatte eine überaus köstliche Gedächtnis/ wie dann/ als einsmals unter etlichen Mahlern ein Gewett geschehen/ welcher unter ihnen ein Abendmal von den wenigsten Figuren machen könte/ das mit allen nicht übereinstimme/ er sich erinnert auf eins/ das er in seiner Jugend gesehen/ welches er von Strich zu Strich so artlich nachgemacht/ als ob er das Original noch für Augen hätte. In allen seinen Dingen war er manierlich und verständig/ in seinen Reden vorsichtig/ im Antworten vernünftig/ unterweilen spitzfindig beissend/ unterweilen auch süß und mild nachgebend; hiervon etliche Reden anzuführen/ so sagte einsmals einer seiner Freund zu ihm: Ob es ihm nicht leid wäre/ daß er sterben müsse/ weil er sein Lebenlang so viel gearbeitet/ und grosses Ungemach erlitten hätte/ um zu solcher hohen Kunst zu gelangen ? Diesem antwortete er: Er frage nichts darnach/ dann deme beliebig seye gewesen zu leben/ deme müß es auch nicht mißfallen zu sterben/ weil es das Werk eines Meisters wäre. Ein Mahler fragte ihn von einerPieta, die er mit grosser Mühe gemahlet/ deme antwortete er: Es seye wol eine Pieta, das ist/ ein barmherziges Werk. Als er gehört/ daß Sebastian del Piombo in eine Capelle von S. Pietro Montorio zu machen hatte einen Mönch/ sagte er zu ihme: Daß er das Werk verderben solle/ und als er um die Ursach befraget worden/ gabe er solche: weil die Mönche die gantze Welt verderben/ die doch so groß ist/ so werden sie ja auch eine Capelle verderben können/ die so klein ist. Ihme wurde erzehlt von einem/ der sehr wol die Antiche contrafätete und ihrer Manier nachfolgte/ von diesem sagte er: Der jenige/ so allezeit nur einem andern nachfolgt/ und niemalen vorkomt/ oder etwas von sich selbst macht/ wird sich übel mit anderer Leut Arbeit behelffen. Seine kluge Reden. Als ein Mahler in einem Werk einen Ochsen überaus wol gemacht/ fragte Michael Angelo, wie er doch diesen Ochsen über alle andere Dinge so lebend getroffen? Und da es niemand wuste/ antwortete er an seine statt: Weil alle Mahlere sich selbsten zum bästen treffen können. Er gienge einsmals ein Werk von runden Bildern zu besehen/ welches man an seinen Platz stellen solte/ und als der Bildhauer sich sehr bemühte/ dasselbe in das Fenster zu stellen/ daß es gut Liecht haben möchte/ sagte Michael Angelo: Macht euch keine Mühe/ dann das beste Liecht ist auf dem Mark/ meinende/ daß die Dinge/ welche offentlich auf dem Mark stehen/ für gut und bös von dem Volk geurtheilt würden. Er sahe ein Gemähl/ welches ganz aus andern genommen war/ und wurde befragt/ was er darvon hielte/ da gab er zur Antwort: Es ist gut; doch weiß ich/ wann jeder Leichnam sein Glied wieder solte abfordern und zu sich nehmen/ welches hieher kommen/ daß diese Historie übel bestehen/ und hier nichts überbleiben würde; darum ist es viel löblicher/ daß man sich gewöhne/ etwas von sich selbst Noch mehr andere.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 155]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/187>, abgerufen am 21.11.2024.